Warum reden manchmal nur bla bla ist …

Bei einem meiner Workshops über Kommunikation („Wie sage ich es?“) hatten einige Frauen ein ähnliches Problem. Ihre Männer hörten nicht zu.

„Was heißt das genau?“, fragte ich sie. „Lesen die Männer Zeitung nebenher. Stehen sie auf und gehen. Halten sie sich die Ohren zu?“

Es wurde geschmunzelt und kurz danach kam die eigentliche Erkenntnis: Sie glaubten, er höre nicht zu, weil er nicht machte, was sie sagten.

„Was macht ihr denn außer reden?“ fragte ich zurück.

Nachdenkliche Blicke.

„Ich versuche es dann halt ein paar Tage später nochmal.“ – „Ich sag einfach gar nichts mehr.“ – „Ich meckere noch ein bisschen vor mich hin und dann höre ich auf.“ – „Ich schnauze ihn an.“

Ich wiederhole meine Frage: „Was macht ihr denn außer Reden?“

Pause.

 

Reden ohne Taten sind meistens nur blabla. Das haben wir alle schon festgestellt. Doch warum passiert nichts? Wir wollen unseren Gesprächen keine Taten folgen lassen, denn das wäre ja unangenehm. Unangenehm für den Anderen und ja, auch unangenehm für uns. Wir müssen uns nämlich verändern.

Wenn wir reden und es passiert nichts, ist es völlig sinnlos weiter zu reden. Es wird nichts weiter passieren. Ich dachte früher immer, ich hätte es nur nicht „gut genug“ erklärt. Und versuchte es anders herum noch mal. Bis ich feststellte, der Andere ändert nichts, weil er nichts ändern WILL.

Der Mann hat eine Affäre und will weder sie noch seine Familie aufgeben, das Paar hat zwei kleine Kinder, beide gehen tagsüber ins Büro und seine Frau kocht abends weiterhin für ihn mit.

Warum?

 

Eine andere Ehe: Die Beziehung hat alles an Wärme und Nähe verloren. Gemeinsamkeiten gibt es bis auf die Mahlzeiten keine mehr. Er verweigert jede Kommunikation und sie bleibt noch im gemeinsamen Schlafzimmer.

Warum?

 

Wieder anders: Er hat sie schon seit Jahren nicht mehr angefasst. Sie befürchtet, dass er eine Zweitfamilie hat. Zu oft ist er unterwegs und zu selten erreichbar. Sie betäubt ihren Schmerz mit Alkohol. Er wirft ihr das vor. Sie weiß, dass sie Hilfe brauchen, doch er will keine „schmutzige Wäsche vor anderen Leuten waschen.“ Einmal im Jahr fahren sie obligatorisch mit seinen Eltern in die Berge und spielen heile Familie.

Warum?

 

Dieses „Warum“ ist einfach zu beantworten. Jeder von uns hat Gründe, warum er in einer Situation bleibt, die eigentlich keine Freude bringt: Die Finanzen. Die Einsamkeit. Das gemeinsame Haus. Die Kinder. Die Angst vor Veränderungen. Manchmal auch die Angst vor Gewalt.

Nur wird sich nichts in der Beziehung ändern, wenn diejenige, die es verändern will, weiterhin alles mitmacht. Es muss unangenehm für den anderen werden, damit er die Notwendigkeit der Änderung sieht. Wenn ich den Kuchen behalten UND ihn essen kann, warum entscheiden? Da besteht schlichtweg keine Notwendigkeit.

Also raus aus dem Schlafzimmer. „Aber das wäre ihm gar nicht recht.“

Ja, dann natürlich nicht! ;-)

Klar ist es ihm nicht recht. Er will ja, dass alles so bleibt wie es ist. Je bequemer wir es machen, desto weniger bewegt sich. Ich fragte ein paar Männer nach ihrer Meinung zu den Partnern/Partnerinnen, die trotzdem alles mitmachen. Einer meinte trocken: „Schön blöd.“ Einer lachte und fragte ungläubig: „Wirklich? Die machen das wirklich alles mit?“ Natürlich habe ich entwickelte Männer gefragt. Männer, die bereit sind, für ihre Beziehung und ihr Wohlbefinden einiges zu tun.

In meiner persönlichen Entwicklung kenne ich das alles. So tun als ob. Nur nicht zu anstrengend werden. Nett sein. Durchhalten. Durchhalten. Durchhalten. Ich wusste nicht, wie das geht sich in Beziehungen durchzusetzen. Ich dachte, als „gute“ Frau/Freundin macht man bestimmte Dinge eben und hält eben manches aus. Ich hatte keine Vorbilder, die sich anders verhielten. Ich dachte, das sei „normal“. Als ich mich entwickelte, entwickelten sich natürlich auch mein Verhalten und meine Beziehungen. So etwas würde mir jetzt nicht mehr passieren. Denn ich habe erlebt, dass es anders geht. Eben besser und ehrlicher anders geht.

Vorbei mit dem Essen machen, dem gemeinsamen Urlaub, dem Besuch bei der Familie. Vorbei mit „so tun als ob“. Vorbei mit der schauspielerischen Leistung: „Bei uns ist alles gut.“

Zurück zur Wahrhaftigkeit. Zur Ehrlichkeit. Zum: „Ab heute werde ich nicht mehr so weiterleben wie bisher.“

Übrigens geht es mir nicht darum, dass die Frau „die Gute“ (aka das Opfer) ist und der Mann, der Böse. Das gibt es genauso gut anders herum. Die Frau, die trinkt oder Affären hat und der geduldige Mann, der das immer wieder erträgt, in der Hoffnung, es wird besser. Es wird nicht besser. Wozu auch? Solange es bequem ist, solange muss man nichts verändern.

Es gibt zwei Möglichkeiten in Beziehungen: Entweder man entwickelt sich, nähert sich wieder an, heilt und geht gemeinsam weiter. Oder man erkennt, dass man so nicht weiterleben will und es oft gesünder für beide ist, wenn man sich trennt.

Vor vielen Jahren ging ich in Therapie, denn ich hatte eine Familiensituation, mit der ich nicht weiterkam. Der Therapeut erklärte es mir in einfachen Worten: „Immer wenn XY ein Problem hat, dann legen sie ihre Hand dazwischen, damit XY sich nicht weh tut. Das hat zwei Nachteile: Sie tun sich ihre Hand weh und XY lernt nichts dazu, denn sie halten sie von den Ergebnissen ihres Benehmens ab.“

Das war eine Erleuchtung für mich. Ja, das tat ich. Ich hielt mich für nett, hilfsbereit. Ich war die „Gute“. Und dann musste ich lernen, dass ich gar nicht so gut war. Im Gegenteil. Ich war eigentlich feige. Ich traute mich nicht wirkliche Konsequenzen zu ziehen und VERtraute nicht, dass XY schon ihre Lehren daraus ziehen wird. Da ich die Angewohnheit habe Erkenntnisse auch umzusetzen, nahm ich ab dann meine Hand weg und XY tat sich richtig weh. Kurz danach hat sie ihr Verhalten verändert. Wir verlassen die Opferrolle und beginnen in die Schöpfungskraft zu kommen.

Vor kurzem schickte mir jemand ein Video in der zwei Männer gemeinsam beim Essen saßen.  Nach dem Essen stand der Hausherr auf und sagte: „Ich spül das mal schnell ab.“ Sein Freund nickte bewunderned. „Wie toll, dass Du Deiner Frau hilfst.“ Der Mann lachte. „Ich helfe meiner Frau nicht. Ich wohne hier.“ Manchmal haben wir alte hierarchische Rollen im Kopf, die in unsere jetzige Entwicklung nicht mehr passen.

Unsere Seele zeigt uns durch unseren Körper, dass uns etwas nicht gut tut. Gerade wenn wir „so tun als ob“. Wenn wir Geheimnisse haben, dann fehlt es uns an Selbstliebe. Wir können uns dann nicht so akzeptieren, wie wir wirklich sind, was wir wirklich fühlen und was wir wirklich erleben. Wir zeigen nach außen ein gekünsteltes Bild: Oft eine schauspielerische Meisterleistung.

Wenn sich nichts ändert, dann bringt uns das was wir tun bzw. nicht tun nicht weiter. Es ist nutzlos. Wir machen also weiter wie bisher und hoffen auf ein anderes Ergebnis. Wir haben die Nase voll von Kartoffelsuppe und wünschen uns Erbsensuppe – und schälen doch immer wieder Kartoffeln. Bei der Suppe ist es uns klar, in unserem Leben manchmal nicht.

 

Taten. Nur unsere Taten zeigen, dass wir etwas verändern wollen.

Ohne unsere Taten ist unser Reden leider nur … bla bla.

 

 

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