Bei einem meiner Workshops über Kommunikation („Wie sage ich es?“) hatten einige Frauen ein ähnliches Problem. Ihre Männer hörten nicht zu.

„Was heißt das genau?“, fragte ich sie. „Lesen die Männer Zeitung nebenher. Stehen sie auf und gehen. Halten sie sich die Ohren zu?“

Es wurde geschmunzelt und kurz danach kam die eigentliche Erkenntnis: Sie glaubten, er höre nicht zu, weil er nicht machte, was sie sagten.

„Was macht ihr denn außer reden?“ fragte ich zurück.

Nachdenkliche Blicke.

„Ich versuche es dann halt ein paar Tage später nochmal.“ – „Ich sag einfach gar nichts mehr.“ – „Ich meckere noch ein bisschen vor mich hin und dann höre ich auf.“ – „Ich schnauze ihn an.“

Ich wiederhole meine Frage: „Was macht ihr denn außer Reden?“

Pause.

 

Reden ohne Taten sind meistens nur blabla. Das haben wir alle schon festgestellt. Doch warum passiert nichts? Wir wollen unseren Gesprächen keine Taten folgen lassen, denn das wäre ja unangenehm. Unangenehm für den Anderen und ja, auch unangenehm für uns. Wir müssen uns nämlich verändern.

Wenn wir reden und es passiert nichts, ist es völlig sinnlos weiter zu reden. Es wird nichts weiter passieren. Ich dachte früher immer, ich hätte es nur nicht „gut genug“ erklärt. Und versuchte es anders herum noch mal. Bis ich feststellte, der Andere ändert nichts, weil er nichts ändern WILL.

Der Mann hat eine Affäre und will weder sie noch seine Familie aufgeben, das Paar hat zwei kleine Kinder, beide gehen tagsüber ins Büro und seine Frau kocht abends weiterhin für ihn mit.

Warum?

 

Eine andere Ehe: Die Beziehung hat alles an Wärme und Nähe verloren. Gemeinsamkeiten gibt es bis auf die Mahlzeiten keine mehr. Er verweigert jede Kommunikation und sie bleibt noch im gemeinsamen Schlafzimmer.

Warum?

 

Wieder anders: Er hat sie schon seit Jahren nicht mehr angefasst. Sie befürchtet, dass er eine Zweitfamilie hat. Zu oft ist er unterwegs und zu selten erreichbar. Sie betäubt ihren Schmerz mit Alkohol. Er wirft ihr das vor. Sie weiß, dass sie Hilfe brauchen, doch er will keine „schmutzige Wäsche vor anderen Leuten waschen.“ Einmal im Jahr fahren sie obligatorisch mit seinen Eltern in die Berge und spielen heile Familie.

Warum?

 

Dieses „Warum“ ist einfach zu beantworten. Jeder von uns hat Gründe, warum er in einer Situation bleibt, die eigentlich keine Freude bringt: Die Finanzen. Die Einsamkeit. Das gemeinsame Haus. Die Kinder. Die Angst vor Veränderungen. Manchmal auch die Angst vor Gewalt.

Nur wird sich nichts in der Beziehung ändern, wenn diejenige, die es verändern will, weiterhin alles mitmacht. Es muss unangenehm für den anderen werden, damit er die Notwendigkeit der Änderung sieht. Wenn ich den Kuchen behalten UND ihn essen kann, warum entscheiden? Da besteht schlichtweg keine Notwendigkeit.

Also raus aus dem Schlafzimmer. „Aber das wäre ihm gar nicht recht.“

Ja, dann natürlich nicht! ;-)

Klar ist es ihm nicht recht. Er will ja, dass alles so bleibt wie es ist. Je bequemer wir es machen, desto weniger bewegt sich. Ich fragte ein paar Männer nach ihrer Meinung zu den Partnern/Partnerinnen, die trotzdem alles mitmachen. Einer meinte trocken: „Schön blöd.“ Einer lachte und fragte ungläubig: „Wirklich? Die machen das wirklich alles mit?“ Natürlich habe ich entwickelte Männer gefragt. Männer, die bereit sind, für ihre Beziehung und ihr Wohlbefinden einiges zu tun.

In meiner persönlichen Entwicklung kenne ich das alles. So tun als ob. Nur nicht zu anstrengend werden. Nett sein. Durchhalten. Durchhalten. Durchhalten. Ich wusste nicht, wie das geht sich in Beziehungen durchzusetzen. Ich dachte, als „gute“ Frau/Freundin macht man bestimmte Dinge eben und hält eben manches aus. Ich hatte keine Vorbilder, die sich anders verhielten. Ich dachte, das sei „normal“. Als ich mich entwickelte, entwickelten sich natürlich auch mein Verhalten und meine Beziehungen. So etwas würde mir jetzt nicht mehr passieren. Denn ich habe erlebt, dass es anders geht. Eben besser und ehrlicher anders geht.

Vorbei mit dem Essen machen, dem gemeinsamen Urlaub, dem Besuch bei der Familie. Vorbei mit „so tun als ob“. Vorbei mit der schauspielerischen Leistung: „Bei uns ist alles gut.“

Zurück zur Wahrhaftigkeit. Zur Ehrlichkeit. Zum: „Ab heute werde ich nicht mehr so weiterleben wie bisher.“

Übrigens geht es mir nicht darum, dass die Frau „die Gute“ (aka das Opfer) ist und der Mann, der Böse. Das gibt es genauso gut anders herum. Die Frau, die trinkt oder Affären hat und der geduldige Mann, der das immer wieder erträgt, in der Hoffnung, es wird besser. Es wird nicht besser. Wozu auch? Solange es bequem ist, solange muss man nichts verändern.

Es gibt zwei Möglichkeiten in Beziehungen: Entweder man entwickelt sich, nähert sich wieder an, heilt und geht gemeinsam weiter. Oder man erkennt, dass man so nicht weiterleben will und es oft gesünder für beide ist, wenn man sich trennt.

Vor vielen Jahren ging ich in Therapie, denn ich hatte eine Familiensituation, mit der ich nicht weiterkam. Der Therapeut erklärte es mir in einfachen Worten: „Immer wenn XY ein Problem hat, dann legen sie ihre Hand dazwischen, damit XY sich nicht weh tut. Das hat zwei Nachteile: Sie tun sich ihre Hand weh und XY lernt nichts dazu, denn sie halten sie von den Ergebnissen ihres Benehmens ab.“

Das war eine Erleuchtung für mich. Ja, das tat ich. Ich hielt mich für nett, hilfsbereit. Ich war die „Gute“. Und dann musste ich lernen, dass ich gar nicht so gut war. Im Gegenteil. Ich war eigentlich feige. Ich traute mich nicht wirkliche Konsequenzen zu ziehen und VERtraute nicht, dass XY schon ihre Lehren daraus ziehen wird. Da ich die Angewohnheit habe Erkenntnisse auch umzusetzen, nahm ich ab dann meine Hand weg und XY tat sich richtig weh. Kurz danach hat sie ihr Verhalten verändert. Wir verlassen die Opferrolle und beginnen in die Schöpfungskraft zu kommen.

Vor kurzem schickte mir jemand ein Video in der zwei Männer gemeinsam beim Essen saßen.  Nach dem Essen stand der Hausherr auf und sagte: „Ich spül das mal schnell ab.“ Sein Freund nickte bewunderned. „Wie toll, dass Du Deiner Frau hilfst.“ Der Mann lachte. „Ich helfe meiner Frau nicht. Ich wohne hier.“ Manchmal haben wir alte hierarchische Rollen im Kopf, die in unsere jetzige Entwicklung nicht mehr passen.

Unsere Seele zeigt uns durch unseren Körper, dass uns etwas nicht gut tut. Gerade wenn wir „so tun als ob“. Wenn wir Geheimnisse haben, dann fehlt es uns an Selbstliebe. Wir können uns dann nicht so akzeptieren, wie wir wirklich sind, was wir wirklich fühlen und was wir wirklich erleben. Wir zeigen nach außen ein gekünsteltes Bild: Oft eine schauspielerische Meisterleistung.

Wenn sich nichts ändert, dann bringt uns das was wir tun bzw. nicht tun nicht weiter. Es ist nutzlos. Wir machen also weiter wie bisher und hoffen auf ein anderes Ergebnis. Wir haben die Nase voll von Kartoffelsuppe und wünschen uns Erbsensuppe – und schälen doch immer wieder Kartoffeln. Bei der Suppe ist es uns klar, in unserem Leben manchmal nicht.

 

Taten. Nur unsere Taten zeigen, dass wir etwas verändern wollen.

Ohne unsere Taten ist unser Reden leider nur … bla bla.

 

 

Es ist Sommer. Ich liege im Garten. Es vergehen keine zehn Minuten und da kommt es schon wieder: Das Gemecker in meinem Hirn, warum ich hier rumliege, wo ich doch ein Büro habe, es Dinge zu tun gibt und ich war doch erst zwei Tage beim Singen und ich doch die Akademie, die Wäsche und die Emails vorzubereiten habe.

Ich lache laut auf. „Du schon wieder.“ Früher hatte die Stimme mal einen Namen, doch an den kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Aber die Stimme, an die erinnere ich mich.

Sie hat mir früher vieles verdorben. Ich habe schöne Zeiten nicht genießen können, sondern plante zum Beispiel bei der Ankunft immer schon meine Abfahrt. Etwas genießen können, diese Begabung wurde in unserer Familie nicht gefördert. Es ging zu oft ums finanzielle Überleben. Meine Mutter war eine fleißige Frau und wenn mein Vater „faul“ war, war er dazu betrunken. Auch nicht wirklich ein gesundes Vorbild. Faul war … gefährlich. Erst später – durch eine Liebesbeziehung mit einem Mann der genießen konnte – fiel mir auf wie wenig ich mir erlaube zu genießen.

Mein Hirn war immer schon sehr aktiv. Das scheint nicht bei allen der Fall zu sein. Und ich meine das nicht ironisch. Offensichtlich hat das auch nichts mit Intelligenz zu tun.

Vor kurzem sprach ich mit einer Freundin über das Gehirn. Wir beide machten zusammen eine Rhythmustrainer-Ausbildung und übten für unsere Abschluss-Prüfung, die mit einem Konzert endete. Bei der Generalprobe kam ich in einen Rhythmus nicht hinein und machte Fehler. Sie auch. In der Pause erzählte ich ihr, was da in meinem Gehirn abgeht. Sie schaute mich überrascht an und meinte, alles was sie dachte war: „Ah geh, wie deppert.“

Und das war es dann auch.

In meinem hingegen begann ein ganzer Roman:

„Ich habe einen Fehler gemacht. Wieso komme ich da nicht in den Rhythmus rein? Ich konnte ihn doch die ganze Zeit. Ich habe doch so lange geübt. Hoffentlich bringe ich die anderen jetzt nicht raus. Okay Sabrina, konzentriere dich. Ob das mein Lehrer gemerkt hat? Wie hört sich das bloß jetzt für ihn und die anderen Studenten an? Wieso komme ich da nicht wieder rein? (Innerliches Lachen, weil ich meinen Gedankengängen zuhöre und dann beginnt ein Dialog:). Sabrina, alles entspannt, dann hat du eben einen Fehler gemacht, davon geht die Welt nicht unter. Also, schau mal ob du wieder reinkommst. Lass Dir Zeit. Langsam. Na also, geht doch.“

Wie ich all diese Gedanken in zwei Sekunden unterbringe, ist mir schleierhaft. Ich habe vor fünfzehn Jahren mal einen Abtitute-Test in den USA gemacht – dabei werden Begabungen festgestellt und meine Fähigkeit Assoziationen herzustellen, war außergewöhnlich. Tja, das hat Vorteile und Nachteile. Offensichtlich stellt mein Gehirn auch Assoziationen an, wenn das nicht notwendig ist und ein „Ah geh, wie deppert“ auch gereicht hätte.

Ich war völlig überrascht, dass sich nicht jeder so viele Gedanken macht. Man kennt ja in der Regel nur sein eigenes Gehirn. Ja, ich habe ein aktives Gehirn, das sich nicht gerne langweilt. Auch das hat Vor- und Nachteile. Jeder von uns hat bestimmte Begabungen und Herausforderungen und die gilt es zu erkennen. Ich lerne gerne und es ist für mich dringend notwendig – und zwar für mein Wohlbefinden notwendig – dass ich dem auch folge. Die Zeiten, in denen ich langsames „Im-Jetzt-Sein“ probiert habe, die haben mir keine Freude gebracht. Im Gegenteil – statt erleuchtet wurde ich deprimiert.

Mein Hirn braucht Stimuli.

Früher – ohne Meditation und Körpergefühl – war das extrem anstrengend, denn ich hatte damals keine Möglichkeit mich und mein Hirn zu entspannen. Es war immer auf 180. Ich fühlte mich „flirrig“, gehetzt, angestrengt, unzufrieden. Durch die Meditation gelang es mir, meinem Gehirn und meinem Körper die notwendige Ruhe zu vermitteln. Auch durch mein verbessertes Körpergefühl – welches ich mir mühsam antrainieren musste, denn ich hatte so gut wie keines – war ich Schritt für Schritt in der Lage zu merken, wenn es Zeit wird mich (und mein Hirn) zu entspannen.

Vielleicht haben Sie auch ein Gehirn das Anregung braucht? Vielleicht sind auch Sie schnell gelangweilt? Das ist nicht zwangsläufig etwas Schlechtes, wie es nicht zwangsläufig etwas Gutes ist.

 

Es ist wie es ist.

 

Wenn es unser Leben bereichert: Wunderbar. Wenn es anstrengend wird, dann braucht es Methoden zur Entspannung. So ein Mensch mag sich durch große Konzentration zu einem langsamen Leben zwingen können (das habe ich auch probiert) – aber Freude wird dadurch eben nicht zwangsläufig ins Leben gebracht. Man glaubt, man wird glücklich, wenn man langsamer wird (schließlich wird uns das immer wieder gesagt) und bestimmt können wir alle mehr Langsamkeit vertragen (!) – aber wieviel Langsamkeit ist eben je nach Person bzw. Gehirn unterschiedlich. Für den einen mag ein Leben in einer Hütte der Himmel auf Erden sein, für den anderen ist es eine Strafe. Und das mag mit der Zeit nicht besser werden, man hat sich eben damit abgefunden. Das Ergebnis ist, was zählt: Bringt es mir innere Freude oder eben nicht?

Ich habe gelernt, wenn ich meinem Gehirn gebe, was es zum Wohlfühlen braucht – in der richtigen Balance wohlgemerkt – dann fühle ich mich rundum wohl. Spannung und Entspannung. Geschäftigkeit und Stille. Bewegung und Ruhe. Wie vieles braucht es die für uns passende Mischung.

Manche hingegegen haben ihr Körpergefühl verloren. Sie erspüren sich nicht einmal mehr als gestresst und/oder angestrengt, denn der Zustand ist zum Normalzustand geworden. Da zeigt nur noch der Körper durch Magenschmerzen/Rückenschmerzen etc. das etwas nicht im Gleichgewicht ist. Wir haben ein dubioses Gefühl, dass mit uns etwas nicht stimmt. Wenn wir unsere Freunde oder unsere Familie fragen: „Welchen Eindruck mache ich auf Dich?“ können wir vielleicht mehr über uns selbst erfahren.

Die Erfahrungen, die uns geprägt haben – und die daraus resultierenden Gewohnheiten – verschwinden nicht von heute auf morgen. Die Stimme, die ich da in meinem Kopf hörte als ich in der Sonne lag, ist immer noch da. Sie kommt seltener und leiser. Und doch beeinflusst sie mein Leben nicht mehr. Ich stehe nicht wie früher sofort hektisch auf und stürze ins Büro. Ich weiß, wie wichtig es ist, dass ich Zeit in der Natur verbringe und so erkläre ich das dieser Stimme in mir.

Das scheint sie zu beruhigen.

Irgendwann einmal werden die Wunden in unserer Kindheit Narben. Narben, die uns gelegentlich daran erinnern, dass wir da mal eine schmerzliche Wunde hatten.

Sie beeinflussen unser Leben nicht mehr.

Jetzt sind sie sichtbares Zeichen einer Heilung.

 

 

 

 

 

Ihr Lieben,

unser Körper. Wirklich ein faszinierendes Instrument. Ich habe schon seit letztem Sommer eine Stelle an der Fußunterseite – eher am Rand kurz vor meiner rechten Ferse – welche sich eigenartig anfühlt. Ich bin da wohl mal irgendwo reingestiegen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann bemerkte ich da vor einem Jahr mal was und schaute nach, ob ich mir etwas eingetreten hatte. Natürlich bin ich vorsichtig, wenn ich an meinen Fußsohlen etwas spüre und „raushole“. Das passiert zwei, drei Mal im Jahr. Mal eine kleine Glasscherbe. Mal ein Holzsplitter oder eine kleine Dorne. Nie etwas Anstrengendes oder Mühsames. Kleinkram eben – wie es ja auch gelegentlich bei den Händen passiert. Und natürlich bin ich immer sehr sorgfältig und desinfiziere die kleine Wunde anschließend und klebe sie mit einem Pflaster ab.

Diese Stelle hat sich zu nichts Großem entwickelt, aber sie ist da. Sie hat den Durchmesser eines Stecknadelkopfes. Leicht gerötet. Nicht heißer als der Rest. Aber sie fühlt sich anders an. Da ich nicht wirklich beim Gehen draufsteige, beobachte ich sie, aber es schien bisher kein großer Aktionsbedarf zu bestehen. Dieser Bereich wurde in letzter Zeit etwas härter, und so nahm ich an, dass da noch irgendwas Kleines drin steckt und es mein wunderbarer Körper mit dem Nachwachsen der Haut wieder ausstoßen wird. Letzte Woche bemerkte ich, dass ich mein Gewicht verlagere und eine Schonhaltung für diesen rechten Fuß einnehme, was ja barfuß sehr viel leichter festzustellen ist, als mit Schuhen. Immer noch ging ich davon aus, dass „es“ jetzt wahrscheinlich durch die Haut ausgestoßen wird. Aber meine Intuition meinte, ich sollte da noch jemand anderen draufschauen lassen. Daraufhin ging ich zu meiner Nachbarin – einer Fußpflegerin. Ich habe zwar Lupen, aber sie hat eindeutig bessere und mehr Erfahrung auf dem Gebiet. Sie feilte das bisschen Hornhaut weg, dass sich da schon gebildet hatte. Ob was drin ist, konnte sie nicht sehen. Nur einen kleinen schwarzen Punkt. Sie schlug mir die Benutzung einer Zugsalbe vor.

Ich schätze Zugsalben und benutzte sie für eine Woche. Die Haut wurde wieder weicher und der Auftrittsschmerz hörte auf. Ich machte trotzdem einen Termin bei meinem Hautarzt um sicher zu gehen, dass ich da nichts übersehe, denn meine Nachbarin war auch nicht sicher, ob es nicht doch eine Warze ist. Eine Warze??? Das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ich hatte noch nie eine.

Mein Hautarzt war zwar nicht da, aber auch sein Kollege wusste um mein Barfußgehen und neugierig wie ich war, wollte ich mir die Stelle bei der Untersuchung genauer ansehen und konnte auch durch die Vergrößerung am Bildschirm kleine, schwarze Punkte erkennen. „Ja, das ist eine Warze und die ist ziemlich tief drin.“ Warze – das Wort alleine ist wirklich sehr unsexy. Warzen hatten Hexen im Märchen. Ich merkte, ich muss mein Verhältnis zu Warzen entwickeln. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, wurde etwas weggeschnitten, dann vereist und die nicht wirklich schmerzfreie Ameisensäure – auch eine interessante Erfahrung -draufgetupft. Und dann kam es: Die Ameisensäure-Behandlung muss zwei Mal in der Woche für sechs Wochen erfolgen und dabei darf man sie nicht abdecken (kein Pflaster etc.). Ich schaute meine Arzt etwas verzweifelt an: „Schuhe?“

Er nickte bedauernd: „Schuhe.“

Ich seufzte. Schuhe im Frühling. Also gut. Wie Fußwarzen entstehen, wollte ich wissen. Und er meinte, dass kann natürlich immer mal passieren und das Imunsystem sorgt normalerweise dafür, dass sie sich nicht einnisten. Ich habe ein fantastisches Imunsystem und war überrascht – aber da ich mich nicht mit der Realität anlege, ist es nun mal so. So zog ich meine Xero-Schuhe (dünne Sohle und ein paar Bänder) auf den Gehwegen und Straßen wieder an. Mit offenen Wunden am Fuß rum zu marschieren ist dann doch keine gute Idee.

Danach ging ich zu einem Mittagessen mit einem Freund, der einen Blick auf meine Füße warf, meine Xero-Schuhe entdeckte und meinte: „Du schummelst ja!“

Das hat man davon, wenn man fast immer barfuß geht. Das wird dann für das Umfeld zur allgemeinen Verpflichtung. Muss ich jetzt ein Schild tragen, dass ich das nur für sechs Wochen machen muss?

Meine Freundin Rita Fasel – ihres Zeichen Expertin in Augen- Hand- und Fußlesen – sagt mir dazu, dass die Stelle, auf der sich die Warze zeigt, genau die Schnittstelle von Körper und Verstand ist – und eine von diesen beiden Energien mich puscht. Und das Warzen auch gerne etwas mit unterdrücktem Ärger zu tun haben.

Unterdrückter Ärger. Das Problem daran ist ja wohl die Unterdrückung – und die festzustellen ist nicht ganz einfach. Schließlich heißt es ja „unterdrückt“. Habe ich unterdrückten Ärger? Ich überlege. Spüre mich ein.

Nicht das ich wüsste. Ja, wir sind gerade auf der Suche nach einem neuen Zuhause wegen Eigenbedarfs und natürlich bin ich nicht begeistert davon, dass wir ausziehen müssen, aber ärgerlich darüber? Eher nicht. Ich sehe das als Chance und bin gespannt wohin mich meine Seele zieht. Gibt es einen anderen Bereich bei dem ich ärgerlich bin?

Ich komme nicht drauf.

Grundsätzlich finde ich alles spannend, was man über sich selbst herausfindet. Und ich wehre das auch nicht ab. Im Gegenteil. Ich bin wie ein Detektiv auf der Suche … doch manchmal finde ich nichts. Manchmal findet sich das auch erst später. Manchmal gar nicht.

Da ich aber alles, was mein Körper mir zeigt, als Information wahrnehme, möchte ich gerne wissen, warum er diese Warze hat. Ich beschließe meine chinesische Ärztin zu fragen, da ich sowieso gerade meine Frühlingsdosis Akkupunktur bei ihr abhole. Seit dem ich jedes Jahr im Frühjahr für ein paar Wochen zur Akkupunktur gehe, habe ich keine allergischen Reaktionen mehr gegen das Blühen der Esche.

Als ich im Wartezimmer mit zwei anderen Patientinnen wartete, kam sie herein und begrüßte uns. Da wir noch etwas Zeit hatten, erzählte meine chinesische Ärztin von meinem Barfußgehen – obwohl gerade in Minimal-Schuhen – und stellte mich als Autorin von ganzheitlichen Büchern vor. Darauf hin schaute mich eine der beiden Patientinnen überrascht an und meinte: „Und dann sind Sie immer noch hier?“

Ich lachte: „Ja, genau deswegen. Ich kümmere mich um meinen Körper. Und wenn er etwas braucht, dann kriegt er es.“

Die Patientin schüttelte den Kopf: „Ich glaube, das muss ich alleine machen.“ Dabei schaut sie müde und angestrengt. Viele glauben wohl, dass ein ganzheitliches Leben eines ist, bei dem man alles alleine macht und kann – beziehungsweise wo es keine Probleme und Herausforderungen gibt und der Körper mit schwingender Glückseligkeit antwortet. Wir machen eine menschliche Erfahrung und sind diversen Herausforderungen ausgesetzt. Da gibt es die Umwelt, Mitmenschen, Erfahrungen, Verletzungen.

Und es gibt Hilfe, Unterstützung, Experten. Und die kann man befragen. Dabei aber immer im Hinterkopf behalten, dass wir selbst Experten sind. Wir sind die besten Experten in unserem eigenen Leben. Wir wissen mehr über unseren Körper als irgendjemand sonst.

Im Behandlungszimmer zeige ich meiner chinesischen Ärztin die Stelle und sie meinte, dass der Körper manchmal etwas rauslässt und sich Öffnungen schafft. Schade, so dachte ich mir, dass mein Körper sich dazu nicht einfach meine Nase genommen hat. Die ist schon auf…

Ich habe immer noch Fragen und da ich dazu gerne eine Antwort hätte, gehe ich in die Stille und meditiere. Das erste was ich sehe und was mir eine innerliche Freude bringt, ist dass die Warze rauspoppt. Vergleichbar mit dem leichten Drücken von Noppen- bzw. Verpackungsfolien. Blup und weg ist sie. Als ich dann fragte, warum ich das bekam, zeigte sich folgendes: Seit dem ich vor einem Jahr auf das Land gezogen bin, habe ich Herausforderungen mit meinem rechten Fuß. Zuerst der Knöchel nach einem Jogginglauf. Dann die Fußsohle mit der besagten Stelle. Als Satz kam: „Das ist noch nicht unser Platz. Hier werden wir uns nicht niederlassen.“ Was ganz gut passt, denn wir müssen wegen Eigenbedarfs ausziehen und suchen gerade ein neues Zuhause. Sechs Wochen Ameisensäure werden es also nicht. Dazu „flog“ die Warze zu schnell während meiner Meditation aus meiner Sohle heraus.

Drei Tage später wäre wieder – laut Plan – ein Ameisensäuretupfer notwendig. Aber ich zögere. Die Stelle an meinem Fuß ist jetzt dunkel und sieht wie ein Bluterguss aus. Da nochmal was drauf? Das fühlt sich nicht richtig an. Eher will ich die Stelle trösten, als ihr Schmerz zufügen. Ich rufe meinen Hautarzt an, der jetzt wieder da ist, und ich kann vorbeikommen. Er schaut sich das mit der Lupe an und meint: „Das heilt jetzt gerade. Da muss nichts mehr hin.“

„Und Schuhe?“

„Die brauchst du auch nicht mehr.“

 

 

… oder ob ich immer noch barfuß gehe, das werde ich in den letzten zwei 1/2 Jahren immer mal wieder gefragt. Das ist hier ein update mit ein paar Informationen von meinem ersten Blog dazu. Also: Ich gehe schon seit vielen Jahren barfuß – eben das übliche: Zuhause, auf der Wiese, gelegentlich im Wald oder beim Wandern. Ich war aber früher nie barfuß in Restaurants, beim Wandern, im Zug oder bei meinen Vorträgen. Ich habe immer schon in meinen Büchern, auf meiner Website oder auf Facebook angeregt mal die Schuhe auszuziehen. Ich glaube, dass es wichtig ist, wenn wir die Erde, den Boden erspüren und mal alles wegnehmen, was uns von Mutter Erde trennt. Aber die Betonung lag auf „mal“ und nicht auf oft.

Natürlich bin ich auch Frau und mit dem (ich befürchte fast) genetischen Schuhtick ausgestattet. Aber ich habe empfindliche Füße. Blasenpflaster waren immer in meiner Handtasche und wenn ich von den Winterschuhen mit den dicken Socken in die Riemensandalen wechselte, kamen die Blasen. Ich war deswegen auch immer auf der Suche nach den “perfekten” Schuhen. Welche, die nicht schmerzen. Besonders suchte ich den perfekten Schuh für die Reise, denn wenn ich unterwegs war, nahm ich einen halben Schuhladen mit: Ballerinas, High Heels, Turnschuhe, Flipflops, Stiefel. Das war immer sehr mühsam. Dafür alleine lohnt sich das Barfußgehen schon; in meinem Koffer habe ich jetzt mehr Platz.

Erst als ich die Schuhe ganz auszog verstand ich, dass ich die „perfekten Schuhe“ immer schon hatte: Meine Füße!

Mir fiel früher oft auf, dass meine Haltung nicht ganz korrekt war. Ich fiel zu sehr nach vorne, wenn ich stand. Ich hatte auch immer Schwierigkeiten lange zu stehen. Irgendetwas stimmte an meinem Bewegungsablauf nicht.

Dann las ich im Juli 2014 das Buch von Carsten Stark: “Füsse gut, alles gut” – und zog, nachdem ich die letzte Seite gelesen hatte, im Flieger sofort meine Schuhe aus. Ich war fasziniert vom Ballengang und wollte ihn unbedingt ausprobieren. Ich kaufte mir in der Ankunftshalle in der Apotheke feuchte Reinigungstücher, um mir die Füße abzuwischen, wenn ich irgendwo reintrete oder jemanden besuche … und das war es dann. Seitdem gehe ich fast alles barfuß.

Ich habe mir den Ballengang angewöhnt – also vorne mit dem Ballen zuerst auftreten und nicht mit der Ferse. Dadurch ist das Aufprall bei jedem Schritt im Körper sehr viel sanfter. Das hat eine Weile gedauert und war zuerst mit erstaunlichem Muskelkater verbunden. Jetzt fühle ich mich wohl damit.

Ich gehe zu 90% barfuß und ich bin in diesen zwei einhalb Jahren drei Mal in Glasscherben reingetreten. Der Trick ist dabei sofort nachzusehen, wenn einem an den Fußsohlen etwas weh tut. Und dann entfernen, was stört. Im Winter kann ich keinen langen Schneespaziergang machen. Neuer Schnee macht noch Spass – für eine Weile. Alter Schnee ist mir zu kalt. Da brauche ich einfach Schuhe. Und dazu sind sie ja auch da. Man braucht Schuhe, wie man Handschuhe braucht: Es ist zu heiß, zu kalt oder zu gefährlich.

Man merkt beim Barfußgehen auch sofort, wenn man eine Schonhaltung einnimmt. Ich habe mir mal beim Laufen den Knöchel leicht verletzt und spürte sofort, dass mein Bewegungsapparat nicht mehr rund lief. Als ich dann für ein paar Tage Schuhe trug, da ich Schmerzen hatte und einen Puffer brauchte, spürte ich den Unterschied: Barfuß spüre ich, wenn ich eine Schonhaltung einnehme. Mit Schuhen nicht.

Barfuß zu gehen ist ein unfassbares Freiheitsgefühl. Früher bevorzugte ich das Radfahren, heute das Gehen, denn so erspüre ich die unterschiedlichen Böden. Straßen sind übrigens sehr warm. Muss am Teer liegen. Manche Supermärkte eiskalt. Der Münchner Flughafen hat einen fantastischen Boden: Richtig gemütlich für die Füße. Gras, Wiese, der Boden im Nadelwald, Match – das ist natürlich großartig. Regen! Unnachahmlich fantastisch. Und saubere Füße gibt es obendrein noch. Alleine schon sich nicht zu überlegen, welche Schuhe man anzieht, wenn man schnell die Post holt oder Brot vom Bäcker ist herrlich.

Das einzige was mich am Anfang störte, war das Auffallen. Natürlich ist es praktisch wenn ich einen Vortrag halte, wenn man mich wahrnimmt – aber in meinem privaten Leben bin ich lieber Beobachter, statt Beobachtete. Und hier ist die Frage, die sich uns allen immer wieder stellt: Passe ich mich an oder erspüre ich, was ich selbst brauche? Dazu gehören gelegentlich seltsame Blicke von Anderen, aber eben auch interessante Gespräche. Was mich am meisten beeindruckt und rührt, ist die Großzügigkeit, die wir Deutschen uns angewöhnt haben. In meiner Generation durfte man als Kind nicht auf dem Rasen spielen und was die Nachbarn sagten, war das Amen in der Kirche. Jetzt sieht man mich barfuß in Restaurants, im Flugzeug, im Zug, auf der Straße, in Museen und Konzerten und niemand beschwert sich. Ich finde das toll!

Beim Barfußgehen werden unsere Füße wieder wach. Unser Energiefeld das oben gut funktioniert (Augen, Ohren, Nase, Hände) wird auch unten wieder aktiviert. Wir inspirieren unseren Körper wieder überall zu spüren. Der Körper im harmonischen Ganzen und nicht abgetrennt in eine obere und eine untere Hälfte. Wir haben fast verlernt, wie es sich anfühlt, frei an den Füssen zu sein. Stellt Euch vor, wir würden immer zu enge Handschuhe tragen und dann könnten wir sie endlich ausziehen… unsere Hände würden es uns danken und unsere Füße tun das eben auch.

Bei vier, sogar drei Grad fühlen sich meine Füße noch sehr wohl. Eine halbe Stunde barfuß ist noch angenehm. Meine Augen sagten mir am Anfang häufig: „Zieh Dir Schuhe an! Da draußen ist es kalt!“ Aber was wissen die Augen schon von Kälte? Sie sitzen warm verpackt mitten im Kopf. Meine Füße hingegen sagen nach den ersten Schritten nach draußen: „Was willst du denn? Das ist doch herrlich!“ Ich habe keine Erkältung und keine Blasenentzündung gekriegt (auf die meine Mutter am Anfang monatelang wartete. Blasenentzündungen haben etwas mit Bakterien und nichts mit kalten Füssen zu tun. Das war das Märchen dass uns erzählt worden ist, damit wir Schuhe ANziehen.)

Natürlich höre ich auf meine Füße. Wenn sie sich unwohl fühlen und es ihnen zu kalt wird, dann ziehe ich Minimal-Schuhe oder Barfußschuhe an. Ich mag da besonders die Leguanos. Es geht nicht darum, dass wir stur werden – und auch das gilt es auch bei den Leuten die barfuß gehen zu vermeiden. Ich habe nicht umsonst „BodyBlessing – der liebevolle Weg zum eigenen Körper“ geschrieben, um meinen Körper und seine Signale dann zu ignorieren. Also wenn meine Füße sagen, dass es ihnen zu kalt ist oder ich sehe, dass die Situation unpraktisch ist, dann ziehe ich etwas an. Ich war zum Beispiel im letzten Herbst in Südafrika und stellte zu meiner großen Überraschung fest, dass es dort auf manchen Wanderwegen mehr Glasscherben gibt als hier auf dem Oktoberfest. Und dann habe ich mir Schutz geholt. Dazu benutzte ich die Xero-Schuhe, die nur eine dünne bewegliche Sohle mit einer paar Bändern zum festhalten sind.

Es ist auch unpraktisch von heute auf morgen die Schuhe auszuziehen und dann barfuß einen Marathon zu laufen. Da kann man sich enorm verletzen. Unsere Füße sind in Schuhen nichts mehr gewöhnt und das dauert eben ein bißchen, bis sie sich auf die neugewonnene Freiheit eingestellt haben. Gönnen wir ihnen die Zeit der Umgewöhnung.

Gerade Frauen beschweren sich oft über zu kalte Füße. Unsere Füße sind kalt, weil sie der Körper nicht mehr durchblutet. Der denkt sich: „Da unten passiert nichts, die sind eingesperrt in Schuhe, da brauche ich nichts mehr machen.“ Unsere Füße – wenn sie zu oft kalt sind –  sind quasi halb abgestorben. Wenn wir barfuß gehen, werden unsere Füße wieder bewegt und damit durchblutet sie der Körper auch schneller. Ergo: Schnell wieder warme Füße.

Mir ist klar, dass nicht alle von uns ihre Schuhe ausziehen werden oder können. Aber wenn wir unsere Füße öfter bewegen lassen, wenn wir wenigstens ein paar Barfuß-Schuhe mit beweglicher Sohle benutzen, wenn Kinder wieder mehr barfuß gehen dürfen – dann ist schon viel passiert und unser Körper wird es uns danken. Es gibt erstaunlich viele Barfuß-Schuhe, die überhaupt nicht auffallen. Zwar erspürt man den Boden damit nicht – was ich persönlich sehr schade finde – aber der Fuß wird wenigstens bewegt. Manche Barfuß-Schuhe verdienen aber ihren Namen nicht. Die Sohle zu dick, der ganze Schuh zu klobig – da hat wohl jemand nicht ganz aufgepasst …

Wann trage ich Schuhe? Wenn ich mit Leuten unterwegs bin, denen es unangenehm ist, wenn ich barfuß bin. Ich frage da einfach nach. Warum sollte ich unsere gemeinsame Zeit ohne Schuhe für meine Freunde/Familie anstrengender machen?  Wenn ich ab und zu Schuhe trage, dann fällt mir kein Zacken aus der Krone. Eine gewisse Flexibiltät finde ich macht das Leben leichter. Ich trage Schuhe auf Beerdigungen und manchmal Hochzeiten. Bei Gelegenheiten eben, bei denen ich die Aufmerksamkeit von der Hauptperson/dem Hauptzweck ablenken würde. Da ich immer zusammengefaltete Ersatzschuhe in meiner Handtasche habe, ist es ein einfaches mich zu entscheiden.

Gerade in diesem Jahr ist mir aufgefallen, dass die Leute nicht mehr sagen: „Oh Gott, Sie sind ja barfuß!“ – sondern eher: „Ach, Sie sind Barfußgängerin. Davon habe ich schon gehört.“ So ging es auch bei den Vegetariern damals los und jetzt ist das keine große Sache mehr. Das wünsche ich mir für unsere Füße und unser Wohlbefinden auch.

Herzlichst,

Sabrina

 

 

Ein Vierseithof. Wie schön. Für diejenigen, die das nicht kennen: Das ist ein Bauernhof an dem an jeder Seite ein Haus steht und somit ein Viereck mit Innenhof bildet. Kann sehr schön aussehen. Kann aber auch daneben gehen.

Dieser Vierseithof sieht auf den Fotos toll aus. (Das Foto oben habe ich wegen des „Nicht-Wiedererkennungs-Wertes“ ausgesucht ;-). So ein Vierseithof hat immer auch etwas Romantisches und deswegen haben sich mein Liebster Stanko und ich auf dem Weg gemacht, um ihn uns anzuschauen. Wir suchen ein neues Zuhause, denn in unserem jetzigen gibt es Eigenbedarf. Wir steigen ins Auto und fahren … und fahren … und fahren. Ganz schön weit weg von unserem jetzigen Zuhause auf dem Land (1 ½ Stunden) und über zwei Stunden von München weg. Der Hof liegt dafür 20 Minuten in der Nähe von Passau. Passau ist eine schöne Stadt, aber eben nicht meine. Selbst mit dem Zug dauert die Fahrt von hier bis nach München zwei Stunden. Auch zum Flughafen eine richtige Strecke.

Erste Zweifel.

Aber wir wollen offen bleiben. „Offen bleiben“ – für das was sich in meinem Leben zeigt – ist ein wichtiges Kriterium für mich. Ich lehne nicht alles erst Mal ab. Vielleicht ist es ja was? Vielleicht muss ich mich überraschen lassen? Vielleicht, vielleicht, vielleicht…

Der Hof steht auf einem schönen Hügel, die Nachbarn 500 Meter weit weg. Mir eigentlich zu weit. Ich mag Nachbarn. Eines der Häuser – das Haupthaus – ist schön hergerichtet. Die anderen haben zwar eine schöne Fassade, aber dahinter ist der Originalzustand: Schweineställe, Kuhställe. Nichts isoliert. Kies als Böden unten und Holzbretter als Decke. Aber Potential. Unglaubliches Potential. Was – in Immobilien – immer auch mit viel Kosten einhergeht.

Ich spüre in mich rein und mein Körper ist erst mal still. Nimmt auf. Erspürt. Mein Verstand sprudelt über vor Ideen: Ja, hier ist Platz. Platz genug für uns. Platz für zwei Ateliers und Büros, ein Meditationszimmer, diverse Gästezimmer und sogar einige Seminarräume könnten ohne Probleme untergebracht werden.

Ich nehme mir Zeit und erspüre die Erde und frage sie, ob sie uns haben will: „Wir freuen uns, wenn Du kommst“ – höre ich. Okay, hier ist kein Widerstand.

Wir gehen um das Grundstück, betrachten die Obstbäume, die Vögel, den weiten Blick in den Himmel und zum Horizont. Neu fühlt sich die Gegend an. Fremd. Ich weiß, dass das auch vergehen wird. Ich bin in meinem Leben schon oft umgezogen. Ist das die erste Fremdheit oder die Fremdheit, die einen zu schaffen machen wird?

Wir steigen ins Auto und schauen uns den nächsten Ort an. Erinnert mich an die Heimatstadt meiner Mutter in der Oberpfalz. Ist das ein Zeichen?

Wir fahren weiter nach Passau und schauen uns dort um. Schöne Stadt. Die Leute schauen aufmerksam und freundlich. Spannende kleine Läden. Viel Kunst. Drei Flüsse treffen sich da. Jede Menge guter Live-Musik wird angeboten.

Mein Körper zeigt sich schwach und wird immer schwächer. Ich spüre eine Schwere auf mir lasten. Diese Schwere fing schon an, als wir den nächsten Ort unweit des Vierseithofs erkundeten, doch jetzt ist sie offensichtlich. Stanko schaut mich besorgt an. Ich muss mich setzten.

Wir wissen, was uns das sagen will. Auch sein Körper zeigt ihm keine Begeisterung. Doch seiner ist ruhig. Meiner wird schwach. Mein Verstand wehrt sich noch: „Aber der Vierseithof! Das könnte doch was werden!!!“ Doch mein Verstand weiß, dass meine Seele durch den Körper spricht. Mein Verstand weiß, dass er sich da nicht durchsetzen kann und gibt auf. Er weißt aus Erfahrung, wenn meine Seele sagt: „Das ist nichts für uns. Hier werden wir nicht genährt“, dann ist das nicht mehr weiter zu diskutieren. Er wird still.

Es ist jetzt klar, dass wir den Vierseithof nicht nehmen und wir wissen auch gleichzeitig, dass wir hier in dieser Ecke nicht mehr suchen müssen. Mein Körper fühlt sich sofort besser und bekommt seine Stärke zurück. Im Auto – auf dem Rückweg aus Passau – fährt der nette Makler in seinem Auto „zufällig“ neben uns. Ich winke ihm zu. Er weiß noch nicht, das dies ein Abschiedsgruß ist.

Am Abend bedanke ich mich noch mal bei meinem Körper und meditiere wie immer und ich frage in der Stille meines Seins nach: „Was war wichtig an diesem Nachmittag?“ Kaum habe ich die Frage innerlich ausgesprochen, kommen in einem kurzen Satz die Antwort als Gedanke: „Gib nicht auf, was du brauchst.“ Ich lächle. Ich weiß, was ich brauche: Einen weiten Blick und einen offenen Himmel. Vom Wohnzimmer/Küchenbereich direkt in den Garten. Nachbarn hinten. Vorne frei. Nicht mehr als ein, zwei Kilometer zum nächsten Ort, damit ich mit dem Rad fahren kann und nicht dauernd ein Auto nehmen muss. Eine aktive Gemeinde, bei der ich mich anschließen kann. Nicht zu weit weg von München und vom Flughafen – also eine Stunde ca. Und eine Zugverbindung. Die habe ich schon vor ein paar Tagen in der Meditation gesehen. Alte Bäume. Wenig Wind. Gerne ein Bach und viel Platz. Platz zum Sein und Platz zum Erschaffen.

Der Vierseithof war zu isoliert. Der Weg zum nächsten Ort mit 5 Kilometer zu weit. Die Nachbarn nicht in der Nähe. Die Verbindung nach München zu lange. Danke, liebster Körper!

Es bleibt spannend.

 

 

„Zu allem erst mal Ja sagen? Ich bin doch nicht verrückt! Im Gegenteil, ich bin gerade dabei Nein sagen zu lernen und mich abzugrenzen.“ Sie schaute mich an und schüttelte den Kopf: „Ich soll „Ja“ dazu sagen, dass mein Mann mich verlassen hat? Ich soll „Ja“ dazu sagen, dass ich in meinem Job unglücklich bin?“

„Ja.“

„Das müssen Sie mir genauer erklären.“

Ich verstand Ihre Argumente gut. Es wären vor zehn, fünfzehn Jahren auch meine gewesen. „Ja“ zu sagen, das war es, was ich mir damals abgewöhnen wollte. Und doch hatte ich etwas in den Jahren danach verstanden. Ein Ja ist erst einmal ein Ja zu meinem Leben. Ich wehre mich nicht, gegen das was IM MOMENT in meinem Leben passiert. Ich lege mich nicht mit der Realität an. „Das darf doch nicht wahr sein!“ war ein häufig ausgesprochener Satz in meiner Kindheit. Meine (augenzwinkernde) Antwort jetzt darauf ist: „Doch, es ist wahr. Es passiert ja gerade.“

Das heißt nicht, dass ich es „nur so“ hinnehme und nichts dagegen tue. Oft wollen wir die Realität nicht akzeptieren, weil wir befürchten, wir geben mit der Akzeptanz auch eigentlich auf und ändern dann nichts mehr daran.

Das wäre schade und auch nicht nützlich. Doch erst einmal gilt es zu akzeptieren was IST. Und dann schaue ich mir an, ob ich das behalten will …

Alles was mir in meinem Leben passiert, ist zu meinem Vorteil da. Das mag am Anfang nicht so aussehen, aber ich weiß, dass meine Seele nach Wachstum sucht. Und wir lernen nun mal nicht besonders viel, wenn wir mit einem Glas Sekt unter einer Palme sitzen. Das mag schön gemütlich sein und – verstehen Sie mich nicht falsch – wunderbar und großartig, aber lernen tun wir nichts dabei.

Wir lernen von Herausforderungen. Von Dingen, die nicht einfach sind. Manchmal sind sie so schmerzhaft, dass wir sie kaum ertragen können und doch erfahren wir dabei viel über uns selbst: Wie gehe ich mit der Situation um? Wie bin ich früher damit umgegangen? Wie möchte ich gerne mit dieser Situation umgehen? Warum zeigt sich mir das jetzt? Was möchte ich darüber verstehen? Wie ist sie entstanden? Wohin möchte ich mich entwickeln?

Ich habe vor einem Jahr mein Zuhause verloren (siehe älterer Blog). Dann bin ich aufs Land zu meinem Liebsten gezogen und bin jetzt ein Jahr hier. Letzte Woche kamen die Hausbesitzer und erzählten von dem Eigenbedarf für ihre Tochter. Wir wussten schon vorher, dass das irgendwann einmal passieren wird. Wir dachten nur noch nicht, dass es jetzt passiert. Sie mögen uns gerne als Mieter und man konnte sehen, dass sie am liebsten zwei Häuser gehabt hätten: Eines für uns und eines für ihre Tochter.

Also nochmal umziehen. Nochmal ein Zuhause suchen.

In mir gab es ein Ein-Sekunden-Gefühl: Eine Art Trauer kam hoch und dann ging sie wieder. Mehr war da nicht.

Als ich damals die Münchner Wohnung verließ, hatte ich länger damit zu tun. Es dauerte ein paar Tage bis sich mein Gehirn von einem hektischen „Wir-müssen-SOFORT-ein-Zuhause-finden“-Modus löste. Damals brauchte ich einige Meditationen und Yogastunden. Dieses Mal nicht.

Wachstum erkennt man daran, wie man sich früher verhalten hat und wie man sich jetzt verhält – und wie lange es dauert, bis man emotional und körperlich wieder in seinem Wohlfühl-Zustand ist.

Ich kannte früher diesen relativ konstanten Wohlfühl-Zustand nicht. Mein energetisches Feld war wackeliger. Harscher. Unharmonisch. Mal war ich oben, mal war ich unten. Das wechselte enorm schnell. Ein Blick konnte mich verwirren, ein Gedanke in tiefe Täler schicken. Das wechselte mehrmals täglich. Das hat sich sehr verändert. Ich befinde mich fast immer in einem Wohlfühlmodus. Und falls ich da mal rausfalle, komme ich schnell wieder rein. WIE SCHNELL man wieder reinkommt, ist ein Indikator unseres Wachstums. Jeder von uns kann mal aus seiner Schwingung herausfallen – schließlich leben wir – doch wie schnell man wieder zurückkommt (also welche Techniken wir haben um das zu erreichen) zeigt uns unser Wachstum.

„Jetzt verstehe ich, was Sie meinen“, sagte mein Gegenüber zu mir. „Ich denke mal darüber nach. Und es hilft ja nichts, wenn ich mich weigere, die Tatsachen anzuerkennen. Wie heißt das neuerdings? Alternative Fakten.“ Sie lachte. „Tja, dann werde ich doch mal Ja dazu sagen.“

Übrigens, falls Sie von einem großen Haus hören, gerne auch mit Scheune oder Werkstatt daneben. Weiter Blick in den Himmel. Mit ein paar netten Nachbarn. Bayern bevorzugt. Und eine Bahnstation glaube ich hat es auch. Das habe ich in der Meditation gesehen. Melden Sie sich gerne…

 

 

 

 

 

Dieser Blogeintrag ist inspiriert von meiner fast 90jährigen Mutter. Sie erlaubt mir, dies zu teilen. Heute war sie zu Besuch. Da sie häufig die Beine hochlegen muss, sieht sie dabei gerne fern. Ich fragte sie, ob sie das normale Programm oder lieber einen Film ansehen möchte. Sie möchte lieber einen Film sehen. Ich schaute auf Netflix nach. Ich zeigte ihr eine Auswahl und fragte sie immer wieder „Was hältst du davon?“ Ihrem Gesichtsausdruck zu deuten, war noch nichts Richtiges dabei. Dann landeten wir bei einer Serie und sie meinte: „Ja, warum nicht.“ Ich schlug vor mal reinzuschauen und wenn es ihr gefällt, dann würden wir dabei bleiben. Ich setzte mich zu ihr aufs Sofa und wir schauten fern. Kurz danach fragte ich sie: „Und? Willst du weiterschauen?“ „Ja“, sagte sie. Wir schauten weiter. Ich sah auch immer mal wieder zu ihr hinüber, denn ich kenne sie ja. Sie lächelte und verfolgte die Serie neugierig. Wir schauten weiter. Zwanzig Minuten später rührte sich meine Intuition und ich fragte sie noch mal: „Gefällt sie dir? Magst du sie weiter anschauen?“
Sie zuckte mit den Schultern: „Wenn du sie gerne ansiehst, dann schaue ich sie auch an.“
In mir zuckte es. Jetzt sind wir trotz meines permanenten Nachfragens wieder mal in Mamas Lebensthema gelandet: Wahrhaftig sagen, was man möchte. Und nachfragen, ob der andere wirklich das denkt, was angenommen wird.
„Mama, es ging darum was Du sehen möchtest, nicht was ich sehen möchte. Es war nicht mein Wunsch fernzusehen, es war deiner.“
„Ich dachte, Du möchtest sie gerne sehen und dann schaue ich sie eben mit.“ Für sie war es kein großes Ding. Für mich schon. Ich versuche immer noch – manchmal frage ich mich ob ich lernfähig bin – ihr das abzugewöhnen.
„Mama, ich habe Dich gefragt was Du sehen willst. Erzähl mir, wieso du glaubst, dass ich das sehen will? Und warum hast Du mich denn nicht gefragt, ob ich das auch wirklich denke?“
Sie lachte. „Du kennst mich doch.“

Ja. Ich kenne sie und ihr kenne ihr Lebensthema. Ich habe es geerbt.
Wir sprachen darüber, wie wir schon duzende Mal darüber gesprochen haben. Ich gebe gerne zu, dass ich davon gelegentlich frustriert bin, aber ich versuche den Humor zu behalten. Meine Mutter ist fast 90 Jahre alt. Vieles hat sie in Ihrem Leben verstanden und verändert.
Das nicht.
Ich durfte erkennen, dass ich und meine Schwestern dieses „Familien-Erbe“ verändert haben. Wir haben – manchmal mühsam, manchmal schmerzlich und doch Schritt für Schritt – gelernt uns auszudrücken. Es ist nicht nötig dieses Erbe/diese Themen bis ans Ende des Lebens mitzuschleppen. Wir können es verändern. Und doch sehe ich am Leben meiner Mutter was passiert wenn man es eben nicht verändert.

Vor einiger Zeit sprachen wir darüber, dass meine Mutter so gut wie nie Fragen stellt. Das liegt daran, dass ihre Mutter ihr das Fragenstellen mit den Worten: „Musst Du immer so neugierig sein?“ – „Das geht dich überhaupt nichts an!“ – „Jetzt sei doch mal still!“ abgewöhnt hat. Meine Mutter hat die neugierigen Fragen ihrer Kinder so schon nicht mehr beantwortet und uns damit die Möglichkeit gegeben entspannt und selgstverständlich zu fragen.
Bis zu dem heutigen Tag ist im Kopf meiner Mutter die Stimme ihrer Mutter lebendig. 70/80 Jahre später reagiert sie noch so, wie ihre Mutter es ihr damals eingeimpft hat.
Wollen wir das auch so erleben?
Wir haben die Wahl: Will ich das behalten? Oder möchte ich es verändern? Dazu braucht es immer die Erkenntnis, dass es veränderbar ist. In unserer Familie kann man das sehen: Von einer Generation zur nächsten wurde es verbessert. Es ist also machbar.

PS: Da mir das Thema sehr am Herzen liegt, gebe ich dazu in Hamburg (11. und 12. Februar) und in Hannover (5. Februar) einen Workshop: „Wie sage ich es?“

„Bei dir schaut das aber so einfach aus!“ Der junge Mann war erstaunt, als ich ihm erzählte, dass mir Disziplin nicht leicht fällt. Wenn es etwas zu erledigen oder zu tun gibt, dann erspüre ich häufig eine innere Faulheit, ein Gefühl von: „Muss das jetzt sein?“ Und dann gibt es in mir ein erwachseneres Selbst, ein intelligenteres Selbst, das mir sagt, dass das jetzt gerade wichtig ist.

Ich erzählte ihm, dass ich früher selten etwas fertig gemacht habe. Ich dachte, ich bin ein guter Initiator, aber für den Rest, für das „fertig machen“ nicht wirklich geeignet. Ich entschuldigte mich damals damit, dass das meine Persönlichkeit sei und dass ich jemand bräuchte, der dann die Dinge, die ich initiierte, auch fertig machte. So suchte ich nach dem geeigneten beruflichen „Partner/in“ – doch es kam niemand.

In meinen Zwanzigern, versprach ich häufig Dinge, die ich nicht hielt: „Ich rufe dich später an“, war am nächsten Morgen vergessen. „Ich schicke dir das Buch“, ebenfalls. Nun ja, es war nicht ganz vergessen. Da gab es eine kleine Stimme, die mich an mein Versprechen erinnerte und ich versuchte sie ruhig zu stellen, in dem ich es auf morgen verschob. Aber der Morgen kam und ging und nichts passierte. Meistens erinnerte ich mich siedend heiß eine Woche später an mein Versprechen, aber dann versuchte ich mich damit zu beruhigten, dass es jetzt wirklich schon zu lange her sei und der Andere es bestimmt/hoffentlich auch vergessen hatte. Dummerweise blieb aber ein komisches Gefühl in der Magengegend zurück. Ein Gefühl, dass ich nicht wirklich verlässlich sei.

Als ich mit dreißig Jahren heiratete, merkte ich relativ schnell, dass ich einen Lehrmeister im Einhalten von Versprechen geheiratet hatte. Er war – trotz aller Verliebtheit – schockiert darüber, dass ich es nicht tat. „Hast Du schon soundso zurückgerufen?“ frage er mich mehrmals und ich stammelte irgendeine Entschuldigung. Wenn er sagte, er würde jemandem ein Buch schicken (und das war damals noch weit vor einfachen Internet-Bestellungen, sondern erforderte einen Gang zum Buchladen und zur Post) dann war es am nächsten Tag unterwegs. Es dauerte ein paar Jahre bis ich es auch lernte. Aber ich lernte es durch sein Vorbild.

Ich merkte, dass es bei mir zwei Gründe gab, warum ich etwas nicht erledigte:

  • Manchmal wollte ich es eigentlich nicht: Ich hatte etwas zugesagt – vielleicht vorschnell und nicht richtig überlegt – und bedauerte das. Leider korrigierte ich es nicht. Zum Beispiel mit einem: „Tut mir leid, aber das wird mir gerade zu viel. Ich schaffe das zeitlich nicht.“
  • Manchmal war ich zu faul.

Als ich verstand, dass ich selbst die Sachen fertig machen sollte, die ich anfing und die Versprechen halten sollte, die ich gab, begann ich sorgfältiger mit meiner Auswahl zu werden. Ist das einfach nur eine interessante Idee (und von denen habe ich viele) oder ist das etwas, das ich bis zur Fertigstellung begleiten möchte? Natürlich hat jedes Projekt auch seine zählen Momente, aber hält das Projekt meine Aufmerksamkeit genug, um es auch bis zum Ende durch zu ziehen? Genauso wie ein Versprechen eben auch Zeit braucht, die ich zur Verfügung stelle. Bin ich dazu bereit oder nicht?

Wahrscheinlich bin ich im Tiefsten meines Herzens ein fauler Mensch. Und das hat auch immer etwas mit dem Haushalten unserer Energiereserven zu tun. Das Gehirn ist darauf programmiert nicht unnötig Energien auszugeben. Es könnte ja ein Säbelzahntiger vorbei kommen und dann brauchen wir alle Energie, die wir aufbringen können.

Jeden Morgen wenn ich Yoga mache, sagt mir eine kleine Stimme: „Ach, wirklich? Es ist doch gerade so gemütlich ohne. Lass uns doch Yoga heute mal ausfallen.“ Und ich lächle, erkläre mir, dass auch heute kein Säbelzahntiger vorbeikommen wird und dann lege ich die Yogamatte aus … denn ich weiß, das tut mir gut. Und das ist es, was ein aufmerksameres, intelligenteres Leben ausmacht: Ich begreife die zukünftigen Ergebnisse meiner jetzigen Entscheidungen. Also wenn ich weiterhin beweglich bleiben will, ist es praktisch jeden Tag etwas dafür zu tun. Wenn wir verstehen, dass unser innerer Schweinehund eigentlich ein „Energiespar-weil-Säbelzahn-Tiger-kommen-könnte“-Modus ist, dann fällt es uns vielleicht ein bißchen leichter …

 

 

Ihr Lieben,

gelegentlich werde ich in der Schnupfen-/Grippe-Saison gefragt, warum ich nie Grippe habe und was ich denn mache, wenn ich merke, dass Viren oder Bakterien sich bei mir einnisten möchten. Dafür habe ich schon seit Jahren ein sehr erfolgreiches Abwehrprogramm entwickelt und irgendwie dachte ich mir, es wäre vielleicht ganz praktisch das mal zu teilen.

Meistens erspüre ich das im Hals. Da gibt es dann einen Punkt, der plötzlich kratzt. Ein Punkt, der plötzlich auffällt. Wann immer ich es merke, beginne ich SOFORT mit einer massiven Abwehr. Die Betonung liegt auf SOFORT. Früher habe ich gedacht „Ach nee, das kratzt. Das wird schon nichts werden.“ Oder „Ach, ich liege aber doch jetzt schon so gemütlich im Bett. Das ist bestimmt morgen vorbei.“ Denkste! Wenn sich Viren/Bakterien mal eingenistet haben, dann bleiben sie eine Weile. Es ist also praktischer, sie wie ungebetene Hausgäste sofort aus dem Haus zu schieben. Das mache ich so:

  1. Ich erspüre mich SOFORT beim ersten Gedanken („Da kratzt doch was?“) in meinen Körper ein. Lokalisiere den „Punkt des Einnisten-Versuchs“ und sage energisch (laut oder innerlich): „Nein! Das ist mein Körper. Da ist kein Platz für Dich. Und Tschüss!“ – Ich bezweifle meine Fähigkeit des „Herausschmeissens“ nicht. Schließlich ist das mein Körper.
  2. Um dem zusätzlichen Nachdruck zu verleihen (auf Gedanken sollten Taten folgen) hole ich meine „Abwehr-Schale“. Es wird auf jeden Fall mit Salz gegurgelt und je nach Gefühl eines oder mehrere meiner Abwehrmittel für den Tag benutzt und zwar so lange bis ich nichts mehr im Hals spüre.
  3. Selbst wenn ich im Bett liege und merke, da rührt sich was im Hals, stehe ich auf und mache mein Abwehrprogramm. Über all die Jahre habe ich gemerkt, wenn ich aus Faulheit liegen bleibe, dann lasse ich zu, dass sich jemand einnistet.

Der Grundgedanke ist immer der gleiche: Ich bin aufmerksam und lasse etwas zu, oder eben nicht. Erst gestern bekamen wir Besuch und als er ging, erspürten mein Liebster und ich beide, dass mit dem Gast ein Virus mitkam. Und sofort wurde die „Abwehr-Schachtel“ geholt.

Es gibt allerdings diverse Gründe, warum wir krank werden wollen:

  1. Manche von uns erlauben sich allerdings erst bei einer Krankheit eine Ruhepause. Sie  möchten unterbewusst krankwerden – denn nur dann können sie sich ausruhen.
  2. Manche suchen durch Krankheit eine Auszeit von einem ungeliebten Job zu bekommen.
  3. Manche brauchen Aufmerksamkeit und werden krank. Wenn wir als Kinder nur dann die Liebe der Mutter oder des Vaters gespürt haben, wenn wir krank wurden, dann ist es nicht selten, dass wir dieses Gefühl mit in unser Erwachsenenleben nehmen: „Bitte kümmert Euch um mich. Ich fühle mich gerade alleine/einsam/abgelehnt/unsicher/ungeliebt…

Dies sind oft unbewusste Wünsche krank zu werden. Da kann ich natürlich soviel Abwehrschachteln haben wie ich will: EIGENTLICH will ich krank werden. Nur dann, wenn ich keine unterschwelligen Sehnsüchte danach habe, funktioniert diese Abwehr.

Schwere Krankheiten können auch einen der obrigen Gründe haben. Meistens kommt aber noch etwas dazu: Wir, als Seele, suchen eine bestimmte Erfahrung. Das ist keine Schuld-Frage, sondern eine Erfahrungsfrage. Manchmal wird jemand krank, damit etwas in der Familie heilt (Zum Beispiel: Weit auseinandergerissene Familien kommen dadurch wieder zusammen. Oder es werden neue Lebens-Prioritäten gesetzt. Oder es wird eine unerträgliche Situation geändert.) Oder wir leben in einem ungesunden Umfeld (nicht nur emotional, sondern auch körperlich) welches uns nicht gut tut und unseren Körper vergiftet.  Oder wir ignorieren schon seit Jahren die Warnzeichen und jetzt „zwingt“ uns unser Körper darüber nachzudenken. Oder aber es ist Teil unseres Seelenwegs mit einer bestimmten Krankheit zurechtzukommen (Eine Lähmung durch einen Unfall zum Beispiel).

Bei jeder Krankheit gibt es einen Grund, warum wir schwächeln. Ignorieren wir vielleicht seit Jahren schon unseren Körper und unsere eigenen Sehnsüchte? Die Seele zeigt uns mit jeder Krankheit eine Hausaufgabe und die besteht darin herauszufinden, was unser Körper braucht und warum er uns diese Zeichen gibt. Und dazu hilft es mit dem Körper zu sprechen. In die Stille zu gehen und ihn einfach zu fragen: „Warum erlebe ich das?“ und „Was brauchst du von mir?“

Alles Liebe,

Sabrina

PS. Viel mehr und ausführlicher über das was unser Körper braucht, zeigt und heilen kann: Mein Buch „Bodyblessing – Der liebevolle Weg zum eigenen Körper“

 

 

Lisa von TravelistMe (www.travelistme.com) hat mir geschrieben und von einer Ihrer Reisen erzählt. Übrigens, sie geht zu ca. 80% barfuß. Lisa hat also nicht einfach ihre Schuhe ausgezogen und ist zum Wandern gegangen. Das wäre dann doch ein bisschen zu viel für die ungeübten Füße ;-). Schaut gerne auch mal auf Ihre website. Sie liebt ungewöhnliche Reisen. Vielleicht Ihr ja auch. Danke fürs Schreiben, liebe Lisa.

„Barfuß wandern … und Barfuß verlaufen in den Snowy Mountains

Mount Kosciuszko ist mit seinen 2228 m der höchste Berg Australiens und macht die Snowy Mountains zu den australischen Alpen. Der höchste Berg Australiens gehört zu jedem Work and Travel Year dazu …. aber Barfuß? Bei einem so „kleinen“ Gebirge wie diesem sollte es ja keinerlei „Probleme“ geben. Doch es sollte anders kommen…

Nachdem ich anstatt 5 Uhr doch lieber erst 7:30 Uhr aufgestanden war, begab ich mich nach einem ausgiebigem Frühstück auf den Weg (8 Uhr). Von Woodridge aus (einem Ortsteil von Thredbo) lief ich entlang des „Merritts Nature Track“ entgegen der Spitze. Der Aufstieg war steil, er kreuzte einige Male die Schotterstraße, führte entlang eines Flusses und durch den Wald, der die Hänge des Gebirges säumt. Ich muss zugeben, dass es schon eine Herausforderung war hier barfuß hoch zu stacksen. Der nasse Boden weichte meine Füße auf und der Schotter rieb sie mir dann wund….

Der Waldbrannt von 2003 – der große Teile des Nationalparks vernichtet hatte – hatte zwischen all den grünen lebhaften Bäume, die seitdem versuchen den Berg wieder mit Leben zu füllen, tote Baumgerippe hinterlassen. Knochenartig und spitz ragten sie empor und verliehen dem Flussgeplätscher und Vogelgesang einen trügerischen Ausdruck. Ein verwunschener Wald in dem rau und sanft aufeinander treffen.

lisa travelIstMe barfuss snowy mountains

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Nach 1h 45 min Barfußlaufen, war ich auf 1930 m Höhe angekommen und damit am Ende des Sesselliftes… Ja du hast richtig gehört, es gibt einen Sessellift und der wurde auch von den meisten Menschen bevorzugt gewählt. Nur die Deutsche läuft doch tatsächlich den Wanderweg und das auch noch ohne Schuhe! Mit entsetzten Mienen und Fassungslosigkeit blickten mir die vermeintlich „hartgesottenen“ Australier hinterher, die in voller Bergausrüstung aus dem Sessellift stiegen.

Während unzählige Mountainbiker bergab an mir vorbei sausten machte ich meine erste Pause. Ich genoss den Ausblick des noch wolkenfreien Himmels. Nun ja … es war windig wie Hölle und dadurch eisig kalt – dennoch lief ich glücklich weiter dem gepflasterten „Wanderweg“ bergauf. …Was? Gepflastert? Ich glaube ich träume? Seit wann sind denn Wanderwege in den Bergen gepflastert? Anscheinend fährt man hier nicht nur Links sondern pflastert auch Wanderwege….

Ich fand es schon irre komisch, dass man etwas gepflastertes überhaupt Wanderweg nenne durfte =D . Ich kapitulierte vor der Kälte und zog mir schließlich eine lange Hose an. 11:58 Uhr erreichte ich den Gipfel … zusammen mit einer Horde anderer Touristen. Leider war die Wanderung nicht so einsam verlaufen, wie ich gehofft hatte. Statt verrückte 7 – 9 Stunden Aufstieg (Angabe des Infomaterials) hatte ich knappe 4 Stunden gebraucht (mit Pausen) um von ganz unten nach ganz oben zu gelangen….

Nicht lange und die Kälte kroch wieder in meine Kleidung. Außerdem hatte ich noch die Hälfte des Tages übrig, weshalb ich mich kurzer Hand dazu entschied dem „Main Range Walk“ zum „Blue Lake“ zu folgen. Dann wollte ich zum Ende des „Charlotte Pass“ laufen um einen Lift zurück nach Thredbo zu bekommen. Soweit der Plan.

Wanderweg

Jetzt wurde der Weg auch tatsächlich zu einem Wanderweg der teilweise mit kleinen Bächen überflutet war. Die Touristen verschwanden allmählich und allein genoss ich das Gefühl der Einsamkeit und unendlichen Weite um mich herum. Der Boden war recht steinig, trotzdem sehr angenehm zu laufen. Bäume gab es hier oben keine mehr, nur noch bunte Wiese, Blumen und Bergseen. Es sah wunderschön aus … verzaubert irgendwie.

In dieser unglaublichen Stille kreuzten nur vereinzelt andere Wanderer meinen Weg während langsam graue Wolken aufzogen. Etwas besorgt – ich wusste wie schnell das Wetter umschlagen konnte – lief ich bestimmt und zügig weiter. Ich stellte mir vor, wie es wäre nur mit Rucksack und Zelt bepackt durch unberührtes Gebirge zu laufen … ganz allein … abgeschnitten von jeglichem menschlichen Kontakt, ohne Musik, nur ich und meine Gedanken… und dann auch noch barfuß :D .

Wiesen aus Bergblumen in Weiß, Silber, Rostrot, Orange zusammen mit Gras in allen Tönen, das zwischen rauen Steinen hervor ragte lenkten meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich erreichte den „Blue Lake“ 15:22 Uhr zusammen mit zwei Bulgaren, die sich im eisigen Wasser ein Bad gönnten. Als sie mich sahen und meine blanken Füße musste ich lachen. Alle sahen wir uns gegenseitig an, als seien wir verrückt. Auf steinigem Boden Barfußlaufen, in eiskalte Bergseen springen …. warum sollte sich jemand so etwas antun? Ganz einfach, weil es sich großartig anfühlt! Es folgte ein verständnisvoller Blick beiderseits und wir widmeten und wieder ganz uns.

Ich beschloss den wunderschönen, tiefblauen See samt Bulgaren hinter mir zu lassen. Ich folgte einem Trampelpfad bergab entlang des Flusses. Ich glaubte, dass dieser Pfad zurück zum Hauptwanderweg führen würde und stapfte freudig los… Es war das schönste was ich jemals gesehen hatte. Über all waren kleine Seen, die durch kleine Flüsse verbunden waren. Ab und an kleine Wasserfälle und alles war übersät mit Blumen und buntem Gras. Immer weiter und weiter führte mich der Weg, doch irgend wie kam ich einfach nicht mehr zum Hauptweg zurück. Und so lief ich … überquerte einen Fluss indem ich von Stein zu Stein sprang … dann einen zweiten, dessen Strömung eindeutig zu stark war um hindurch zu laufen. Und nun … nun war ich im Nirgendwo.

Verlaufen?

lisa travelIstMe barfuss snowy mountains

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Kein Weg, nicht einmal ein kleiner Pfad war mehr zu sehen. Ich stand mitten im Gesträuch. Um mich herum Berge und keine Menschenseele. Der Himmel war in zwischen mit grauen Wolken verhangen, meine Haut hatte einen leichten Sonnenstich und der eisige Wind wurde rauer. Ich war allein, oder zumindest konnte ich nicht sehen, ob auf der anderen Seite des Berges Menschen waren. So weit konnten sie zumindest nicht weg sein. Ich entschloss mich also dazu einfach nach rechts weiter zu laufen, da ich in dieser Richtung den Pfad vermutete. Also im Zirkel um die Bergspitze herum. Die Sträucher wurden höher und dichter, bis sie mir zur Hüfte reichten und so dicht waren, dass ich irgendwie darüber hinweg klettern musste, während ich immer wieder in sie einbrach. Hier musste ich mir nun endlich eingestehen, das es Zeit wurde, Schuhe zu tragen. Der Boden war voller Dornen und überseht mit Löchern. Teilweise waren es Behausungen von Erdhummeln und teilweise nicht…. Ich zog mir also Flip-Flops an und nickte zufrieden über meine erwachsene Entscheidung. Nun ja wenn ich jetzt darüber nachdenke kann ich auch nur mit dem Kopf schütteln, kann mir aber ein amüsiertes Lachen nicht verkneifen. Natürlich hätten mich die Flip-Flops genauso wenig geschützt wie das Barfußlaufen, es war einfach nur angenehmer. Erst nach einiger Zeit viel mir auf, dass ich weder Spinnen noch Schlangen sehen könnte, falls welche da wären und platz zum Ausweichen hatte ich auch nicht …

Inzwischen hatte ich einen Bergkamm überquert und dennoch war kein Weg in Sicht.
32 Kilometer war mein Wanderweg lang, doch kein Ende weit und breit.

Langsam tröpfelte Panik durch mich hindurch, obwohl mir mein logisches Denken sagte, dass der Weg nicht weit weg sein konnte. So lief ich weiter. Minuten zogen sich unangenehm in die Länge und Momente fühlten sich an wie Stunden… Ein zweiter Bergkamm folgte. Als ich über einige große Felsen kletterte bemerkte ich Blut an meinen Füßen. Ich hatte ganz vergessen, dass ich nur mit Flip-Flops unterwegs war. Als ich schon, etwas missmutig, fast dabei war um zu kehren entdeckte ich plötzlich etwas Graues im Hintergrund. Von weitem sah es aus wie ein Fluss, aber es könnte auch ein Weg sein. Aufgeregt lief ich immer schneller werdend dem vermeintlichen Weg entgegen und tatsächlich … ich wurde belohnt und stand urplötzlich wieder auf dem Hauptwanderweg, welcher von hohen Büschen verdeckt worden war.
Welch ein Glück!

Und ihr werdet jetzt sicherlich lachen wenn ihr hört, dass dieser „Ausflug“ abseits der Pfade, der sich wie ein ganzer Tag anfühlte, in Wirklichkeit nur 1h & 35 min gedauert hatte. 1h & 35 Minuten klingen kurz, aber wenn du glaubst, du hast dich verlaufen und zweifelst an deiner Orientierung, dann wird eine Stunde zu einer Unendlichkeit. Ich folgte also dem Pfad. Immer weiter bergab laufend dem Charlotts Pass entgegen, als plötzlich hinter mir das Auto des Wildlife Rescue-teams auftauchte. Sie hatten sich den ganzen Tag um die Flora gekümmert und traten nun ihren Rückweg an. Deshalb also die guten Wege. Damit die Parkranger mir ihren Vierradantrieben hier entlangfahren konnten.

Glück

Und wieder einmal hatte ich Glück, denn sie sammelten mich auf und brachten mich nicht nur nach Jindabyne, sondern gaben mir auch noch einen Lift nach Thredbo. Dabei bemerkten sie nicht einmal mein fehlendes Schuhwerk. Erleichtert darüber keine tadelnden Blicke zu ernten gelangte ich 18:44 Uhr und damit noch vor Sonnenuntergang zurück an meinem Auto an.

Was für ein verrückter Tag. Ich bin auf Australiens höchsten Berg rauf, habe mich barfuß verlaufen, um dann doch noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang wieder zu Hause zu sein. Was so viel bedeutet wie, an meinem Van. 32 Kilometer denke ich mir, als ich meine verkratzten Füße versorge. Der Schock und die Panik über das vermeintliche verlaufen sein lassen langsam nach; während draußen die Temperatur auf Null Grad absinkt bin ich bereits im Sitzen eingeschlafen.

Zu aller Ironie träumte ich in dieser Nacht von Schuhen.

Liebe Grüße und ein urkomisches Lachen wünscht euch Lisa von TravelIstMe; einem Reiseblog für die besondere Art von Reisenden. Fühle dich eingeladen dich bei mir um zusehen.“

lisa travelIstMe barfuss snowy mountains

lisa barfuss in den snowy mountains

Es sind die kleinen Dinge, die oft an Großes erinnern. Kleine Dinge, die gelegentlich mit einer gewissen Rührung kommen. Oder manchmal mit einem Deja vu-Gefühl.

Als ich das letzte Mal umzog – von Los Angeles zurück nach Deutschland – war es eine Packung Wattestäbchen. Als ich, noch in Los Angeles lebend, im Geschäft automatisch die große Packung in die Hand nahm, wurde mir klar, dass ich sie bis zu meinem Umzug nicht mehr aufbrauchen würde. Damals, vor zehn Jahren, hat das eine gewisse Melancholie ausgelöst: Bald nehme ich Abschied. Bald bin ich weg. Bald ist das Vertraute nur noch Vergangenheit.

Jetzt ziehe ich wieder in ein paar Wochen um und mir gehen wieder die Wattestäbchen aus. Dieses Mal war es mehr Rührung, als Melancholie. Die Be-Rührung, dass ich wieder ein Zuhause wechsle … und die Erinnerung an die Wattestäbchensituation von damals.

Ein Zuhause ist die Verlängerung unseres Körpers. Wenn wir „nach Hause“ kommen, dann erweitert sich unser Energiefeld in diesen Raum, in diesem Wohlgefühl, das wir uns erschaffen haben. „Ahhhh! Daheim!“ – wer kennt das nicht? Immer vorausgesetzt, dass sich unser Zuhause auch wirklich wie eines anfühlt.

Jeder Umzug zeigt uns immer ein neues Wachstum. Wir verändern einen Teil unseres verlängerten Körpers. Lassen etwas zurück und begeben uns (neuer, klarer, neugieriger) in ein anderes Zuhause. Claudia van der Kamp, meine Assistentin und Freundin, hat ihr Zuhause in Berlin aufgegeben und ging aufs Land in ein kleines Zimmer innerhalb einer Drei-Personen-Kommune. Sie gab vieles her. Sie wollte sich verkleinern. Simplify your life. Auch da war es wieder. Sie genoss die Stille der Natur. Und auch das Alleinsein im Haus – denn ihre zwei Mitbewohner waren kaum da.

Nach ein paar Monaten spürte sie eine Unruhe und nach einigen Meditationen erfühlte sie, dass sie mehr Menschen, mehr Leben, mehr Raum und mehr Wahlmöglichkeiten – auch zum gemeinsamen singen – braucht. Sie erspürte stark, das die Zeit des fast kompletten Rückzuges vorbei war und so zog sie – mit dem wenigen was sie noch hatte – nochmal um. Jetzt fühlt sie sich angekommen.

So ein Umzug konfrontiert uns auch immer mit dem Angesammelten: Was will ich behalten? Bin ich das noch? Will ich das noch mal mit mir rumschleppen?

Jeden Tag gehe ich durch eine Schublade, einen Schrank, ein Regal oder einen Ordner. Jeden Tag treffe ich Entscheidungen was zu verschenken, was zu verkaufen, was zu behalten und was zu entsorgen ist. Jeden Tag berühre ich Dinge aus meiner gelebten Vergangenheit. Heute ist das Bücher aussortieren dran. Wie viele will ich wirklich behalten? Für mich ist es immer am einfachsten die Sachen zuerst rauszunehmen, die ich wirklich mag. Der Rest kann dann meistens weg.

Außer den Wattestäbchen.

Im Gästebad waren noch welche. Die sollten reichen …

Ich bin dabei mein Zuhause zu verlieren. Nein, ich bin nicht auf der Flucht und nein, ich bin auch nicht pleite. Ich werde umziehen, denn ich habe eine kräftige Mieterhöhung bekommen.

„Das ist es nicht wert“, sagt mein Hirn.

„Aber ich liebe meine Wohnung!“, sagt der Rest.

„Ja, aber es ist unpraktisch so viel Geld für eine Wohnung auszugeben, die du nur die Hälfte des Jahres benutzt. Außerdem ist sie zu groß,“ sagt mein Hirn.

„Ich mag groß.“

„Du musst ja nicht in eine Kammer ziehen. Schließlich brauchst du auch ein Büro. Aber so groß muss sie auch nicht sein.“

Nein, das muss sie nicht – aber ich weiß, dass ich zum Wohlfühlen ein Gefühl von Weite brauche.

Ich ging in die Stille um zu meditieren. „Warum bekomme ich die Mieterhöhung?“

„Damit du dich bewegst.“ – das ist die Antwort die kurz danach kommt.

Also bewege ich mich. Zwei Minuten später bin ich am Computer und suche. Keine der angebotenen Wohnungen spricht mich an.

Aber mein Hirn spricht mit mir. Sprechen ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Es ist wie ein Stehaufmännchen – ein gesichtsloses Wesen in dem Körper eines Dreijährigen – das hektisch auf und abspringt, die Fäuste ballt und mich anschreit: „SOFORT, JETZT, IN DIESEM MOMENT müssen wir ein neues Zuhause finden“.

Ich beobachte dieses Ausbruch in mir und rufe mich streng zur Ordnung: „Sag mal spinnst du? Was sollen da bitte die Flüchtlinge sagen? Die warten irgendwo sicher unterzukommen und besitzen nichts mehr! Du hast doch überhaupt kein Problem!!! Du wohnst immer noch in deiner schönen Wohnung – darf ich Dich daran erinnern, dass wir im Jetzt leben! – und du hast überhaupt keinen Zwang sofort auszuziehen. Du wirst schon was finden! Du weißt doch wie das geht! Konzentriere Dich auf das was du willst, vertraue darauf und dann schaue dich um, was passiert.“

Ja. Klar weiß ich das.

Der kleine dreijährige Hampelmann in meinem Kopf kapiert es nur nicht.

Ich fange an um mein Zuhause zu trauern. Ich kenne das schon. Auch Abschiednehmen will geübt werden, damit wir später, wenn wir von diesem Körper Abschied nehmen, es auch leichter können.

Und doch meckert kurz danach schon wieder etwas in mir: „Darf ich dich daran erinnern, dass dies nur eine Wohnung ist! Und du bist noch nicht einmal ausgezogen. Warte gefälligst mit dem Trauern, bis zu auch draußen bist. So vergraulst du dir die ganze Zeit, in der du noch in der Wohnung bist. Himmel Herrgott noch mal. Das weißt du doch!“

Ja, das weiß ich. Vielleicht sollte ich aufhören Bücher zu schreiben. Vielleicht sollte ich überhaupt aufhören irgendwelche Ratschläge zu geben. Ich bespreche das mit meinem Freund LD Thompson. Er lacht. Er schreibt auch Bücher. „Willkommen in meiner Welt. Das denke ich mir auch jedes Mal, wenn es mich durchschüttelt.“

Da ist es wieder: Unser Perfektionsanspruch! Es darf uns nichts durchschütteln.

Ich bespreche das mit meinem Liebsten Stanko. Er lächelt. „Dass es dich durchschüttelt, sieht man nicht. Du bist nicht hektisch, nicht nervös, gereizt und ungeduldig. Du denkst nur an deine verschiedenen Optionen. Willst du aufs Land oder doch weiterhin in der Stadt bleiben? Willst du öfters hier bei mir sein und wie viel Zeit brauchst du alleine? Du planst eben gerne. Es ist wie es ist.“

Stanko, mein Liebster, ist Maler. Er kennt sich mit Ist-Zuständen aus. Er macht Farbfelder. Intensive, bewegende, meditative Farbfelder. In einem Bild verliert man sich in Rottönen, im anderen berührt das Türkis. Jede Farbe ist einfach nur da. Farbe. Nichts zum hineininterpretieren. Nichts zum aufräumen. Nichts zum organisieren.

Es ist Sein. Betrachtendes Sein. Pures sein. Meditatives Sein.

Ich kenne diesen Zustand und liebe ihn. Wenn ich singe, wenn ich meditiere, wenn ich ins Feuer schaue, sogar wenn ich im Stau stehe. Ich kenne diesen Zustand oft in meinem Leben.

Aber jetzt, jetzt gerade kann ich es nicht.

„Schau,“ sagt Stanko mir, „beschreibe mir Wasser.“

„Es ist feucht, es hat eine chemische Formel, es ist durchsichtig, es gibt Wasser als Regen, als Meer, als Schnee. Es kann rein oder verschmutzt sein. Es hat verschiedene Temperaturen. Man kann es einfrieren…“

Ich denke noch nach.

Stanko schaut mich aufmerksam an: „Wasser ist aber auch ein Erlebnis. Es macht was mit dir. Du erspürst etwas dabei und so ist es eben auch mit den Herausforderungen, die uns das Leben schickt. Jeder von uns erspürt etwas – oft etwas anderes.“

„Und was heißt das jetzt?“

„Muss das immer was heißen?“

„Schön wär’s.“

Er lacht. Er schaut auf eines seiner Bilder, das an der Wand hängt. „Manchmal geht es eben nur um das Erleben. Bis es eben dann irgendwann einmal wieder aufhört.“

„Bis zum neuen Erleben.“

„Bis zum neuen Erleben.“

Stanko nimmt Zustände hin. Ich dagegen habe die Tendenz, sie ändern zu wollen. Er schaut mich liebevolle an: „Du bist zu streng mit dir.“

Ich seufze.

Kurze Zeit später hat sich das Stehaufmännchen beruhigt und eine Woche später ist alles klarer. Ich werde mein Leben vereinfachen: Simplify your life, we es auch wunderbar treffend heißt. Ich habe viel angesammelt in den  letzten zehn Jahren, seitdem ich wieder zuhause in Deutschland lebe. Jede Verpflichtung ist wie ein Rucksack, der etwas von uns verlangt. Und manchmal wird der Rucksack zu voll. Ab und zu mal durchschauen, was man wirklich braucht und was man wirklich will, hilft uns bei der Leichtigkeit und Wahrnehmung. Dazu gehört das Aussortieren. Das Hergeben.

Ein neues Zuhause zeigt sich für mich noch nicht – und das wird einen Grund haben. Aber trotzdem soll ich mich bewegen und das tue ich jetzt auch: Die Entscheidung zu Stanko aufs Land zu ziehen ergab sich plötzlich im Gespräch. Mal den Schalten umgelegt, geht es leichter. Was ich von meiner Wohnung behalten will, kommt in ein Lager. Ein paar Sachen nehme ich mit. Und dann warte ich ab, wie ich mich auf dem Land fühle. Erst durch das Erleben werde ich herausfinden, ob mir die Stadt fehlt. Und erst dann, wenn ich im tiefsten meiner Seele das Gefühl habe, dass ich mich auch noch in der Stadt aufhalten will, dann werde ich auch dort etwas finden, was zu mir passt. Das weiß ich. Das hat sich immer wieder in meinem Leben bestätigt. Manche Fragen brauchen für die Beantwortung Zeit. Manche Fragen können erst dann wirklich wach und klar beantwortet werden, wenn wir innehalten und den Rucksack mit Verpflichtungen mal für eine Weile auf dem Boden abstellen.

Jetzt ist eine gute Zeit dafür. Ich habe keine Kinder mehr zu versorgen. Kein Tier was von mir etwas braucht. Keine Notwendigkeit eine große Wohnung in München zu unterhalten. Mein Rucksack wird jetzt abgenommen. Ich bin aus tiefsten Herzen dankbar: Für die Wohnung, die ich fast zehn Jahre lang sehr genossen habe und auch dafür, dass ich in der Lage bin,  jeden neuen Lebensabschnitt auch immer als Abenteuer betrachten zu können.

Ich werde mein Zuhause verlieren. Und wie immer ein Neues erschaffen.

Ich weiß, wie das geht.

Nur wann, das weiß ich nicht.