Ich mag mein Hirn. Es kann großartig organisieren. Es liebt analytisches Denken. Es kann lange Ideen und Gedanken vertiefen. Es forscht gerne und schätzt interessante Beschäftigung. Es hilft mir mein Leben zu gestalten und ich kann mich darauf so wunderbar verlassen – nun ja, außer wenn es um das Verlegen von meinem Handy geht. Und Namen kann es sich auch nicht gut merken. Zahlen noch weniger. Aber sonst bin ich sehr zufrieden damit.

Laut letzten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist diese Art von Vergessen eher ein Vorteil, denn es deutet auf ein flexibles Hirn hin. Flexible Gehirne schmeißen raus, was sie nicht brauchen, damit es Platz für Neues gibt. Gut, dachte ich. Flexibles Gehirn? Das nehm` ich!

Doch zur Zeit ist mein Gehirn nicht flexibel. Es fühlt sich eher so an als würde es klemmen. Wie eine alte Schallplatte, die einen Kratzer hat und immer wieder an der gleichen Stelle festhängt. Und wir wissen alle (zumindest diejenigen, die noch mit Schallplatten aufgewachsen sind) wie das nervt. Da sitzt man gerade irgendwo gemütlich und erfreut sich an der Musik und dann dieser Kratzer und die letzten Töne werden wiederho, widerho, wiederho, wiederho.. und dann steht man auf, seufzt – weil ja jetzt die Platte einen Kratzer hat – und setzt die Nadel auf das nächste Musikstück.

Das möchte ich auch gerne.
Aber ich finde den Plattenspieler nicht.
Und so klemmt es weiter: „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fertig werden …“

Mein Hirn legt eine Dringlichkeit zu Tage, die ich mir nicht wirklich erklären kann. Es führt sich auf, als müsste ich in der nächsten Stunde 180 Dinge erledigen – weil sonst die Welt zusammenbricht.

Die Welt bricht nicht zusammen. Ich habe keine 180 Dinge in der nächsten Stunde zu erledigen.

Vor ein paar Wochen habe ich den Beginn meiner Akademie um einen Monat nach hinten auf den 1. April verschoben (nein, kein Aprilscherz), weil ich merkte, dass mir das zu dicht wird und ich möchte weiterhin mit Freude und mit Ruhe vorbereiten.

Da ich mir schon vor einiger Zeit Hektik und grimmige Entschlossenheit abgewöhnt habe, merkte ich, dass die Hektik sich wieder einschleichend wollte. Da hilft nur ein ernsthaftes Gespräch mit ihr: „Sorry Hektik, aber du wirst nur noch gebraucht, wenn ich einer Straßenbahn hinterherlaufen muss.“

Ich war ganz zufrieden mit mir. Problem gelöst, dachte ich.

Am nächsten Morgen merkte ich, dass das wohl nicht ganz geklappt hat bzw. überhaupt nicht. Schon vor der Meditation ging es los mit: „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Wenn ich mit meinem Hirn spreche, zeigt es sich oft als Pferd. Manchmal auch als ein Hund. Ein „Golden Retriever“ um genau zu sein. Der mich meistens mit großen Augen anschaut, schnell mit dem Schwanz wedelt und mit heraushängender Zunge und großem Enthusiasmus wartet bis ich ihm etwas zuwerfe, dass er fangen kann.

Wenn ich in die Stille gehe und mein Gehirn bitte, sich zu zeigen, dann kommt es aber doch meistens als ein Pferd angaloppiert. Man merkt gleich, es bewegt sich gerne. Immer mal wieder haben wir Gespräche um das entspannte Grasen. Das ist leider nicht so ihr Ding…
Der Hund hat übrigens das gleiche Problem. Er döst nicht gerne.
Schade eigentlich.

Ich merkte, das hat wohl nicht gereicht mit dem Termin nach hinten verschieben. Mein Hirn macht sich Sorgen, dass mein nächstes Buch „Wir lernen uns kennen, wenn wir uns trennen“ nicht fertig wird, welches ich Mitte April abgeben muss. Es ist zwar vorbereitet, aber eben noch nicht geschrieben.

Ich erklärte meinem Gehirn, dass ich lieber eine Sache nach der Anderen fertig machen will, aber das passte ihm irgendwie nicht. Dann erklärte ich ihm, dass wir noch nie ein Buch unpünktlich abgegeben haben und immerhin schon über ein Duzend davon fertiggestellt haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht fertig werde ist also äußerst gering.

Mein Hirn beruhigte sich nicht. Langsam aber sicher erinnerte mich die Aktivität in meinem Hirn an diese Schallplattenkratzer: „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Nun gut. Ich versuche immer alle Aspekte in mir zufriedenzustellen und so dachte ich: „Okay. Dann fangen wir jetzt mit dem Buch an, das hilft vielleicht.“ Zwei Tage später fing ich zu schreiben an und erfreute mich daran, wie leicht und zügig es voran ging.

Mein Gehirn beruhigte sich nicht. Im Gegenteil. Es benahm sich so, als wäre ich in einem Kriegsgebiet, pleite und schwerkrank. Ich redete ihm gut zu: „Schau mal, wir sitzen in einem schönen Zuhause, Wir sind kerngesund, wir erfreuen uns an unserem Leben und an unserer Umgebung. Es ist doch alles gut!“

Mein Gehirn hört mir nicht zu. „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Dann zeige ich meinem Hirn meinen Kalender: „Siehst du, alles gut geplant. Erinnere Dich, wir haben uns Hektik abgewöhnt. Keine Notwendigkeit durchzudrehen.“

Es hört immer noch nicht zu. „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Ich habe ihm erklärt, dass es nicht hilfreich ist, was es da tut. Es scheint ihm egal zu sein. „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Ich versuchte meinem Gehirn zu erklären, dass es – solange wir leben – immer Sachen geben wird, die noch nicht fertig sind. Ich kann nicht jeden Tag „alles fertig machen“. Das geht nicht. Ich renoviere noch ein Zuhause, es ist Wäsche noch nicht gebügelt, ich bin in den letzten Zügen die Videos für die Akademie fertig zu machen und wir habe gerade begonnen ein Buch zu schreiben. „Das wird bis Morgen nicht fertig!!! Das musst Du doch einsehen! Du bist doch sonst so gescheit!“

Mein Hirn ignorierte mich einfach: „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Mehrmals jeden Tag fragte ich nach:: „Was brauchst du denn?“ „Wie können wir Dich wieder beruhigen?“ „Übersehe ich etwas, und Du versuchst mich darauf aufmerksam zu machen?“

Alles was kam war: „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Ich kenne diese Loops, diese Gedankenschlaufen, diese unendlichen Wiederholungen des Gehirns. Meistens ist da etwas, was nochmal ein genaues Anschauen braucht. Jede Gedankenschlaufe hat ja auch einen Sinn. Was könnte dieser also sein? Ja, ich habe viel zu tun. Wäre es mir lieber weniger zu tun zu haben? Ja. Ich merke, dass mein Körper mehr freie, ruhigere Zeiten möchte, aber die gebe ich mir nicht, denn nicht nur mein Hirn sondern auch der Rest von mir möchte meinen Schreibtisch wieder etwas leerer haben.

In meinen Meditationen bekomme ich Anweisungen: „Nur zwei Stunden am Tag mit Organisatorischem verbringen.“
Okay. Mache ich. Was kann ich noch machen? Außer Alkohol und Valium? Soll ich verreisen? Mehr singen? Mehr in der Natur sein? Mehr Yoga machen? Ich sah mich im Computerbildschirm spiegeln und machte ihn aus. So. Ab ins Atelier. Ich fing an eine meiner Skulpturen zu bemalen, die schon seit Ewigkeiten eine Farbe braucht.

Hirn beruhigt sich. Okay. Reicht das jetzt vielleicht? Sind wir über den Kratzer, die Wiederholungen hinweg?

Nö.

Am nächten Morgen ging es wieder weiter. Etwas weniger zwar, aber offensichtlich reichte das noch nicht. Ich habe mir Zeit fürs Singen genommen, ging Langlaufen, bekam eine Massage und habe dann zwei Stunden Oranisatorisches gemacht und ein paar Seiten am Buch geschrieben.

Hirn klemmt immer noch. „Das muss fertig werden, fertig werden, fertig werden, fer…“

Als ich mit meiner Assistentin und Freundin Claudia über ihres und mein Leben sprach, meinte sie: „Das kenne ich! In der Regel passiert mir das, wenn ich etwas ablege, also ich mich auf eine neue Stufe bewege und kurz vorher kommt nochmal alles hoch.“

Mein Seelenbruder LD schlug vor, das ich das tun soll, was ich sonst auch immer tue: „Schreibe es auf.“

„Nein!“, warnt mich mein Hirn. „Wir müssen ein Buch schreiben und das Skript für die Akademie schreiben und wir haben keine Zeit jetzt auch noch über mich zu schreiben!“

Es ist zwar schon fast Mitternacht, aber ich nehme mir meinen Laptop und schreibe, denn ich habe mir angewöhnt Dinge gleich umzusetzen, wenn ich sie begriffen habe – bzw. in diesem Fall, wenn ich erinnert wurde. Ich weiß aus Erfahrung: Schreiben hilft!

Als ich dann noch im Bett meditierte, konnte ich es sofort spüren: Meine energetische Schwingung war dabei sich zu verändern. Vorsichtig fragte ich nach: „Liebstes Hirn, hast Du Dich beruhigt?“

Angenehme Stille da oben. Und dann sind wir beide eingeschlafen.

 

Zusatzinfo zwei Wochen später.

Obwohl sich mein Gehirn beruhigt hatte, war mein Körper noch in einer anderen energetischen Schwingung als ich es gewohnt bin. Kurz nachdem ich den Blog veröffentlicht habe, bekam ich nochmal eine Anweisung: Fünf Tage ganz ohne organisatorische Arbeit zu verbringen. Das tat ich auch. Ich schrieb an meinem Buch und erfreute mich daran. Ich merke, dass ich im Buchschreib-Modus bin und nicht im Akademie-fertig-mach-Modus. Wenn ich Bücher schreiben, dann brauche ich meine absolute Konzentration darauf und das ist immer wieder spannend zu erleben. Nach diesen fünf Tagen beschloss ich den Rest der Akademie erst später fertig zu machen. Nämlich dann, wenn mein Körper mir sagt: JETZT! Und bis dahin schreibe ich …

Ich schreibe diese Zeilen in einem Zug. Ich war in einer anderen Stadt und habe an einem Wochenend-Kongress in einer Stadthalle heute zwei Stunden … tja … was habe ich gemacht … ich habe etwas über ein waches, spirituelles Leben erzählt, wie wunderbar unser Körper ist und was er uns für Zeichen gibt. Ich habe über Selbstliebe, Liebe und Stille gesprochen, wir haben Übungen gemacht und gemeinsam meditiert. Als meine zwei Stunden fertig waren fühlte ich mich nicht erfüllt. Ich fühlte, als ob ich jetzt gerade erst angefangen hatte. Das war doch nur die Vorspeise…

Ich stand da und spürte nach. Dann kamen einige Teilnehmerinnen, die sich bedanken wollten und dann gab es noch ein gemeinsames Abendessen. Die Veranstalterin – eine entzückende und sehr engagierte Frau – meinte zum Abschied: „Das war so schön und das nächste Mal bleiben Sie hoffentlich das ganze Wochenende.“

Ich wusste, das wird nicht passieren.

Warum nicht? Ich habe hier interessierte Menschen getroffen. „Erfolgreiche“ zwei Stunden gehabt. Was gefällt mir denn da nicht?

Es passt nicht mehr in mein Leben. Ich kam mir vor wie eine Köchin, die in einer Sterne-Küche gelernt hat und dann die Gäste nur die Soße probieren lässt. Ich möchte lieber in die Küche einladen, damit jeder selber kochen lernt. Aber dafür reichen keine zwei Stunden. Dafür braucht es mehr. Vielleicht meine Akademie, an der ich schon seit zwei Jahren arbeite? Doch warum zögerte ich damit bisher?

Ich glaube, wir sind alle weise und wissen sehr wohl was es braucht, damit wir etwas verändern. Manchmal sind wir zu erschöpft, zu müde, zu abgelenkt und ja, auch zu faul um etwas zu ändern. Das Gewohnte ist uns vertraut und nicht selten ist es die Angst vor dem Neuen, die uns zurück hält. Und doch wissen wir, dass es ein „tiefer“ gibt und so suchen wir doch immer wieder nach Inspiration.

Wir wissen – oder erahnen zumindest -, dass wir selbstverantwortlich unser Leben betrachten können und – wenn wir mit dem was wir uns erschaffen haben nicht glücklich sind – es verändern können. Engel hin oder her (und ich liebe Engel) – aber es ist unsere Aufgabe sich darum zu kümmern. Deswegen sind wir hier! Wir wollen wach sein. Und wach werden wir nicht, wenn wir aus schmerzlicher Bedürftigkeit auf Wunder setzen und Elternersatz suchen, weil uns die Nähe und Liebe als Kind so gefehlt hat. Trost ist eine so hilfreiche Geste – aber eben nur eine Geste. Langfristig wird es uns nicht helfen, immer nur Trost zu bekommen. Genauso wenig wie es uns langfristig helfen wird, nur inspiriert zu werden.

Viele von uns gehen oder waren in diesen großen spirituellen Veranstaltungen wo einige hunderte, manchmal tausende von Zuschauern begeistert klatschen und demjenigen oder derjenigen zujubeln, die da auf der Bühne steht. Entweder weil wir sie/ihn bewundern, gerne so wären, auch so einen Erfolg haben möchten, oder wir drei, vier oder fünf Wahrheiten gehört haben von denen wir überzeugt sind: „Jetzt verstehe ich das und jetzt wird sich was ändern.“

Dann gehen wir nach Hause. Erzählen noch ein paar Mal begeistert von der Veranstaltung, lesen (vielleicht) das empfohlene Buch, schauen die Videos des Vortragenden an und dann … tja dann … geht unser Leben weiter. Manchmal mit kleinen Veränderungen und dem anklopfenden Wissen, dass es da noch mehr gibt. Unsere Seele schickt uns diese innere Unruhe, damit wir nicht aufgeben danach zu suchen. Und so gehen wir in den nächsten Vortrag, lesen das nächste Buch, jubeln dem nächsten oder gleichen Vortragenden zu – immer in der Hoffnung, dass es – wenn wir nahe genug an der Person dran bleiben – auf uns abfärbt. Und ja, manchmal tut es das auch. Wenn wir in der Präsenz von jemandem sind, der eine innere Ruhe, eine entspannte Sichtweise und ein herzliches Wesen hat, dann nützt uns das. Wir erspüren die entspannte Frequenz und das ist oft Unterstützung. Aber dann geht es ums selber dort hinkommen.

Gerade jetzt denkt etwas in mir: „Sabrina, du willst doch auch LeserInnen und die vergraulst du dir jetzt damit.“ Ja, ich möchte gerne, dass mich jemand liest. Deswegen schreibe ich. Aber das ist nicht der einzige Grund. Denn wenn es nur ums schreiben ginge, dann könnte ich auch Romane schreiben. Dinge, die von Verliebtheit erzählen und jemanden für ein paar Stunden einen Traum von einem anderen Leben schenken.

Aber das will ich nicht. Ich schreibe, weil das worüber ich schreibe, mir geholfen hat mein Leben um 180 Grad zu drehen. Von beleidigt zu verstehend. Von ungeduldig zu geduldig. Von unsicher zu sicher. Von angestrengt zu entspannt. Von angepasst zu individuell. Von schauspielernd zu authentisch. Sprich: Vom Drama zum Frieden.

Haben mir dabei meine Engel geholfen? Ja. Wodurch? In dem sie mich in der Stille und meinen Meditation immer wieder angeregt haben, Neues auszuprobieren. Sie haben mir nicht geholfen, weil sie einen Weg für mich geebnet haben. Das habe ich schon selber gemacht. Aber ich bin öfters mal aus dem Weg gegangen und habe dem Zögern zugehört, wenn ich gewohnte Schritte zum hundertsten Mal wieder gehen will. Ich habe die Stille ausgehalten und habe geübt. Ausprobiert. Bin auf die Nase gefallen und wieder aufgestanden. Ich habe mir die Pausen genommen, wenn ich spürte, dass ich sie brauche. Habe immer wieder aufgeräumt, aufgeräumt und nochmal aufgeräumt. Und dadurch habe ich mir ein Leben erschaffen, in dem ich eine Zufriedenheit, ein Glücksgefühl und eine Dankbarkeit erreicht habe, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können.

Seit fast dreißig Jahren halte ich Vorträge und seit vierzig Jahren stehe ich auf Bühnen. Früher als Fernsehmoderatorin, später als Autorin bzw. Vortragende. Ich stand selbst auf der Bühne vor hunderten, sogar schon mal vor über tausenden von Leuten und hörte den Jubel und ich bekomme sehr berührende Emails in denen mir gesagt wird, dass das eine oder andere Erleben für den Absender nützlich war.

Warum ich das schreibe? Weil es keinen Unterschied macht, ob mir jemand zujubelt oder nicht. Ja es ist netter wenn die anderen klatschen, aber in meinem Leben macht das keinen Unterschied. Was allerdings einen Unterschied macht, ist wie ich mein Leben jeden Tag gestalte. Also falls jemand von Ihnen, die das hier lesen, selbst auch solche Erfahrungen auf Bühnen gemacht haben, so werden Sie das bestätigen: Es ist schön. Aber schöner ist das was ich in den anderen Stunden gestalte: Nämlich ein Leben dass ich gerne lebe.

Und dabei gibt es immer wieder Veränderungen.

Am Anfang diesen Jahres erspürte ich, dass ich keine individuellen Coachings mehr anbieten möchte. Ich wiederhole mich zu oft. Das ist für Leute, die das zum ersten Mal hören natürlich kein Problem. Für mich aber, die ich mir selber zuhöre, auf Dauer schon.

Vor zwei Jahren hatte ich zum ersten Mal den Gedanke an eine Akademie. Längerfristig weiterzugeben wie ich „kochen“ bzw. leben gelernt habe. Also eine Gruppe ernsthafter (was für ein eigenartiges Wort – mein Thesaurus gibt mir noch ein anderes zur Wahl „aufrichtig“), die aufrichtig ihr Leben gestalten wollen. Ich sammelte alle meine Themen (und dabei wünschte ich mir, ich würde mich nur um EINE Sache kümmern und nicht um alles, was das Leben so anbietet) und stellte fest, das es eine sehr umfangreiche Angelegenheit ist. Und, das Problem der Wiederholung stellt sich auch da. Es wird ja nicht nur eine Gruppe sein, die ich begleite, sondern mehrere.

Gleichzeitig eröffnete sich mir vor knapp einem Jahr die Möglichkeit in München einen Workshopraum zuzulegen – die Galerie Schwabing – und ich genieße es dort zu unterrichten. Die wunderbaren Farbfeld-Bilder meines Liebsten Stanko unterstützen meine Schwingung, meine Energie, meine Möbel, meinen Geschmack. Ja, es ist ein bisschen viel „meins“ – aber da ich weiß, dass wir alle Schwingung bzw. Klang sind, ist es wichtig, dass das, was ich weitergebe in meinem „Zuhause“ passiert. Sonst könnten wir ja auch gemütlich im einem Bahnhofsklo schlafen. Es macht einen Unterschied wo wir was erleben.

Die Akademie stockte. Ich merkte ein Zögern in mir. Ich wollte nichts anbieten, was einschränkt. Weder mich noch die Anderen. Wie oft sollen wir uns wirklich persönlich treffen? Wie viele Videomeetings sind wichtig? Welche Video-Vorträge? Braucht es eine regelmäßige PartnerIn? Kleingruppen? Wie soll das organisiert werden? Wie viel Zeit benötigt das? Wie lange soll das dauern?

Ich habe mir ein freiheitliches Leben erschaffen und bin nicht bereit das aufzugeben. Ich erahnte, dass mich eine regelmäßige Akademie in eine Art „Schulbetrieb“ zwingen würde – und das ganz ohne große Ferien oder sichere Beamtenanstellung ;-). Muss ich jetzt, da ich meinen Workshopraum habe, ihn auch wöchentlich füllen?

Mein Lehrer Solano – ein von LD Thompson gechannelter Meister – schlug eine Prototyp-Akademie-Gruppe vor. Damit ich erlebe, wie so etwas aussehen könnte. Ich nahm mir drei Monate und mit zwölf ausgesuchten Interessierten probierte ich aus, wie das Vorgestellte entwickelt werden kann.

Gleichzeitig fragte mich mein Verlag, ob ich nicht einen Online-Kurs machen möchte. Gesammelte Erfahrungen und Übungen über Körper, Geist, Seele, Intuition und Achtsamkeit, Selbstliebe und Beziehungen. Und ja, ich wollte. Es machte Freude. Ich hatte ein tolles Team. Und … ich muss mich nicht dauernd wiederholen. Das wird mir durch die Videos auf der Sinnsucher.de Plattform abgenommen und deshalb bleibt dann genug Zeit für Tieferes. Immer mal wieder gibt und wird es eine von mir begleitete Version geben. Das war eine erfüllende Erkenntnis für alle Beteiligten.

Eine unserer wunderbarsten Gaben ist es unser Leben so zu gestalten wie wir es brauchen. Wir sind zwar vergleichende Wesen, aber das vergleichen ist nur dann nützlich, wenn es uns unsere Einzigartigkeit zeigt. Ich beobachte von Freunden, dass sie gerade Ihre Präsenz erhöhen. Podcasts. Workshop-Tage mit hunderten von TeilnehmerInnen. Gemeinsame Reisen. Ausführliche Buchtouren. Größere Internetauftritte. Erweiterte MitarbeiterInnen und Teams.

Ich versuche es gerade anders. Mehr Freiraum. Weniger Wiederholungen. Tieferes Begleiten. Statt nur Vorspeise, das ganze Menü weitergeben. Der vom Verlag und auf Sinnsucher.de schon fertige 5-Wochen-Online-Kurs ist die Voraussetzung um in die Akademie einzusteigen, damit wir alle auf dem gleichen Wissensstand sind. Wann die Akademie losgehen wird? Voraussichtlich im März 2019. Der Termin fühlt sich gut an.

Neues. Immer wieder Neues. Das ist das was uns wach hält. Nicht nur unser Gehirn, sondern unser ganzes Sein. Das ist auch das was uns unsere Engel immer wieder sagen wollen, denn sie sind der Schöpfung so nahe: Erschaffe! Ohne Hektik. Ohne grimmige Entschlossenheit. Folge der Begeisterung. Und wenn Du zögerst, halte inne … und schau nach warum.

Ihr Lieben,

viele von uns sind schon lange „aufgewacht“ und auf dem spirituellen Weg. Es ist dieses und jenes schon gemacht worden. Diese Ausbildung und jener Workshop schon besucht worden. Viel gelernt und schon einiges erreicht. Schon gut vorangekommen – und gleichzeitig sehend was noch zu tun ist.

Eine Workshop-Teilnehmerin sagte es mir vor ein paar Wochen halb lachend, halb verzweifelt: „Jetzt werde ich wach und sehe, was alles in mir noch aufzuräumen ist. Das ist zwar schön, aber auch viel Arbeit!“

Ja. Manches ist „Arbeit“. Aber ist das wirklich so störend? Ich liebe meine Arbeit. Wenn ich Handwerker sehe, die ihr Handwerk können und mögen, dann sieht man die Liebe in ihrer Arbeit. Wir kennen wohl alle die Assoziation von Arbeit ist gleich Anstrengung. Denn „alles was etwas taugt, muss auch anstrengend zu erreichen sein.“ Und natürlich müssen wir uns darum kümmern. Doch wenn wir etwas lernen, dass uns Spaß macht, würden wir das dann auch Arbeit nennen?

Würde eine Knospe sagen: „Oh Gott, ich muss daran arbeiten zu blühen?“

Würde eine Raupe sagen: „Blöd gelaufen. Jetzt muss ich mich aus diesem Kokon rauswinden!“

Würde ein Kind fühlen: „Jetzt muss ich auch noch reden lernen!“

Natürlich gibt es Zeiten in denen man etwas üben muss. Wenn jemand meine Skulpturen von Gesichtern betrachtet, höre ich oft: „Oh, das könnte ich nie! Dazu habe ich gar kein Talent.“ Es ist weniger Talent – es ist Übung. Nach der 100sten Nase aus Lehm weiß jede/jeder wie Nasen geformt werden.

Gelegentlich zögern wir etwas zu beginnen, weil wir glauben, dass wir kein „Talent“ haben. Aber Talent bedeutet nicht, dass etwas sofort perfekt sein muss. Talent ist ein Interesse; etwas Begabung. Was wir daraus machen zeigt sich erst in der Bereitschaft etwas zu üben.

Auf der anderen Seite erkennen wir unsere Begabungen häufig gar nicht an. Warum? Weil uns etwas leicht fällt. Dann kann es doch nichts taugen, oder? Wenn wir uns gut einspüren können, wenn wir organisieren können; wenn wir gemütliche Atmosphären erschaffen können – das alles sind Talente und es ist herrlich, wenn wir sie auch genießen.

Wie eine Blüte sich aus der Knospe entwickelt, so ent-wickeln wir uns. Ich bin gerade in dieses Wort Entwickeln verliebt. Wir entwickeln uns aus den vorgegebenen Grenzen, wir entwickeln uns aus zu Engem, zu Kleinem … Wir stehen danach aufrechter, gerader, um uns bewusster, erfreuter, freier.

Natürlich gibt es da auch die Illusionisten, die meinen, es wird sich alles schon ändern, wenn sie es sich nur lange genug wünschen. Das klappt meistens nicht. Denn es braucht auch eine Aktion zu dem Wunschdenken.

Doch wohin wollen wir uns eigentlich entwickeln?

Worum geht es uns?

Um Wohlbefinden? Mehr Liebe? Weniger Angst? Geht es um Sicherheit? Kontrolle? Mangelbehebung? Oder um Lebensfreude? Begeisterung? Vielleicht sogar um die Weltrettung? Die eigene Rettung? Oder die Gesundheit? Um Heilung?

Warum tun wir, was wir tun? Was wollen wir damit erreichen?

Wenn ich zurückblicke, dann erkenne ich meine Entwicklung. Nie zuvor empfand ich soviel Freude, soviel Freiheit, soviel Liebe, soviel Leichtigkeit, soviel Verständnis für mich und meine Mitmenschen wie jetzt.

Zu altern ist großartig! Ich kann es nur von Herzen empfehlen. Mit fast sechzig bin ich beweglicher als jemals zuvor. Und das nicht nur mit meinem Körper sondern auch mit dem Rest von meinem Sein.

Natürlich hört eine Entwicklung nie auf. Gerade bin ich dabei eine weitere Angewohnheit aus meinem Gewohnheitsfeld zu entfernen. Gelegentlich wiederhole ich mich. Ich habe zum Beispiel etwas zu einem Thema gesagt und gebe ein paar Tage/Wochen nochmal den gleichen Kommentar ab und … dann nochmal. Es ist eine alte Familienkrankheit (lach). Solange ich mich erinnern kann erzählte meine Mutter fast jede Geschichte drei Mal – und seitdem sie älter ist, gleich sechs Mal. Um das bei mir zu vermeiden, braucht es JETZT all meine Aufmerksamkeit ;-)

Und dann sehe ich andere Bereiche, bei denen ich mich zu meinem Wohlbefinden entwickelt habe. Ich habe meine Lebensgeschwindigkeit heruntergefahren. Früher konnte es mir nicht schnell genug gehen. Umzug? Zwei Tage später sind alle Kisten ausgeräumt und schon am Umzugsabend hängen die ersten Bilder. Oder jemand macht etwas, was ich auch spannend finde? Schon den ersten Kurs belegt, die ersten Dinge dazu gekauft und ungeduldig in den Startlöchern scharrend. Das scheint erledigt zu sein. Ich gehe Dinge langsamer an. Viel langsamer. Wie meine Akademie, die ich schon vor über einem Jahr angekündigt habe und die immer noch nicht gestaltet ist.

Es ist spannend, wenn wir zögern – Achtsamkeit üben

Ich habe über die Jahre gelernt, dass ein Zögern enorm wichtig ist. Auch hier ein Beispiel vom letzten Newsletter bzw. Blog (Termine, Termine, Termine). In mir zögerte es meine Termine für den Rest des Jahres festzulegen. Immer wieder starrte ich auf meinen Kalender und wenn ich irgendwelche Termine eingeben wollte, gab es einen inneren Widerstand die angedachten Termine weiterzugeben. Es ist ganz praktisch, wenn man Workshops, die man geben will, auch anderen Leuten mitteilt. Aber es gab keine Leichtigkeit im Eintragen von Terminen – sondern eben dieses Zögern. Und so wartete ich. Das geht natürlich nur so entspannt, weil ich weiß, dass in meinem Fall dieses Zögern kein aufschieben in die Unendlichkeit ist – was es vor zwanzig/dreißig Jahren war. Damals war es einerseits Unentschlossenheit, die das Zögern hervorrief und andererseits sagte ich auch häufig Dinge zu, welche ich „eigentlich“ nicht machen wollte. Da ich damals noch nicht auf meine Intuition hörte, hatte ich keine Ahnung, wie ich das abstellen sollte.

Jetzt ist ein Zögern von mir ein intuitives Zögern. Ein Teil meiner alten Persönlichkeit will aus Gewohnheit, dass wir (ich rede gerne von mir in der Mehrzahl – es gibt schließlich einige Aspekte von mir, die bei jeder Entscheidung mitreden möchten ;-) loslegen, so wie wir das „immer“ gemacht haben. Doch dann schickt mir meine Seele diesen Gedanken: „Warte.“ Dieses „Warte“ kommt ganz entspannt. Es ist mit einem Lächeln, einem Schmunzeln verknüpft.

Und so warte ich. Weil ich aus Erfahrung weiß, dass so ein „Warte“ immer einen guten Grund hat. So hatte auch das letzte Warten wegen meiner Terminplanung einen guten Grund: Mein Verlag „Random House“ schlug mir kurz nach meinem Blog über „Termine, Termine“ einen Online-Kurs vor und da es mir große Freude macht mit dem dortigen Team zusammenzuarbeiten, sagte ich zu. Und jetzt ging es dann mit den Terminen für den Rest des Jahres „plötzlich“ ganz leicht. Und innerlich kam natürlich auch kein „Warte“ mehr.

Auch der nächste Schritt der Akademie war ein klarer: Ich möchte mit einer kleinen (12-14 Leute) Prototyp-Gruppe beginnen. Einer Gruppe, die gerne Feedback gibt und die Lust hat, Dinge auszuprobieren. Drei Monate. Jeweils pro Monat ein Wochenende in München, eine Videokonferenz und eine Telefonkonferenz. Und diese Wochenenden sind angefüllt mit einer spielerischen Art die Dinge anzugehen. Mit Körpergefühl, Musik, Bewegung und Herunterfahren und Begreifen. Als ich anfing über den Termin für diese kleine Gruppe zu meditieren kam sofort „August“ hoch. Und so wird sie im August beginnen. Ich freue mich schon sehr darauf.

Falls Ihr in Euch das Gefühl habt: Da möchte ich gerne mitmachen – ein paar Plätze gibt es noch. Es ist mir wichtig, dass ich diejenigen, die in dieser Gruppe mitmachen, schon kenne. Da diejenigen, mit denen ich schon zusammengearbeitet habe, von meinem nicht besonders ausgeprägten Namensgedächtnis wissen, bitte ich um ein Foto und ein paar Hinweispunkte (wo und wann etc. wir uns getroffen haben) und was Euch daran interessiert. Bitte versteht, das ich aus verschiedenen Kriterien auswähle. Also nicht nach dem Motto: Die mag ich, den nicht. Sondern ich brauche unter den Teilnehmern eine Mischung aus Alter, aus Erfahrung, aus Gegenden, aus Geschlecht. Die Termine sind 11./12 August, 15./16 September, 13./14. Oktober – jeweils von 11 bis 18 Uhr bzw. 11. bis 17.00 Uhr. Dieser Kurs ist ein Geschenk von mir – weil mir eben auch das Feedback dazu geschenkt wird.

Wenn Ihr davon begeistert seid, dann bitte schreibt mir eine Email 

Herzlichst,

Sabrina

Als ich eine junge Mutter war, war ich alles andere als entspannt. Dies lag nicht nur daran, das meine Tochter mein erstes Kind war und ich im Muttersein noch keine Erfahrung hatte, sondern es lag hauptsächlich daran, dass ich ihr eine glückliche Kindheit schenken wollte. Und glücklich bedeutete damals in meinen Augen eine Kindheit ohne Schmerzen. Natürlich war mir klar, dass sie mal hinfallen würde, mal weinen würde und mal traurig wäre, aber ich meinte langfristige, innere Schmerzen, für die man später eine Therapie braucht.

Ich wollte ihr das „ersparen“, was ich als Kind erlebt hatte.

Spätestens als ihr Vater und ich uns als Paar trennten – sie war15 Jahre alt – war mir klar, dass mir dieses Ziel nicht gelungen war. Obwohl unsere Trennung liebevoll und aufmerksam war und wir eine enge und familiäre Beziehung unterhalten, ist die Trennung der Eltern als Paar trotzdem für ein Kind erschütternd. Gelegentlich – und das bis heute – wandern meine Gedanken in die Vergangenheit und ich erkenne oder erinnere mich an kleine Episoden in der Kindheit meiner Tochter, bei der ich nicht so aufmerksam war, wie ich es gerne gewesen wäre und Schübe von Schuld schwemmen hoch – die eigentlich völlig absurd sind. Absurd deswegen, weil sie keinen bleibenden Schaden in ihr angerichtet haben und sie sich meistens überhaupt nicht mehr daran erinnern kann.

Ich aber! Ein Aspekt von mir – Gott sei Dank über die Jahre durch klares Analysieren und Verstehen milder geworden – bringt mir immer noch diese Reste von Schuldgefühlen hoch. Ich weiß auch warum: Meinen damaligen Ansprüchen zufolge hatte ich versagt. Und obwohl es mir völlig klar ist, dass eine schmerzfreie Kindheit nicht möglich ist, so wabert doch der Anspruch eine „perfekte Mutter“ sein zu wollen, noch irgendwo in meinen antiquierten Vorstellungen herum.

Wenn wir uns als Seele in einen Elternverbund einbringen – also frisch geboren in einem neuen Körper sind – dann suchen wir uns eine Familie, in der wir lernen und erfahren können, was wir für unser Wachstum brauchen. Mit Elternverbund meine ich übrigens alle, bei denen wir aufwachsen.

Am Ende meines VORHERIGEN Lebens habe ich mir – als Seele, nicht als Persönlichkeit – mein Leben angeschaut und Entscheidungen getroffen. Entscheidungen über die Dinge, die ich als nächstes erfahren und erleben möchte. Also angenommen jemand war kinderlos, frei und viel auf Reisen, mag am Ende des Lebens den Wunsch und die Neugierde verspüren einen engen Familienverbund zu erleben und so entscheidet sie sich im NEUEN Leben für Familie und viele Kinder. Oder: Das letzte Leben war überschaubar und kontrolliert und so mag man sich vielleicht im nächsten Leben mehr Aufregung, mehr Unsicherheit erschaffen, um zu erfahren, wie man denn damit zurecht kommt.

Unsere Engel sind dabei unsere Begleiter. Gerade Kinder erspüren die unsichtbaren Unterstützer noch viel mehr. Je erwachsener wir werden und je mehr wir uns in die „reale“ Welt einfügen, desto geringer ist die Aufmerksamkeit auf Engel und unsere eigene Intuition. Einspüren, Stille, Nachspüren – das alles verliert den Stellenwert, wenn man als Teenager zu einer Gruppe dazugehören und gemocht werden will. Trotzdem begleiten uns unsere Engel und warten auf unsere Bereitschaft wieder mit ihnen in Kontakt zu treten. Und viele von uns tun das dann auch. Die Nachrichten und Weisheiten der Engel, die Weisheit unserer eigenen Intuition – all das kommt aus der gleichen Quelle. Je bewusster und wacher wir werden, desto mehr spüren wir uns wieder ein: In unseren Körper, in unser Leben, in das was nicht sichtbar ist. Am Ende wie am Anfang unseres Lebens erspüren wir die Engel wieder leichter – der Vorhang zur Unendlichkeit geht dann wieder auf …

Viele von uns möchten sich gerne wie Engel verhalten und doch machen wir – als Seelen – hier eine menschliche Erfahrung. Und menschliche Erfahrungen mit einem menschlichen Körper haben ihre eigenen Herausforderungen – wie wir alle wissen.

Wenn ich rückblickend auf meine Kindheit schaue, dann tue ich das mit einem Lächeln. Das war nicht immer so. Es hat Jahre gedauert, bis ich meinem mittlerweile schon lange verstorbenen Vater verziehen habe. Mein Vater war ein begnadeter Raumausstatter und konnte mit seinen Händen wunderbare Möbel anfertigen, doch diese gleichen Hände konnten hart zupacken und ich fürchtete mich vor seinen lauten Ausbrüchen und gnadenlosem Verhalten. Obwohl sein Geist kreativ war und er vor Fremden so charmant sein konnte, war er es innerhalb seiner Familie nicht. Zu viel Alkohol, zu wenig Wachstumsbereitschaft haben zwei seiner drei Töchter ziemlich durchgeschleudert. Die dritte hatte eine glückliche Kindheit. Sie war die Lieblingstochter und ihr Leben war leichter. Meine Mutter war eine Frau ihrer Zeit: Gefangen in einem System in dem der Ehemann letztendlich alles bestimmt, weil er das Geld verdient und auch verteilt und … in einer Zeit in der Scheidung noch ein Schimpfwort war und einer sozialen Ächtung gleich kam.

Eine unglückliche Kindheit hat nicht nur Nachteile. Sehr früh schon erlebte ich meine Familiensituation als nicht gesund. Und obwohl ich schlechte Noten mit nach Hause brachte war mir klar, dass ich zwar faul aber nicht dumm war. Als ich zehn Jahre alt war, bot ich meiner Mama an, auf mein Taschengeld zu verzichten, damit sie sich scheiden lassen konnte. Ich wusste die Scheidung hatte irgendetwas mit Geld zu tun. Die Antwort meiner Mutter war damals: „Aber ich liebe ihn doch!“ und da war mir klar, dass dies keine Liebe sein konnte. Schon als junges Mädchen mochte ich es, andere Kinder zu besuchen und deren Familiensituation zu beobachten. Ich kam aus dem sozialen Wohnungsbau und wir wuchsen ärmlich auf und so erlebte ich erst als junge Erwachsene Familien, die sich beim Abendessen über kulturelle Ereignisse unterhielten und bei denen nicht ständig der Fernseher lief. Das waren Eltern, die interessiert an der Meinung ihrer Kinder waren und nicht wie bei uns zuhause, wo man – wenn mein Vater zuhause war – während der Mahlzeiten weder reden noch trinken durfte.

Und doch war mein kindliches Erleben ein Geschenk. Ich durfte mir früh darüber klar werden, was ich mal selbst NICHT werden wollte. Mir war klar, dass ich immer mein eigenes Geld verdienen will, denn die Abhängigkeit meiner Mutter wollte ich mir auf jeden Fall ersparen. Sie hatte damit ihre Freiheit verloren. Ich konnte schon früh in der Kindheit sehen wohin das führt. Manche erkennen dies erst, wenn sie ihre Rentenbescheide in der Hand halten und entsetzt darüber sind, wie wenig sie bekommen.

Ich war ein hässlicher Teenager – ohne Geschmack und ohne Geld – und lernte, wie es sich anfühlt, nicht wichtig zu sein, nicht begehrt zu werden, nicht wegen äußerlicher Schönheit beliebt zu sein. Ich musste andere Qualitäten entwickeln. Ich hatte früh das Gefühl alleine zu sein und mich auf niemanden verlassen zu können. Meine Eltern konnten mir nicht helfen – sie konnten sich ja selbst kaum helfen – und so entstand ein Bewusstsein über meine Selbstverantwortung und ein tiefes Verständnis von Ursache und Wirkung.

Ich lernte, dass man sich verändern kann. Ich beobachtete elegante Frauen, und ließ mich inspirieren. Ich erkannte Geschmack. Ich wusste nur selbst nicht wie ich das für mich hinkriegen sollte. Zuerst kopierte ich, dann fand ich meinen eigenen Stil. Dann begann ich meinen Körper zu verändern. Ich nahm die überschüssigen Kilos ab, begann mit 20 Jahren Ballettstunden in einem Kinderballett zu nehmen, denn ich erspürte mich als Trampel. Ich erinnere mich noch, wie ich die sechsjährigen grazilen Mädchen gefragt habe, ob ich denn mitmachen darf und sie milde auf meinen so völlig unflexiblen Körper schauten. Wenn ich mich nach vorne beugte, kam ich gerade bis kurz unters Knie. Heute – nach 30 Jahren Yoga – muss ich über meine Unbeweglichkeit von damals schmunzeln. Ich erinnere mich noch, wie mich jemand vor ein paar Jahren als elegant beschrieb. Ich und elegant? Erst da bemerkte ich, wie sehr viel anders ich mich heute bewege.

Nachdem ich meinen Körper veränderte, fing ich an, mein Berufsleben zu verändern. Ich versprach mir, nur Dinge zu tun, an denen ich Freude hatte und zu wechseln, wenn ich mit Grauen zur Arbeit ging. Dieses Versprechen habe ich immer gehalten.

Ich lernte Mut zu haben: Mut mich mitzuteilen. Mut Gespräche zur Klärung zu suchen – auch wenn sie schmerzhaft sein würden. Mut alleine zu sein. Mut zurückgewiesen zu werden. Mut mich selbstständig zu machen. Mut ungewöhnliche Dinge zu tun. Mut immer wieder neu anzufangen. Mut die um mich gesetzten Grenzen zu sprengen.

Ich habe kein Abitur und oft wurde ich in meinem Berufsleben gefragt, was ich denn studiert habe. Wenn ich sagte, dass ich keines habe, konnte ich an den Gesichtsausdrücken ablesen, was mein Gegenüber dann dachte. Früher war das eng mit dem Gefühl verbunden, nicht gut genug zu sein. Heute erfreue ich mich an meiner Bereitschaft immer wieder Schülerin zu sein. Jede Grenze, die sich mir zeigte, habe ich irgendwann einmal überwunden. Einfach – wie wir alle wissen -ist das selten. Aber es ist möglich. Und je mehr wir uns auf uns selbst verlassen, je mehr wir uns nicht mehr über die Vorstellungen von anderen über uns definieren, desto freier werden wir.

Ich veränderte mich und somit mein Leben und alles habe ich meiner unglücklichen Kindheit zu verdanken. Sie war mein Motor. Denn so wie damals wollte ich nicht weiter leben und nicht sein. Es ist eine große Freude, wenn man erkennt, dass man alles an sich verändern kann.

Ich war Anfangssekretärin, Sachbearbeiterin und wurde Fotoredakteurin, Journalistin, Fotografin, Fernsehmoderatorin und Autorin und lernte Erfolg und Geld kennen. Doch beides immer auch mit einem sorgfältigen Auge. Immer wissend, dass sich Dinge ändern können. Dass Erfolg und Ruhm eben auch ungesund und wackelig sein können und so habe ich die diversen Höhen und Tiefen meiner beruflichen Laufbahn langfristig gut überstanden und vor allen Dingen viel daraus gelernt. Unter anderem auch den so wichtigen Unterschied zwischen Ego und Seele. Ich als Seele suche hier in diesem Leben Erfahrungen. Es ist, als würde ich durch einen Obstgarten gehen und von dieser und von jener Frucht kosten. Das Leben ist nun mal voller Erlebnisse: Da gibt es glückliche und unglückliche Momente. Da gibt es Trauer und Verlust genauso wie Freude und Frieden. Ich als Seele weiß um die Herausforderungen und akzeptiere mit Interesse und Neugierde was sich mir zeigt („Ah, wie interessant, dass mir das gerade passiert!“) und finde meine Bestätigung im Innen: In mir. Ich als Persönlichkeit will Kontrolle („So was darf nicht wieder passieren!“) und suche meine Bestätigung im Außen. Ein enorm wichtiger Unterschied.

Auf dem Höhepunkt meiner erfolgreichen Karriere heiratete ich einen wohlhabenden Mann und lernte eine andere Art von Wohlstand kennen. 16 Jahre später – als wir uns trennten – waren es Bekannte, die es nicht fassen konnten, dass ich solch ein Leben in Beverly Hills, Kalifornien wieder aufgab. Ich weiß noch, wie völlig überrascht ich von diesen Aussagen war. Ich kann kein Leben leben, dass mir nicht entspricht. Und wenn ich mich ändere, ändert sich zwangsläufig auch mein Leben. Wenn mir etwas nicht mehr entspricht, muss ich es ändern. Es bleibt mir keine andere Wahl. Und ich will auch keine andere Wahl treffen. Und auch dieser Lebensabschnitt hat mir viel über mich gezeigt. Ich verändere mein Verhalten nicht: Weder erfolgreich noch nicht erfolgreich. Weder arm noch reich. Weder in den USA noch in Deutschland.

Ohne meine Krisen, ohne die verzweifelte Stunden, ohne die unsägliche Sehnsucht nach einem anderen Leben hätte ich mich nicht entwickelt. Ohne meine Kindheit hätte sich in mir wenig Mitgefühl entfaltet. Ich weiß, wie es sich anfühlt, sich ohnmächtig und verloren zu fühlen. Ich weiß, wie es ist, wenn man das Gefühl hat, man gehört nicht dazu. Ich weiß, wie es schmerzt und verletzt, ungerecht behandelt zu werden. Ich weiß, wie es ist, wenn man nur von Pulversuppen lebt, weil man sich nichts anderes leisten kann. Ich weiß, wie Hoffnungslosigkeit schmeckt. Ich weiß, wie verzweifelt man sein kann, wenn man keinen Ausweg mehr sieht. Ich weiß aber auch, welche Herausforderung Ruhm haben kann. Ich weiß, wie wichtig es ist, ein harmonisches Zuhause zu haben. Ich weiß, wie sorgfältig man auf seine Finanzen schauen sollte. Ich weiß, wie wichtig Schönheit ist – sei es durch ein angenehmes Umfeld, durch Natur, durch Kunst, durch Musik, durch liebevolle Nähe.

Ohne meine unglückliche Kindheit wäre ich jetzt nicht glücklich. Denn eine solche Kindheit ist eben auch ein Antrieb. Ein Antrieb es anders, es wacher zu machen. Jede unglückliche Kindheit hat auch seine lichten Momente. Meine Mutter tröstete sich und uns durch Musik und Gesang. Ein Geschenk, das ich täglich zu schätzen weiß. Mein Vater zeigte mir durch seine Sprachlosigkeit wie wichtig es ist, sich mitzuteilen. Ebenfalls ein Geschenk, für das ich enorm dankbar bin. Meine Eltern gaben ihr Bestes. Auch sie haben später einiges bedauert. Wir haben in unserer Familie viel geheilt. Wenn wir jetzt gemeinsam über unsere Erfahrungen von damals sprechen, haben wir oft Tränen in den Augen – vor Lachen.

Eine Kindheit ist erst dann geheilt, wenn wir mit Humor und Leichtigkeit darüber sprechen können.

Und auch das ist ein Geschenk unserer unglücklichen Kindheit: Wir hatten die Möglichkeit Verzeihen zu lernen.

 

PS. Das ist ein Artikel den ich für das „Engelmagazin“ Juli/August 2018 geschrieben habe. Mehr dazu im Magazin.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bewundere Mitmenschen, die schnell Termine festlegen können.

„Eine Reise nach XY? Das ist schnell gebucht!“

„Termine für Workshops festlegen? Das schaffe ich in 10 Minuten!“

„Eine Vorbereitung zu einem Seminar? – Da! Wir nehmen diese Woche im September und die im Oktober. Fertig!“

Ich bewundere das. So einfach über dem Jahreskalender sitzen und Termine eintragen. Ich bin seit über fünfunddreißig Jahren freiberuflich und manchmal wünsche ich mir einen ganz normalen Job, bei dem die freie Terminplanung sich auf Urlaubstage beschränkt. Für jemanden wie mich mit Terminplanungs… tja, wie nenne ich das jetzt … Herausforderungen ?!?! geradezu ideal.

Obwohl ich viele Dinge schnell erledigen kann, das braucht bei mir. Immer schon. Immer wieder bin ich fasziniert davon, warum dieses Termine aussuchen bei mir so lange dauert. Ich kann mich in sekundenschnelle für ein neues Zuhause entscheiden. Ich kann mich mit Begeisterung in eine neue Aufgabe hineingeben. Ich kann mit einem Blick Farbe an den Wänden aussuchen. Ich kann aus dem Stegreif Vorträge und Workshops halten. Ich kann spontan singen und Lieder gestalten.

Aber das kann ich nicht.

Natürlich habe ich einige Theorien darüber. Ich bin gerne Herrin meiner Zeit. Ich liebe diese Freiheit, die ich mir erschaffen habe und weiß sie enorm zu schätzen. Ist mein Kalender zu voll, bin ich für mein persönliches Wohlbefinden nicht mehr flexibel genug. Denn dazu brauche ich freie Zeiten in meinem Terminkalender. Manchmal gibt es Gesangs- und Rhythmus Workshops bei denen ich selbst teilnehmen möchte und dann vielleicht schon selbst besetzt bin.

Eine weitere Theorie ist: Meine 29jährige Tochter lebt in Los Angeles und wenn sie mich besuchen kommt – weil sie mal zufällig Urlaub hat (in den USA ist das nicht so verbreitet) – dann möchte ich auch da sein. Dafür kann ich mir natürlich nicht das ganze Jahr freihalten …lach … aber trotzdem werfe ich immer noch ein Auge darauf, wenn ich für längere Zeit und viele Wochenenden auf Tour gehe.

Der dritte Grund: Ich habe in der zweiten Jahreshälfte einiges vor. Jetzt im Herbst werde ich ein neues Buch schreiben – eines das schon lange angekündigt wurde – über ehrenhafte Trennung mit dem Titel: „Wir lernen uns kennen – wenn wir uns trennen.“ Dafür brauche ich Zeit.

Dann möchte ich meine Akademie aufbauen. Auch das braucht Zeit und vor allem mache ich das sehr vorsichtig. Ich hatte mich schon mal Mitte der 90ger Jahre in eine Arbeit hineingestürzt, die mich zwang fast 80% meine Zeit vor dem Computer zu verbringen. Damals hatte ich meine erste Website „My Angel and I.com“ und quasi ein spirituelles Mini-Facebook. Nur mit dem Nachteil dass ich alles alleine machte und jeden Eintrag von außen (und das waren viele) überprüfte. Ich hatte teilweise eine viertel Million Besucher pro Monat und nach zwei Jahren war ich dermaßen erschöpft, dass ich mich für eine lange Weile zurückziehen musste. Das soll mir mit der Akademie nicht mehr passieren und so überlege ich lange und sorgfältig, wie ich das gestalten kann, so dass es nicht nur die Teilnehmer sondern auch mich lange erfreut. Dabei geht es mir nicht darum, so viele TeilnehmerInnen wie möglich zu haben, so groß wie möglich zu werden, sondern lieber eine überschaubare Gruppe zu haben, die sich wie ich mit Begeisterung dafür interessieren.

Und jetzt ist mein eigener Workshop-Raum – die Galerie Schwabing – in München fertig und ich freue mich jedes Mal, wenn ich dort bin. Einen ersten Workshop habe ich schon gegeben. Gelegentlich wird dort gesungen und Stankos meditative Farbfelder hängen und wir hatten schon eine Ausstellung damit. Ich wünsche mir weitere Workshops und Seminare. Der Raum fühlt sich gut an.

Räume müssen gefüllt werden. Doch in erster Linie mit einer Schwingung. Dieser Raum ist dem angenehmen und aufmerksamen Sein gewidmet: Schönheit, Weisheit, Klang, Freude, Kunst.

Die Galerie Schwabing ist

  • Eine Galerie
  • Eine Akademie für Freude und Wachstum
  • Ein Raum für improvisiertes Singen
  • Ein Platz für Workshops

In einer Meditation hieß es, dass ich erst einmal mehr Zeit dort alleine verbringen soll. Der Raum soll gefüllt werden mit meiner Schwingung. Meinem Klang. Meiner Musik. Meinem Sein. Es ist ein heiliger Raum und den möchte ich so gestalten wie ich auch meine Zuhause gestalte: Voller Wärme und Herzlichkeit. Ich möchte, dass sich jeder, der zu Besuch kommt, hier wohlfühlt. Wie wir es uns ja auch für unser Zuhause wünschen.

Trotzdem weiß ich, dass dieser Raum der durch eine sehr wundervolle magische Fügung entstanden ist, nicht nur von mir gefüllt werden will. Und dazu muss ich Termine ausschreiben. Tja …

Eigentlich sollten in meinem Mai Newsletter die Termine für die nächsten zwei, drei Monate stehen. Ich freue mich auf neue Workshops. Ich bin willig. Die neuen Workshop-Themen stehen fest. Mein Kalender ist ziemlich frei. Für diejenigen die meinen Newsletter schon lange kriegen – ich bemühe mich einmal im Monat einen zu schreiben. Die letzten Jahre gab es ihn vielleicht drei, vier Mal im Jahr. Deshalb habe ich diesen Mai-Newsletter schon Mitte April angefangen.

Tja. Eigentlich war er pünktlich zum Ende des Monats fertig. Bis auf die Termine. Die müsste ich noch aussuchen.

Aber ich bin ja gerade umgezogen und noch am renovieren. Ich hatte bis gestern fast jeden Tag Handwerker da. Ich musste auf- und umräumen. Die Nachbarn treffen. Mit Handwerkern sprechen. Entscheidungen treffen. Meinen Schreibtisch aufräumen. Emails beantworten. Schon lange geplante Workshops geben. Zum Baumarkt fahren. Müll wegfahren. Sachen einkaufen. Und – auf den Newsletter starren. Und auf meinen Kalender.

Interessant, wie ich dann doch alles schaffte – nur das Termine aussuchen nicht … Das weit weniger Zeit in Anspruch nehmen würde, als zum Beispiel eine Fahrt zum Wertstoffhof.

Jeden Tag nahm ich mir vor: Heute wird der Newsletter fertig. Und der Tag verging und der Newsletter blieb wo er war. Auf meinem Computer. Ihr wisst ja, ihm fehlen noch die Termine.

Dann hatte ich einen Anfall und schrieb ein paar Termine in meinen Kalender (das war schon mal der erste Schritt). Doch diese Termine schafften es nicht in den Newsletter. Sie blieben einfach wo sie waren. Wie wir alle wissen, ist das kein großes Ding: Copy and Paste. Kopieren und Einsetzen. Tausend Mal gemacht. Dauert eine Sekunde. Müsste doch drin sein – müsste man meinen – aber nein. Irgendetwas in mir weigert sich.

Ich vertraue allem was sich in mir bewegt – oder in diesem Fall nicht bewegt. Also hat dieser Mai Newsletter – der jetzt am Wochenende rausgeht (19./20 Mai!!!) – keine neuen Termine.

Und so bleibt die Herausforderung: Warum kann ich mich schwer für Termine entscheiden? Ich meine … grundsätzlich. Nicht nur in diesem Fall. In diesem Fall erahne ich warum: Ich muss den Raum selbst erst noch füllen. Der Rest wird sich zeigen.

Tja. Dann schauen wir mal wie es weitergeht und in der Zwischenzeit bewundere ich Euch alle, die das so mit links hinkriegen.

Von Herzen

Sabrina

 

PS: „Schreiben hilft“ – das habe ich schon öfters gesagt. Denn durch das Aufschreiben klärt sich unser Hirn und wir erspüren mehr was es ist was uns da umtreibt. Dank diesem Blog bin ich jetzt im Frieden damit, dass es nun gerade keine Termine gibt. Ich kann das Aufschreiben nur empfehlen…

Dies ist ein Artikel, den ich für die Zeitschrift von „Welt im Wandel“ geschrieben habe.  Dort war ich im April auf deren Kongress. Es gibt schon einen Intuition ist Wissen Blog-Beitrag, dieser hier ist ein bißchen länger und mit noch einigen zusätzlichen Erlebnissen am Schluss.


Seine eigene Intuition wahrzunehmen ist spannend. Es ist wie das Lernen einer neuen Sprache. Am Anfang stöpselt man noch so herum und sucht nach den richtigen Worten. Später – wenn man mehr geübt hat und länger in dem Land gelebt hat, dessen Sprache man neu dazugelernt hat – wird es flüssiger. Und doch gibt es immer wieder Facetten oder neue Worte die man auch in einer Sprache, die man ähnlich die wie Muttersprache spricht, neu lernt: Das Vokabular erweitert sich.

Unsere Intuition spricht durch unseren Körper. Es hilft, wenn man ihn liebt und schätzt. Mein Körper ist mein Barometer und zeigt mir sehr genau was ich brauche und wie es mir geht. Ich vielen meiner Bücher (u.a. „Bodyblessing – der liebevolle Weg zum eigenen Körper“) beschreibe ich immer wieder wie großartig unser Körper funktioniert und welche Zeichen er uns gibt.

Gerade im letzten Jahr durfte ich beobachten, wie klar mein Körper sich mir mitteilt und mich dabei im Erkennen meiner Intuition weiter unterstützt. Seit letzten Jahr Februar 2017 suchen wir ein neues Zuhause – es gab Eigenbedarf und wir hatten ein Jahr Zeit – und wir wünschten uns ein Bauernhaus oder einen Vierkanthof. Es war immer wieder spannend ein eventuell neues Zuhause anzuschauen und mein Hirn war begeistert von den Möglichkeiten: Das könnte man umbauen. Hier wäre ein idealer Platz für ein Atelier. Das könnte ein toller Meditationsplatz werden. Und dann verließ ich das Haus mit einer Menge an neuer Ideen, nicht selten begeistert, und … kaum im Auto fiel ich in einen Tiefschlaf. Ich merkte schnell: Mein Körper reagierte bei Häusern die nicht für mich passen mit einer enormen Erschöpfung. Mehr als einmal musste ich den Wagen anhalten und auf die Beifahrerseite wechseln, um unter den Augen meines Liebsten sofort in einen erschöpfenden Tiefschlaf zu fallen.

Es wurde Sommer un d wir fanden nichts. Manchmal wurde ich schon müde, wenn ich nur ins Auto einstieg, um ein neues Objekt anzuschauen und ich wusste, den Weg kann ich mir eigentlich sparen. Ich schaute es mir trotzdem an. Einmal meinem Liebsten zu Liebe, der das Gefühl brauchte, dass wir etwas aktiv unternehmen und wir erfuhren auch jedes Mal etwas Interessantes: Manchmal die Gewissheit, dass die Gegend garantiert nichts für mich, nichts für uns ist. Manchmal eine Klärung für das, was man unbedingt braucht. Manchmal war es einfach ein schöner Ausflug in unser bayerisches Hinterland. Manchmal traf man nette Leute, mit denen man sich austauschen konnte. Doch nie gab es in mir das Gefühl: „Ja, da will ich sein.“ Meinem Liebsten passierte es öfter. Es gab zwei, drei Häuser, die er sich gut hätte vorstellen können und mein Kopfschütteln war auch immer ein nachdenken. Ein Nachdenken darüber, mir selbst treu zu bleiben und die Gewissheit, dass wir im Umland von München etwas finden werden, was für uns beide passt. Dabei natürlich auch immer ein starkes Mitgefühl, wenn es ein Haus gab, das ich mir so gar nicht, er sich aber so gutvorstellen konnte.

Wunder

Gleichzeitig wurde mir klar, dass es die Mischung ist, die ich brauche. Einen Teil meiner Zeit auf dem Land und einen Teil meiner Zeit in meiner Heimatstadt München zu verbringen. Die Stadtwohnung zeigte sich schnell – in sich ein kleines Wunder…
Es wurde Herbst und wir suchten immer noch etwas Gemeinsames auf dem Land. Ich hatte im Gefühl, dass es Oktober, November wird, wenn wir etwas finden und der Oktober ging vorbei, ohne dass sich etwas auftat. Allerdings „sah“ ich in einer Meditation das neue Zuhause: Es war weiß. Und zweistöckig.

Ende November machten wir uns auf den Weg zu einem Haus im Umkreis vom Chiemsee. In dem gleichen Ort ist das Jonathanhaus. Ein Seminarhaus gleich um die Ecke? Das klang spannend. Das Haus war weiß – allerdings mit dunklem Holz oben verkleidet („Gilt das?“) und es war etwas zu klein für uns – Stanko braucht ein Atelier zum Malen – doch wir waren bereit die Garage dafür umzubauen. Es könnte passen. Preislich etwas unter unserem Budget, was ja auch sehr angenehm ist. Weiter Blick nach vorne. Nachbarn nach hinten. So wie ich es auf meiner Wunschliste hatte. Die Wegstrecke nach München war über 90 Minuten und auf dem ersten Rückweg hörte ich meine innere Stimme laut und deutlich sagen: „Das wird dir zügig auf die Nerven gehen.“

Wir sprachen darüber, ob wir es nehmen sollen und entschieden uns dafür. Pro – und Contra fanden ihren Platz. Und ich begann um für uns viel zu späte Auszugszeiten, um den Preis, um Dinge die noch gemacht werden müssen mit der Maklerin und der Besitzerin zu verhandeln und merkte, dass ein Teil von mir sich wunderte, was ich hier mache. Nur welcher Teil wundert sich? War es meine Seele, die sich wundert warum meine Persönlichkeit da verhandelt oder war es umgekehrt? Ich beobachtete mich genauer. Schaute mal wieder nach, was mein Körper mir für Zeichen gab und es war ganz klar zu erkennen: Mein Herz war schwer. Das war nicht gut.

Ich bekam einen Anruf von der Maklerin und sie sagte mir, dass ich morgen Bescheid kriegen würde, aber „zu 98% klappt das schon“. Ich legte auf und beobachtete mein Herz. Es wurde schwerer. Mein Liebster und ich meditierten gemeinsam und beide erspürten wir keine Erleichterung. Ich rief die Maklerin an und sagte das Haus ab: „Mein Herz ist zu schwer.“

Bei solchen Sachen ist es immer wieder spannend zu beobachten, was denn die Persönlichkeit/das Ego dazu sagt. Das Ego will umziehen. Das Ego will es erledigt haben. Das Ego hätte schon 20 Häuser vorher zu einem einigermaßen passenden „Ja“ gesagt. Doch die Seele wartet. Sie wartet nicht, weil sie nicht weiß, was passiert. Die Seele wartet, weil die „richtige Zeit“ noch nicht gekommen ist. Die Seele weiß, dass die richtige Zeit kommt. Die Persönlichkeit/das Ego allerdings will fertig werden. Es ist die Herausforderung doch nicht voreilig ja zu sagen. Trotzdem zu warten. Auch wenn es eng wird. Da trennt sich das Wissen von der vagen Ahnung…

Je mehr wir uns umschauten, desto näher wurde uns die Gegend, in der wir schon wohnten. Wir hatten neue Freundschaften entwickelt, die wir gerne behalten wollten. Der Gedanke keimte häufiger und häufiger auf, in der Nähe zu bleiben und der große Kreis, den wir am Anfang gezogen haben wurde sehr viel kleiner.

Ich merkte auch, wie entspannt ich weiterhin blieb. Knapp drei Monate zu unserem Auszug? Okay. Es wird schon ein Zuhause kommen. Ich rief meine Umzugsfirma an, um schon mal einen Termin für den Auszug zu bestimmen: 28. Februar. „Wohin?“ fragte er mich. „Ich weiß es nicht. Aber auf jeden Fall raus.“ Ich lachte. Ich rief die Besitzer unseres jetzigen Zuhauses an und bestätigte ihnen, dass wir auf jeden Fall Ende Februar draußen sind. Auch sie wären erleichtert, wenn wir was finden und erkundigten sich immer mal wieder
rührend.

Ich fing an auszumisten. Ich war ja erst 1 1/2 Jahre vorher aufgrund einer extrem hohen Mieterhöhung aus meiner großen Wohnung in München hier aufs Land zu meinem Liebsten gezogen und war doch erstaunt, was sich da wieder zum loslassen anbot. Ich beschloss zwei Sofas zum aufpolstern zu geben, verschenkte und verkaufte ein paar Dinge. Ich bewegte mich, als wenn ich wüsste, wohin wir hinziehen. Und ich wusste es auch. Im Außen hatte sich noch nichts gezeigt, aber im Inneren war ich mir sicher. Das Haus kommt. Und es kommt rechtzeitig.

Das weiße Haus

Die besorgten Fragen unserer Freude wischte ich mit einem Lächeln vom Tisch. „Es wird schon was kommen. Und das Haus ist weiß. Das habe ich in der Meditation gesehen.“ Und eine weitere Information tat sich auf: „Es kommt in zwei Wochen.“

Dann sahen wir ein Exposé von einem … weißen Haus. 10% über unserem Budget. Aber machbar. Wir konnten es noch nicht besichtigen, denn die Person mit dem Schlüssel war noch zwei Wochen verreist. Wir fuhren trotzdem hin. Schauten uns im Außen um und merkten, das könnte es sein. Ich fing an meine Bank zu informieren, die Unterlagen dazu waren schon seit März dort. Rief meinen Notar an, und sagte ich, dass ich wahrscheinlich noch in diesem Jahr einen Termin bräuchte. Ich verkaufte ein Investment. Ich klickte die Exposés von anderen Häusern, die von Immoscout und Immowelt kamen weg.

Das Haus war unser Haus. Ab dann bewegte sich alles zügig. Einiges musste besprochen und verhandelt werden. Die Besitzer sehr sympathisch. Zwei Tage vor dem Notartermin hörte ich in einer Meditation die Bonanza-Titel-Musik: „Dam dada damm dada damm BONANZA!!!“ – und ich wusste, dass trotz aller letzten Aufregungen zum Trotz wir in dem letzten Galopp waren. Am Tag nach dem Notartermin holte ich einen Leitzordner hervor in dem ich in den letzten vier Jahren Bilder unter dem Motto: „Haus auf dem Land“ gesammelt habe. Immer mal wieder habe ich aus Magazinen Seiten ausgerissen von Treppen, Bädern, Farben, Einrichtungen und natürlich auch von Häusern die mir gefielen. Ich breitete alles auf dem Küchentisch aus und dann fischte ich die Fotos von den Häusern heraus, die ich ausgerissen hatte. Mein Liebster meinte trocken: „Willst du mir sagen, dass wir all diese 35 Bauernhäuser umsonst angeschaut haben?“ Ich lachte. Vor uns in dem Stapel lagen nur Häuser mit großen, hohen Fenstern. Alle hell. Alle moderner. Alle irgendwie gleich und alle so ähnlich wie das Haus, das wir gerade gekauft hatten. Kein einziges Bauernhaus weit und breit.

Dann erinnerte ich mich an den Rat meines Lehrers Solano, der mir vor Jahren sagte: „Sammle, was Dir an Häusern gefällt und nach einer Weile wirst dich deine Sammlung darüber informieren, was du im Tiefsten deines Herzens möchtest.“ Mein Kopf wollte ein altes Bauernhaus. Mein Herz wollte große Fenster und viel Licht. Aber eines wusste alles in mir ganz sicher: Das Haus kommt rechtzeitig. Hier war die Intuition eindeutig: Mein Körper wurde müde. Und mit etwas Aufmerksamkeit ist das einfach herauszufinden. Manchmal allerdings ist die Intuition nicht so klar – meistens dann wenn unser Wunschdenken dem im Weg steht.

Das Haus wurde gekauft und es ging ans Renovieren. Die Vorbesitzer hatten beim Bau Anfang der 90ger Jahre in das ganze Haus goldene Metalltapeten aufgeklebt. Goldene Metalltapeten sind nicht meine Vorstellung von gemütlichem Wohnen und so war es klar, dass dies in irgendeiner Form geklärt werden muss. Was sind die Optionen? Tapeten rausreißen oder übermalen. Mein Liebster wollte übermalen, die Malermeister wollten übermalen – und ich fühlte mich eigenartig dabei. Mein Vater war Raumausstatter und ich habe in meinem Leben viel tapeziert und Böden verlegt und doch hatten wir nur 10 Tage Zeit um das Haus für unseren Einzug vorzubereiten. Das ist nur möglich, wenn wir eine „logische“ Entscheidung treffen: Wir malern drüber.

Logische Entscheidungen sind manchmal sehr praktisch. Aber eben nicht immer. Da beginnt die Herausforderung zwischen Intuition und Ego. Ja, es ist teurer, die Tapeten runterzunehmen. Ja, es kostet enorm viel Zeit. Und ja, wir können nicht pünktlich einziehen. Alles spricht „eigentlich“ dagegen. Gleichzeitig wurde ich plötzlich krank. Ich war schwach, konnte mich kaum bewegen und bekam auch noch Bronchitis und einen Hautausschlag. Was will mir mein Körper sagen? Hatte ich zu viel getan? Was ist die Nachricht? Ich war das letzte Mal in den 90ger Jahren für eine Woche krank. Wieso jetzt? Das wunderbare an der Intuition ist, dass sie sich nicht unterdrücken lässt. Sie gibt uns immer wieder Gelegenheiten zur Korrektur. Mein Körper zeigte mir, was ich vom Haus noch nicht hören konnte. Das überstreichen der Tapeten war nicht so einfach wie gedacht. Die Goldtapete kam weiter durch. Es gab eigenartige Flecken an der neuen beigen Wand, die wie hunderte von Sommersprossen aussahen. Teile der Goldtapete waren mit Holz bearbeitet und die Holzstücke kamen jetzt durch. Die Alternative: Einen besonderen Anstrich, der darübergestrichen wird und 48 Stunden trocknen muss. Ab dann ist „alles dicht“ und „nichts kommt mehr durch.“

Intuition – still und unaufdringlich

Meine Intuition schickte mir sofort ein unangenehmes Gefühl: Nochmal eine Schicht zum Abdecken drüber? Nochmal extra Zeit? Sollen wir die Tapeten nicht doch runternehmen? Die Wände sind alle schon vorgestrichen worden. Die Maler waren enorm fleißig. Und jetzt alles noch mal auf Anfang? Ich bestand darauf im ausgebauten Keller eine Seite der Tapeten runterzunehmen und wir fanden … Schimmel. Wir machten bei einigen anderen Wänden die Tapeten weg und wieder fanden wir Schimmel. Nicht überall, aber auf jeden Fall zu oft. Soll ich einfach nur schauen, wo es sonst noch Schimmel gab? Oder doch alle Tapeten an den ewig hohen Wänden runter? Ich saß am nächsten Morgen vor meinem Hausalter im alten Zuhause und bat das neue Haus sich vor meinem inneren Auge zu zeigen. Es zeigte sich als schöne Frau, die völlig geknebelt war. Ich bekam sofort einen enormen Brechreiz. Die Frau (aka das neue Haus) schickte mir einen Satz: „Ich brauche Luft und ich kann mich nicht bewegen.“ Mir war klar, dass die Tapeten weg müssen. Einige Räume waren schon fertig, wie das große Bad. Und so wollte mein Ego doch noch mal nachfragen: „Kann ich ein paar Räume lassen?“ Ihre Antwort war klar und einfach: „Welchen Körperteil von mir möchtest Du geknebelt lassen?“ Ich lachte laut auf. Plötzlich war es ganz einfach: Ich kann nicht Teile vom Haus geknebelt lassen. Es muss alles weg. Die extra Ausgaben müssen an anderer Seite gespart werden. Dies hier ist wichtiger. Jetzt machte es auch Sinn, dass ich zu müde war, um mich zu bewegen. Es machte Sinn, das ich hustete. Es machte Sinn, dass ich einen Hautausschlag bekam. Mein Körper zeigte mir, wie das Haus sich fühlt.

Ich fuhr zum neuen Haus und bat alle Handwerker zusammenzukommen. Ich bedankte mich für die Arbeit, die sie schon getan haben und erzählte ihnen von meiner Meditation: „Sie helfen mit Ihrer Arbeit unser Zuhause von Fesseln zu befreien. Ich weiß, Sie haben schon viel geleistet und es ist schmerzhaft, das nochmal zu entfernen. Aber ich hoffe Sie wissen, das Sie eine schöne Frau von ihren Fesseln befreien.“ Die Maler nickten. „Ja, dann machen wir das mal,“ sagte einer und holte seine Spachtel raus.

Auch hier hatte ich wieder die Wahl: Auf die Intuition zu hören – die sich jetzt klar zeigte – oder auf die „Logik“. Ich konnte mir gut ausmalen was passieren würde, wenn ich „trotz Intuition“ weitergemacht hätte: Irgendwann einmal (schon eingezogen und eingerichtet, vielleicht krank werdend) hätten wir doch alle Tapeten runternehmen müssen. Und so bin ich enorm dankbar, dass die Intuition mir immer wieder Gelegenheit gibt, selbst alte Versäumnisse zu korrigieren.

Ist das nicht wunderbar?

Jemand schrieb mir eine Email und schickte mir einen Link von einem spirituellen Lehrer. Als ich auf den link klickte, las ich, dass dieser (in der dritten Person) von sich auf seiner Website schreibt, sein ICH ausgelöscht zu haben und nur noch aus purer Liebe und klarem Bewusstsein zu bestehen. Als ich dem Emailschreiber zurückschrieb, dass ich an das „Ich-Auflösen“ nicht glaube, wurde mir geantwortet, dass dies ja „zweitranging“ sei.

Für mich ist es nicht zweitranging. Was eine Person von sich sagt und wie sich diese Person öffentlich mitteilt, ist ein wichtiger Aspekt dieser Person und das zieht Fragen nach sich:

  • Glaube ich, was sie von sich behauptet oder nicht?
  • Halte ich es für möglich, oder nicht?
  • Erscheint es mir als wahr, oder nicht?

Und – wohl die wichigste Frage – was will mir dieser Lehrer damit sagen? Etwas wie: „Ich bin reine Liebe und klares Bewusstsein und deshalb …

a. bin ich weise

b. bist Du gut bei mir aufgehoben.

c. weiß ich alles (besser).

d. bin ich ohne Fehl und Tadel.

e. bin ich erleuchtet.

f. kannst du mir vertrauen.

g. bin ich auf jeden Fall weiter als Du.“

Was sind die Schlüsse die ich daraus ziehen soll? Warum wird das erwähnt?

Ich habe noch nie jemanden getroffen, von dem ich gespürt habe, dass er/sie sein „ICH“ erlöscht bzw. aufgelöst hat. Niemand meiner Freunde und Weggefährtinnen hat jemals jemanden getroffen, von dem sie glaubten, dass deren „ICH“ aufgelöst wurde. Und doch gibt es einige, die das von sich sagen. Meistens wird das in der dritten Person beschrieben. Was ja logisch ist, denn wenn es das „ICH“ nicht mehr gibt, braucht es das wohl.

Es gibt drei Möglichkeiten, warum jemand das von sich sagt. Einmal mag es tatsächlich eine Art von „Erwachen“ gegeben haben und der/ diejenige nimmt dann an, dass ist das endgültige Erwachen. Allerdings gibt es im Erwachen immer weitere Erwachungstiefen. Man stößt also mit dem Kopf an der Decke an und wenn diese Decke durchbrochen ist, glaubt man für eine Weile man ist „jetzt durch“. Nur um dann nach einiger Zeit festzustellen, dass es doch weiter oben noch eine weitere Decke gibt. Hat man nun mitgeteilt, dass man erwacht ist, müsste man jetzt eigentlich sagen: „Sorry Leute, Kommando zurück. Ich dachte, ich bin erwacht, ich dachte mein „Ich“ wäre aufgelöst, aber ich merke, da geht es noch weiter.“

Und die zweite Möglichkeit ist, dass jemand lügt. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Man möchte ein spiritueller Lehrer, eine spirituelle Lehrerin sein. Man braucht Leute, die einen Bewundern. Man wünscht sich Aufmerksamkeit. Das Ego/ICH ist allerdings in diesen Fällen sehr stark ausgeprägt und genau das Gegenteil von dem, was behauptet wird.

Die dritte: Mann/Frau ist egozentrisch/narzisstisch oder sitzt einer Illusion über sich selbst und dem eigenen Zustand auf.

Jeder von uns ist eine unendliche Seele, die sich hier einen menschlichen Körper und eine Persönlichkeit erschaffen hat. Ich glaube, dass es beides braucht. Denn wenn „ICH“ nicht mehr existiert, dann bin ich gestorben. Ich brauche das „ICH“ wie ich meinen Körper brauche. Ohne beides kann ich das Leben nicht erleben. Natürlich kann das ICH reduziert werden. Wie viel reduziert, weiß ich nicht. Ich reduziere meines. Ob ein Ende in Sicht ist, kann ich nicht sagen …lach. Es ist auf jeden Fall weniger als früher.

Der Sinn des Lebens ist es, die Erfahrungen, die wir erleben, durch die Augen der Seele zu betrachten und eben nicht durch die Augen der Persönlichkeit. Das ist ja das spannende daran: Ein „ICH“ zu haben und trotzdem zu wissen, dass dieses ICH nur temporär ist.

Ohne „ICH“ auf Erden zu sein, ist wie ohne Körper Essen zu wollen. Das eine bedingt das andere. Um zu wachsen, brauche ich ein ICH, genauso wie ich zum körperlichen Wachstum einen Körper brauche. Es ist nicht unbedingt das Ziel, das ICH zu verlieren. Im schlimmsten Fall ist das ein Krankheitsbild. Sondern es ist das Ziel mit dem ICH die Weite unserer unendlichen Seele zu begreifen und das ICH/Ego/Persönlichkeit von der Kapitänsrolle in die zweite Reihe zu verfrachten.

Ich kann mein Leben durch die Augen meiner Seele oder durch die Augen meiner Persönlichkeit sehen. Was ist der Unterschied? Wenn ich mein Leben durch die Augen meiner Seele betrachte, dann weiß ich, dass ich eine unendliche Seele bin und hier nur zeitweilig eine menschliche Erfahrung mache. Ich weiß, dass alles, was mir passiert ich erschaffen habe und auf jeden Fall etwas damit zu tun habe. Ich weiß, dass meine Seele mir auf meinem Lebensweg immer wieder Situationen schickt, die mich an Erfahrung reifen lassen. Und ich weiß, dass ich dieses ICH (Ich = Sabrina) am Ende dieses Lebens mit meinen Körper ablege – aber als Seele weiter existiere, also „für immer“ bin.

Sehe ich das Leben durch die Augen meiner Persönlichkeit, empfinde ich mich nur als Sabrina, als ICH. Mir passieren Dinge zufällig und die Anderen sind an vielem Schuld. Das bedeutet, ich empfinde das Leben in weiten Teilen als ungerecht, ohne jeden Sinn und ohne ein Wissen für ein tieferes, weiteres Sein. Weiterhin gilt: Wenn ich das Leben durch die Augen meiner Persönlichkeit sehe, dann suche ich im Außen Bestätigung. Sehe ich durch die Augen meiner Seele, dann finde ich das im Innen.

Das ICH/Ego/Persönlichkeit hat häufig einen schlechten Ruf. Fast wie ein unangenehmer Körpergeruch, den man loswerden möchte. Ich mag mein Ich/meine Persönlichkeit/mein Ego. Genauso wie ich meinen Verstand und meine Gefühle schätze. Diese Anteile von mir sind wundervolle Werkzeuge. Sie unterstützen mich auf meinem Weg und ich bin dankbar dafür, dass ich sie habe.

Ich will sie nicht loswerden. Ich möchte nur nicht von ihnen geführt werden. Das führen übernimmt meine Seele. Das macht für mich den Unterschied aus. Und: Ich habe keine Seele. Meine Seele hat mich.

Trotz allem glaube ich, dass es außergewöhnliche Wesen gibt, die sich von ihrem ICH gelöst haben – ohne dass sie ihren Körper verlassen haben. Ich glaube allerdings auch, dass dies sehr selten zutrifft. Diese Wesen zeigen damit eine andere Möglichkeit auf. Sie zeigen uns damit jetzt schon, wie es sein wird, wenn wir diesen Körper, dieses Leben verlassen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Wesen von sich selbst behaupten würden ohne ICH zu sein – denn die Aussage selbst wäre ihnen völlig unwichtig. Sie SIND einfach. Für alle anderen gilt meiner Meinung nach: Wenn wir glauben, das ICH aufgelöst zu haben, haben wir es noch …

 

 

Am Ende dieses Blogs habe ich mir die Frage gestellt, warum ich eigentlich darüber schreibe. So ein Blog entwickelt sich. Er wird nicht einfach „heruntergeschrieben“. Das braucht ein paar Tage. Es gibt die ersten Absätze. Ein nehrmaliges Lesen. Ein Verändern. Ein Hinzufügen. Je länger ich daran geschrieben habe, desto weniger stark war der Wunsch es zu veröffentlichen. Fast, als hätte der erste Impuls sich gelöst.

Was war mein erster und mein letzter Impuls?

Mein erster Impuls ist oft, dass mir bei solchen Aussagen („Das ICH wurde ausgelöscht und reines Bewusstsein und pure Liebe bleiben bestehen“), die Haare zu Berge stehen. Es entsteht in mir eine Art Aufruhr. Ziemlich sicher deswegen, weil ich dieses „Heiligenbild“ für unglaubwürdig halte. Daraus entsteht der zweite Impuls, der des Schreibens.

Schreiben klärt. Schreiben löst. Schreiben ist eine wunderbare Möglichkeit seine Gedanken aufs Papier zu bringen und dadurch zu ordnen.

Wird diesem Impuls gefolgt … verändert sich etwas. Es beginnt damit, dass etwas in mir dafür sorgt, dass ein Finger immer knapp über der „Lösch-Taste“ schwebt. Schreiben, Nachdenken, Abwägen – was stürmisch begann wird stiller. Man könnte es mit dem Weg vom Ego/Persönlichkeit zur Seele vergleichen. Meine Persönlichkeit wollte und will darüber schreiben. Daher kommen die ersten Impulse. Meine Seele hingegen ist ganz entspannt: „Leute erzählen Geschichten über sich. Das ist nur eine Geschichte, die jemand über sich selbst erzählt… “

 

Ja, ich weiß und dann schmunzeln wir gemeinsam darüber: Meine Seele und meine Persönlichkeit.

 

So schwebt auch jetzt der Finger über der Löschtaste. Ist der Blog lesenswert? Interessant? Unwichtig?

Ich weiß es nicht. Vielleicht für den einen oder anderen. Vielleicht aber auch gar nicht. Und dann spüre ich in mich, warte … und dann zieht es meinen Finger weg von der Löschtaste und ich drücke auf Veröffentlichen.

 

 

 

 

 

Im März des gerade vergangenes Jahres schrieb ich einen Blog zum Thema: Wenn die Seele durch den Körper spricht. Der Inhalt kurz zusammengefasst: Wir waren damals auf der Suche nach einem neuen Zuhause – es gab Eigenbedarf – und wir suchten nach Bauernhäusern und Vierkanthöfen. Ich beschrieb, wie mein Körper bei Häusern reagierte, die nicht für mich passen: Er schickte mich in die Erschöpfung. Ich wurde – kaum hatte ich das besichtigte Haus verlassen – sofort extrem müde und musste mich hinlegen. Mehr als einmal hielt ich den Wagen an und wechselte auf die Beifahrerseite, um unter den anfangs besorgten Augen meines Liebsten sofort in einen erschöpfenden Tiefschlaf zu fallen.

Wir hatten ein Jahr Zeit – also bis Ende Februar 2018 – um etwas Neues zu finden. Oft wünschen wir uns allerdings eine schnelle, eine „sofortige“ Lösung. Wir Menschen haben es gerne aufgeräumt.

Aber es braucht Zeit.

Die richtige Zeit.

Es wurde Sommer und wir fanden nichts. Manchmal wurde ich schon müde, wenn ich nur ins Auto einstieg, um ein neues Objekt anzuschauen und ich wusste, den Weg kann ich mir eigentlich sparen. Ich machte es trotzdem. Einmal meinem Liebsten zu Liebe, der das Gefühl brauchte, dass wir etwas aktiv unternahmen und wir erfuhren auch jedes Mal etwas Interessantes: Manchmal die Gewissheit, dass die Gegend garantiert nichts für mich, nichts für uns ist. Manchmal eine Klärung für das, was man unbedingt braucht. Manchmal war es einfach ein schöner Ausflug in unser bayerisches Hinterland. Manchmal traf man nette Leute, mit denen man sich austauschen konnte.

Doch nie gab es in mir das Gefühl: „Ja, da gehöre ich hin.“ Meinem Liebsten passierte es öfter. Es gab zwei, drei Häuser, die er sich gut hätte vorstellen können und mein Kopfschütteln war auch immer mit einer Besorgnis über eine weitere Enttäuschung für ihn verbunden. Er nahm es gelassen. Diese gemeinsamen Entscheidungen haben ihre eigenen Qualitäten. Was brauche ich? Was brauchst Du? Was brauchen wir gemeinsam? Immer auch verbunden mit dem Impuls sich selbst treu zu bleiben und die tiefe Gewissheit, dass wir im Umland von München etwas finden werden, was für uns beide passt. Dabei natürlich auch immer ein tiefes beiderseitiges Verständnis, wenn es ein Haus gab, dass ich mir so gar nicht, er sich aber so gut vorstellen konnte.

Gleichzeitig wurde mir klar, dass es die Mischung ist, die ich brauche. Einen Teil meiner Zeit auf dem Land und einen Teil meiner Zeit in meiner Heimatstadt München zu verbringen. Die Stadtwohnung zeigte sich schnell – in sich ein kleines Wunder …

Es wurde Herbst und wir suchten immer noch etwas Gemeinsames auf dem Land. Ich hatte schon von Anfang an das Gefühl, dass es Oktober, November wird und der Oktober ging vorbei, ohne dass sich etwas auftat. Allerdings „sah“ ich in einer Meditation das neue Zuhause: Es war weiß. Und zweistöckig.

Ende November machten wir uns auf den Weg zu einem Haus im Umkreis vom Chiemsee. In dem gleichen Ort ist das Seminarhaus Jonathan. Ein Seminarhaus gleich um die Ecke? Das klang spannend. Das Haus war weiß – allerdings mit dunklem Holz oben verkleidet („Gilt das?“, fragte ich mich) und es war etwas zu klein für uns – Stanko braucht ein Atelier zum Malen – doch wir waren bereit die Garage dafür umzubauen. Es könnte passen. Preislich etwas unter unserem Budget, was ja auch sehr angenehm ist. Weiter Blick nach vorne. Nachbarn nach hinten. So wie ich es auf meiner Wunschliste hatte. Die Wegstrecke nach München war über 90 Minuten und auf dem ersten Rückweg hörte ich meine innere Stimme laut und deutlich sagen: „Das wird dir zügig auf die Nerven gehen.“

Wir sprachen darüber, ob wir es nehmen sollen und entschieden uns dafür. Die Nähe des Chiemsees war verlockend. Pro und Contra fanden ihren Platz. Und ich begann zu verhandeln – um eine Auszugszeit im Februar, statt im Juli; um Dinge die noch gemacht werden müssen – und merkte, dass ein Teil von mir sich wunderte, was ich hier mache. Nur welcher Teil wunderte sich? War es meine Seele, die sich wunderte warum meine Persönlichkeit da verhandelt oder war es meine Seele, die verhandelt und meine Persönlichkeit sich wunderte was wir hier machen?

Ich beobachtete mich genauer. Schaute mal wieder nach, was mein Körper mir für Zeichen gab und es war ganz klar zu erkennen: Mein Herz war schwer.

Das war nicht gut.

Ich bekam einen Anruf von der Maklerin und sie sagte mir, dass ich morgen Bescheid kriegen würde, aber „zu 98% klappt das schon“. Ich legte auf und beobachtete meinen Körper. Der ganze Oberkörper fühlte sich dicht und schwer an. Mein Liebster und ich meditierten gemeinsam und beide erspürten wir keine Erleichterung. Ich rief die Maklerin an und sagte das Haus mit den Worten ab: „Mein Herz ist zu schwer.“

Bei solchen Sachen ist es immer wieder spannend zu beobachten, was denn die Persönlichkeit/das Ego dazu sagt. Das Ego will umziehen. Das Ego will es erledigt haben. Das Ego hätte schon 20 Häuser vorher zu einem einigermaßen passenden „Ja“ gesagt.

Doch die Seele wartet. Die Seele wartet, weil die „richtige Zeit“ noch nicht gekommen ist. Die Seele weiß, dass die richtige Zeit kommt. Die Persönlichkeit/das Ego allerdings will fertig werden. Es ist die Herausforderung doch nicht voreilig ja zu sagen. Trotzdem zu warten. Auch wenn es eng wird. Da trennt sich das Wissen von der vagen Hoffnung …

Je mehr wir uns umschauten, desto näher wurde uns die Gegend, in der wir schon wohnten. Wir hatten neue Freundschaften entwickelt, die wir gerne behalten wollten. Der Gedanke keimte häufiger und häufiger auf, in der Nähe zu bleiben und der große Kreis, den wir am Anfang gezogen und in dem wir gesucht hatten, wurde sehr viel kleiner.

Ich merkte auch, wie entspannt ich weiterhin blieb. Knapp drei Monate zu unserem Auszug? Das Hauskaufen ist da noch gut zu schaffen. Ich rief meine Umzugsfirma an, um schon mal einen Termin für den Auszug zu bestimmen: 28. Februar. „Wohin geht es?“ fragte er mich. „Ich weiß es nicht,“ lachte ich, „aber auf jeden Fall raus.“  Ich rief die Besitzer unseres jetzigen Zuhauses an und bestätigte ihnen, dass wir auf jeden Fall Ende Februar draußen sind. Auch sie hofften mit uns. Jemand meinte, wir könnten doch bestimmt noch länger drin bleiben, wenn wir eben bis Ende Februar noch nichts gefunden haben. Das kam für uns nicht in Frage. Wir ziehen aus. Wir haben lange genug Zeit bekommen.

Ich fing an Schränke und Schubladen von unwichtigem zu trennen und sortierte aus. Ich war ja erst 1 1/2 Jahre vorher aufgrund einer extrem hohen Mieterhöhung aus meiner großen Wohnung in München zu Stanko aufs Land gezogen und war doch erstaunt, was sich da wieder zum loslassen anbot. Ich beschloss zwei Sofas zum aufpolstern zu geben, verschenkte und verkaufte ein paar Dinge. Ich bat Stanko ebenfalls „Umzugsbewegung“ in unser Leben zu bringen. Auch er fing an wegzugeben, aufzuräumen, auszusortieren. Damit öffneten wir unsere Energien Richtung Umzug, Richtung neues Zuhause.

Ich bewegte mich, als wenn ich wüsste, wohin wir ziehen. Im Außen hatte sich noch nichts gezeigt, aber im Inneren war ich mir sicher. Die besorgten Fragen unserer Freude beruhigte ich: „Das Haus kommt, da bin ich mir sicher. Und das Haus ist weiß. Das habe ich in einer Meditation gesehen.“ Und eine weitere Information tat sich auf: „Es kommt in zwei Wochen.“

Dann sahen wir ein Exposé von einem weißen Haus. 10% über unserem Budget. Aber machbar. Wir konnten es noch nicht besichtigen, denn die Person mit dem Schlüssel war noch zwei Wochen verreist. Wir fuhren trotzdem hin. Schauten uns im Außen um und merkten, das könnte es sein. Ich fing an meine Bank zu informieren, die Unterlagen dazu waren schon seit März dort. Rief meinen Notar an, und sagte ihm, dass ich wahrscheinlich noch in diesem Jahr einen Termin bräuchte. Ich verkaufte ein Investment, das ich schon vorbereitet hatte. Ich bekam weiterhin automatisch Angebote von Immoscout und Immowelt, die ich bis dato aufmerksam studierte, aber jetzt löschte ich sie fast immer ungesehen.

Als wir es besichtigen konnten, war es klar: Das Haus war unser Haus. Ab dann bewegte sich alles zügig. Einiges musste besprochen und verhandelt werden. Die Besitzer sehr sympathisch. Zwei Tage vor dem Notartermin hörte ich in einer Meditation die Bonanza-Titel-Musik: „Dam dada damm dada damm BONANZA!!!“ – und ich wusste, dass trotz aller letzten Aufregungen zum Trotz wir in dem letzten Galopp waren.

Am Tag nach dem Notartermin holte ich einen Leitzordner hervor, in dem ich in den letzten vier Jahren Ausschnitte unter dem Motto: „Haus auf dem Land“ gesammelt hatte. Immer mal wieder habe ich aus Magazinen Seiten von Treppen, Bädern, Farben, Einrichtungen und natürlich auch von Häusern herausgerissen, die mir gefielen. Ich breitete alles auf dem Küchentisch aus und dann fischte ich die Fotos von den Häusern heraus. Als sie da so vor uns lagen und wir beide darauf schauten, lachte ich laut auf.

Mein Liebster meinte trocken: „Willst du mir sagen, dass wir 35 Bauernhäuser umsonst angeschaut haben?“

Häuser-mit-großen-Fenstern

Ich nickte. Vor uns auf dem Tisch lagen nur moderne Häuser mit großen, bodenhohen Fenstern. Alle hell. Alle irgendwie gleich und alle so ähnlich wie das Haus , dass wir gerade gekauft hatten. Kein einziges Bauernhaus weit und breit. Sofort erinnerte ich mich an den Rat meines Lehrers Solano, der mir vor Jahren sagte: „Sammle, was Dir an Häusern gefällt und nach einer Weile wirst deine Sammlung dich darüber informieren, was du im Tiefsten deines Herzens möchtest.“

Mein Kopf wollte ein altes gemütliches Bauernhaus.

Mein Herz wollte bodentiefe Fenster, viel Licht und Weite.

Aber alles in mir wusste: Das richtige Haus kommt. Intuition ist Wissen. Je mehr wir unserem Seelenweg vertrauen, desto klarer wird er für uns. Früher wäre mir das nicht möglich gewesen. Ich wäre emotional tagtäglich durchgeschleudert worden. Ich hätte mir Sorgen gemacht, imaginäre Probleme gewälzt, mich in möglichen Szenarien verloren, schlaflose Nächte gehabt.

Es ist wahr, ein waches Leben macht das Leben einfacher. Das zu erleben öffnet das Herz für eine große Dankbarkeit.

 

 

Das Foto ist ein Blick aus meinem Büro. Ich schaue auf einen Friedhof. Ich mag Friedhöfe. Nicht nur, weil die Nachbarn ruhig und entspannt sind und ich trommeln und singen kann soviel ich will – sondern auch weil mich das Bewusstsein über das Leben und das Sterben … beruhigt. Ich gehe auch gerne über Friedhöfe. Ich mag die Stimmung dort. Die Berührung mit gelebtem Leben und verabschiedeten Leben. Hier auf dem Land werden die Gräber enorm gepflegt. Unser Friedhof ist der am meisten frequentierte Platz in unserem kleinen Ort. Ich selbst möchte nicht so bestattet werden. Ein Friedwald entspräche mir mehr – aber eigentlich ist es mir nicht wichtig, was mit meinem dann abgelegten Körper passiert.

Ich denke oft über das Sterben nach. Nicht mit Angst und auch nicht mit Sorge. Es ist eher eine Neugierde, wie ich die Zeit erschaffen werde – oder wie sie mich erschafft. Wir sind gerade auf Haussuche und ich stelle fest, dass ich öfters auf die Möglichkeit von „barrierefrei“ und „extra Zimmer für die Pflegekraft“ angesprochen werde und dies zu meinem großen Erstaunen einige meiner Freunde jetzt schon mit knapp 60 Jahren in Erwägung ziehen. Vor ein paar Tagen hatten wir Freunde zum Brunch und jemand erzählte von Alzheimer und Rollstuhl, als wäre das der „normale“ Weg zum Sterben. Ich glaube, dass Alzheimer zurückgehen wird, denn dies ist eine Krankheit passend für die Generation des 2. Weltkrieges und der ersten Nachkriegsgeneration. Das waren Generationen die vergessen wollten. Und dass sie das Vergessen jetzt am Ende ihres Lebens einholt, scheint mir nicht ungewöhnlich. Bei einem anderen Freund musste sich sein Vater gerade mit einem rapide verschlechternden Gesundheitszustand auseinandersetzten, der absehbar zum Sterben führt. Er sagte zu seinen erwachsenen Kindern: „Ich bin da noch nicht, wo ihr seid.“ – Der Eindruck entstand, dass er sich mit der Möglichkeit seines Sterbens noch nicht wirklich auseinandergesetzt hat.

Das ist offensichtlich nicht selten. Für mich ist das erstaunlich. Nicht über das Sterben nachzudenken, ist für mich wie nicht über das Essen nachzudenken. Es gehört zum Leben dazu.

Meine Tochter war ca. 10 Jahre alt und zum ersten Mal in ihrem Leben krank. Sie lag fiebrig im Bett und schaute mich besorgt an, denn so kannte sie ihren Körper nicht: „Mama, werde ich sterben?“

„Ja“, antwortete ich. Dann streichelte ich ihr übers Gesicht, küsste sie und meinte: „Aber nicht heute und nicht daran.“ Diesen Satz benutze ich häufiger. Es ist erstaunlich, wie oft er passt …

Wir werden sterben. Ich kann zum Beispiel morgen von einem Bus überfahren werden. Warum morgen? Weil ich heute Abend nicht mehr aus dem Haus gehen werde. Ich glaube nicht, dass ich von meinem Tod überrascht werde. Ich nehme an, ich werde es vorher wissen. Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die meisten von uns von ihrem Tod nicht überrascht werden. Da gibt es zumindest eine Vorahnung. Ein Aufräumen. Mit manchen meiner Freunde hatte ich vorher längere Gespräche und sie erzählten mir von ihrem Wissen um den Abschied. Wenn wir nicht auf der Verstandesebene leben, sondern auf unserer Seelenebene, dann wissen wir, wenn es Zeit ist zu gehen.

Als ich mit meiner Tochter schwanger war (1988) waren mein damaliger Mann und ich im Urlaub in Südfrankreich und haben dort Freunde besucht. Auf dem Weg nach Hause nahmen wir einen Helikopter, der uns zum Flughafen bringen sollte. Die Koffer waren aufgereiht vorne neben dem Piloten auf dem Co-Pilotensitz. Wir saßen auf den Rücksitzen. Es war mein erster Flug in einem Helikopter und ich war dementsprechend aufgeregt. Ich war von dem Lärm überrascht den so ein Helikopter macht und schaute neugierig nach unten. Wir flogen über das Meer zu der anderen Stadt um dort unser Flugzeug zu erwischen. Einen Augenblick später verloren wir rapide an Höhe und ein Blick nach unten zeigte mir, dass wir in den nächsten Sekunden ins Wasser stürzen würden.

Ich legte einen Arm über meinen damaligen Mann und die andere Hand auf meinen hochschwangeren Bauch und dachte überrascht: „Das war es schon? Dieses Leben war aber kurz!“

Ich sah den Piloten wie er sich über den Nebensitz schmiss, um die Seitentür, die wohl durch die aufgeschichteten Koffer aufgegangen war, wieder zuzuziehen. Wir kamen kurz vor Aufprall im Meer wieder nach oben.

Ich war völlig ruhig. Obwohl ich damals noch nicht mit meinem spirituellen Training begonnen hatte, hat mich etwas Wahres berührt.  Ich erlebte mich als Seele: Wissend um die Unendlichkeit des Seins und gleichzeitig um die Endlichkeit des menschlichen Lebens. Sterben gehört zum Leben dazu und ähnelt dem Einschlafen und … wieder Aufwachen. Einschlafen im alten Leben und aufwachen im neuen Sein.

Einige Freundinnen und Freunde von mir sind schon voraus gegangen und natürlich auch Tiere, die zu unserem Familienverbund gehörten. Es ist, glaube ich, notwendig sich immer mal wieder Gedanken darüber zu machen, dass wir sterben werden und … wie wir bis dahin leben wollen. Wenn wir jünger sind, sind wir beschäftigt: Erwachsen zu werden, Liebe zu erleben, sich kreativ auszudrücken, Karriere zu machen, eine Familie zu gründen, sich finanziell auf stabile Beine zu stellen, Freundschaften aufzubauen, Geschehnisse zu heilen, Pläne zu machen, sich selbst und seinen Körper kennenzulernen, sich in einer Gemeinschaft einzubringen, sich zu entwickeln und zu lernen.

Wenn wir älter werden, uns selbst besser kennen und erkannt haben was für uns persönlich wichtig ist, dann gibt es immer wieder Phasen, in denen wir uns verändern. In denen es „updates“ braucht, die unser Leben in eine andere Richtung schicken. Im Idealfall zeigen wir uns so wie wir wirklich sind. Wir haben die „Rollen“ abgelegt, die früher für uns so wichtig waren. Wir haben abgelegt, wie wir gesehen werden wollen und zeigen uns jetzt so, wie wir wirklich sind. Wir haben uns innere Freiheit erschaffen und erfreuen uns an dem Leben so wie wir es uns kreiert haben. Wir erkennen unsere Schwächen und gehen nicht nur mit Anderen, sondern auch mit uns Selbst aufmerksam und liebevoll um. Und ja, wir sind vielleicht nicht mehr so knackig wie früher, aber das ist jetzt auch nicht mehr so wichtig. Der Unterschied zwischen äußerer Hülle und innerem Sein ist klarer geworden. Wir sind älter geworden und es ist schön, wenn wir uns immer noch freudig lächelnd im Spiegel betrachten und nicht mit einem: „Oh mein Gott, wie siehst Du denn aus?“

Gestern sah ich im Fernsehen ein Konzert, von einer Sängerin, die ich sehr bewundere. Ihre lange Karriere umfasst 60 Jahre. Manchmal, wenn man Menschen wiedersieht, die man lange kennt – Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, Nachbarn oder Prominenz – ist man überrascht, wie sie jetzt aussehen. Wir haben sie fitter, jünger in Erinnerung. Ich bin sicher, dass geht dem einen oder anderen auch bei mir so.

Da gibt es diesen Gedanken: „Oh ja, sie/er ist alt geworden“ oder die andere Variante: „Um Himmels willen, was ist denn da passiert?“ Geschuldet übertriebenen Schönheitsoperationen, Faltenunterspritzungen etc. pp.

Meine von mir so bewunderte Künstlerin – immerhin Mitte 70 – hatte einen so faltenfreien Hals, dass er wie retuschiert wirkte. Die Haare so blond wie bei einer Barbiepuppe. Unter dem runden und glatten Gesicht konnte ich nur noch Spuren von früher erkennen. Es dauerte eine Weile bis ich meine – Überraschung?/Enttäuschung? – ablegen konnte, und mich wieder auf ihre Stimme und ihre Begabung konzentrierte. Schade fand ich es trotzdem. Ich stellte sie mir grauhaarig vor. Mit ihren natürlichen Falten. Ich hätte das schön gefunden. Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, dass jede das Recht hat, mit ihrem Körper das zu machen, was sie möchte. Und doch war ich davon begeistert, dass sie immer noch das machte, was ihr und uns – ihren Fans – offensichtlich Freude bereitet: Sie singt. Sie steht auf einer Bühne. Sie geht auf Tour. Sie ist nach wie vor eine begnadete Entertainerin.

Sie hat einfach nicht aufgehört, dass zu tun, was ihr Freude macht und das ist eine großartige Inspiration für uns alle.

Auf meiner Facebook Seite poste ich immer mal wieder Videos von alten Frauen und Männern, die fit sind. Yoga mit 90 machen. Mit 105 noch Theater spielen. Frauen, die Bogenschießen mit 70 gelernt haben und mit 90 Unterricht geben. Neueste Untersuchungen zeigen, dass unsere Aktivität, unser Wohlbefinden, unser „gutes Altern“ daran liegt, wie fit wir Gehirn und Körper halten. Je beweglicher wir uns halten – unser Gehirn, unseren Körper, unsere Gedanken – desto beweglicher bleiben wir. Doch dazu müssen wir uns – tja ratet mal: Wir müssen uns BEWEGEN! Die innere Faulheit ist da nicht immer unser bester Freund.

Natürlich kommt es auch darauf an, wie wir uns unser Alter vorstellen.

Rollstuhl und Alzheimer oder Yoga und Kunst?

Anti-Age oder Pro-Age?

Wie möchten wir altern? Wie möchten wir im Alter aussehen? Was möchten wir alt noch tun? Viele von uns gehen den Weg von kurzer kindlicher Freude zu einem langen ernsthaften und sorgfältigen Leben voller Pflichten und Verantwortung. Ab 30 ist von Freunde manchmal nicht mehr viel übrig: Es geht um Karriere, Sicherheit, Status. Es ist eine Herausforderung, die kindliche Freude nicht zu verlieren. Es ist eine Herausforderung, weiterhin bereit sein, sich möglichen Lächerlichkeiten hinzugeben. Es ist eine Herausforderung, aus der Masse herauszustechen. Und doch ist keiner von uns „Masse“. Wir sind alle wunderbare, individuelle, kreative, spannende Menschenwesen und je mehr Freude wir zulassen, desto mehr davon verbreiten wir in der Welt.  Mehr Freude zuzulassen war für mich eine Herausforderung. Ich war Mitte 30 als ich erkannte, dass ich viel zu wenig davon hatte und wenn ich so weitermache wie bisher, ich zwar enorm organisiert, aber auch enorm unglücklich werde. In einer Meditation sagten wir damals meine Engel, ich solle einmal die Woche etwas machen, dass mir Spass macht. Ich setzte mich hin und wollte eine Liste machen von den Dingen, die mir Freude machen – und zu meinem Entsetzen fiel mir nichts ein. Ich wusste nicht mehr, was mir Spass macht! Ich hatte mich in der Verantwortung verloren. Ich war darüber überrascht. Aber nicht nur das. Ich war entsetzt! Wie kann es sein, dass ich nicht mehr weiß, was mir Freude macht?

Ab dann fing ich an, mich um mehr Freude in meinem Leben zu kümmern. Ich begann Bildhauerei zu studieren. Ich sang wieder mehr. Ich lud zu Spieleabenden ein. Ich genoß Zeit im Garten. Ich passte auf, dass ich bei allem, was ich tun musste,  ich auch noch dazu kam, zu tun, was ich wirklich tun wollte.

Ich werde immer besser darin. Mit meinem Singen, meinem Trommeln, meinem Nia tanzen erschaffe ich mir immer wieder mehr Raum für Freude.

Freude um eben auch das Alter zu genießen. Macht jemand mit?

 

 

 

 

 

Ich gab einen Workshop zum Thema „Achtsamkeit und Intuition“ und gegen Ende gab es eine Frage-Runde. Ich erzählte zur Veranschaulichung von „Intuition-ist-gleich-Wissen“ von unserer Haussuche. Seit März suchen wir ein neues Zuhause auf dem Land, weil wir Ende Februar wegen Eigenbedarfs ausziehen werden. „In mir ist dieses starke Gefühl, dass das richtige Zuhause kommen wird. Das ist ein tiefes, inneres Wissen und ich verlasse mich darauf und deshalb bin ich da ganz entspannt.“

„Und er?“ wurde ich gefragt. „Wie geht er damit um?“

„Er hat seine eigenen Gefühle dazu, die unter anderem auch daher kommen, dass er mal eine Zeit im Kinderheim verbracht hat. Ein Zuhause hat für ihn eine andere Bedeutung. Für ihn ist es schwerer.“

„Das ist dann bestimmt schwierig zwischen euch.“

Ich schaute völlig überrascht in die Runde: „Nein. Warum?“

Ich verstand die Aussage nicht, sah aber, dass mehrere der ca. 50 Teilnehmer nickten und offensichtlich davon ausgingen, dass das so sein müsste. Ich fragte zurück: „Warum soll es da ein Problem zwischen uns geben? Er fühlt, was er fühlt. Ich fühle, was ich fühle.“

„Ach soooo…“.

Einige Paare schauten sich an, als wäre ihnen gerade ein Licht aufgegangen: Eine andere Meinung, ein anderes Gefühl muss nicht zwangsläufig ein Problem sein. Es wird nur dann ein Problem, wenn ich nicht akzeptiere – oder nicht akzeptieren will – warum meine Liebste, mein Liebster etwas anderes fühlt als ich. Er wie ich sind völlig entspannt mit dem Zustand des Anderen. Ich muss seinen nicht ändern, er meinen nicht. Beides würde uns im Traum nicht einfallen. Wozu auch? Wir sind nicht verantwortlich für das Innenleben des Anderen. Ich bin dafür zuständig mit meinen Gefühlen, meinen Wünschen, meinen Gedanken und meinen Ängsten umzugehen. In einer innigen Paarbeziehung teilt man sich mit. Das war es aber auch schon. Der Rest ist meine bzw. seine Verantwortung.

Eine meiner Bekannten hat gerade ein Problem mit ihrem Verlobten. Sie kann besser mit Geld umgehen als er. Er trifft teure Entscheidungen, die sie sich nicht leisten können. Für ihn ist aber die Entscheidungsgewalt über das gemeinsame Geld eine Frage seiner Männlichkeit. Er wirft ihr vor „immer Recht zu haben“. Tja. Das hat sie finanziell nun mal. Sie sah die bisherigen Problematiken voraus, an denen sie jetzt knabbern und sie befürchtet, dass wird so weiter gehen. Er hat enorme andere Talente. Die er aber selbst nicht wirklich schätzt.

Was haben sie am Anfang aneinander geschätzt? Sie, dass er zupacken kann und nicht zögert. Er, dass sie patent ist.

Zur Erinnerung: Am Anfang einer Beziehung werden wir in der Regel von jemandem angezogen, der eine Eigenschaft hat, die uns fehlt, denn wir als Seele wünschen uns Wachstum. Also beispielsweise eine die sehr quirlig, aktiv und spontan ist, wünscht sich vielleicht mehr Stabilität und Ruhe. Dann wird ein Partner/In auftauchen, der/die genau das ausstrahlt. Denn andersherum wünscht sich der/diejenige der Stabilität und Ruhe kennt, sich vielleicht mehr Lebendigkeit und Schwung. Voila!

Ideal – würde ich sagen. Denn jetzt in diesem Idealfall lernen beide voneinander. Der Ruhigere wird von dem Schwung inspiriert und erlaubt sich mehr Aktivität. Die Aktive wird von der Gelassenheit inspiriert und erlaubt sich mehr Ruhe. Beide unterstützen sich gegenseitig in diesem gemeinsam Erkennen der Begabungen des Anderen und dem Wunsch nach mehr Gleichgewicht und innerer Harmonie.

In einem erwachten Paar entstehen eine gegenseitige Freude und eine Dankbarkeit für die Begabung des Anderen und eben auch der Wunsch das Gegenüber beim Bewussterwerden zu unterstützen. Das ist eine Beziehung ähnlich wie zwischen Augen und Ohren. Der eine hat, was der andere nicht hat. Gemeinsam sind sie ein hervorragendes Team. Augen wie Ohren wären füreinander wahrscheinlich dankbar – wenn sie ein eigenständiges Bewusstsein hätten. Natürlich hinkt der Vergleich, denn Augen werden niemals hören können und Ohren niemals sehen, aber wir – als Paar – haben die Möglichkeit unsere jeweiligen Schwächen und Stärken in ein größeres Gleichgewicht zu bekommen.

Falls jemand quirlig ist und zu kurzfristigen, unüberlegten Entscheidungen neigt, kann der ruhigere Partner unterstützen und zwar mit einem: „Liebste, du hattest Dir doch gewünscht, bei spontanen Entscheidungen Dir nochmal die Zeit zu nehmen, um etwas länger darüber nachzudenken. Hast Du das schon gemacht?“ Oder anders herum: Der Ruhigere kommt nicht in die Gänge und die Aktivere schlägt vor „Liebster, wolltest Du Dir das nicht abgewöhnen zu lange zu zögern, weil dann eventuell die Gelegenheit vorbei geht. Ist das vielleicht gerade so ein Moment?“

Das ist also der ideal Fall.

Dann gibt es die anderen Fälle. Und die laufen meistens so ab: Das, was uns am anderen angezogen hat, geht uns jetzt auf die Nerven. Die ursprüngliche Ruhe und Gelassenheit, die wir am Anfang so geschätzt haben wird zum: „Der kriegt seinen Arsch nicht hoch.“ Das Lebendige, das uns mal begeistert hat, wird jetzt zum: „Sie nervt. Die kann keine Sekunde ruhig sitzen bleiben.“

Somit ist die Gelegenheit zum gegenseitigen Wachstums zu einer weiteren Gelegenheit zur Trennung geworden. Den Anderen so zu akzeptieren wie er ist, reduziert sich nicht auf ein Schulterzucken und ein leicht resignierendes „Tja, so ist er/sie eben“. Sondern ein aktives Nutzen der Geschenke des Anderen – nicht nur zum beidseitigen Wohl, sondern auch zum Wohle aller, die in der Nähe dieses Paares sind.

Großartig, nicht wahr?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was ist für uns Erfolg? Manchmal haben wir eine überholte Vorstellung davon, wie wir unser Leben gestalten wollen und was für uns Erfolg oder Meisterschaft oder ein glückliches Leben ist. Gelegentlich braucht es ein Update. Früher, als ich noch Fernsehmoderatorin war, war Erfolg einfach definiert: Jede Menge Anfragen, interessante Sendungen,  viele Zuschauer, gesellschaftliche Anerkennung, gesicherte Finanzen, begeisterte Presse – das war dann Erfolg. Dann, als ich spirituelle Lehrerin wurde, empfand ich Erfolg plötzlich als zweigeteilt: Meine eigene erfolgreiche persönliche Entwicklung und eine erfolgreiche Unterstützung für andere in deren Entwicklung. Und auch da hat sich viel getan. Dazu brauchte es schon vor Jahren ein update: Ich war früher darin investiert, ob das, was ich vorschlug, auch gemacht wurde. Ihr kennt das wahrscheinlich auch ;-). Heute liegt ein großer Fokus darin, nur dann Rat zu geben, wenn er auch angefragt wird. Ob die/derjenige das dann macht oder nicht macht, geht mich schlichtweg nichts an. Es ist nicht mein Leben und damit auch nicht meine Entscheidung.

Immer mal wieder habe ich revidiert was „Erfolg“ ausmacht. Immer wieder nachgeforscht was es JETZT braucht. Wie es sich JETZT anfühlt und nicht vor zwanzig Jahren. Vor kurzem hörte ich im Radio von einer Umfrage von Teenagers (leider habe ich sie nicht gefunden) was sie werden wollen und da gab es eine Überproportion von „Models“ und „berühmt werden“ und „reich werden“.

In Zeiten von Instagram, Facebook, Snapchat u.ä. wird die Außenwirkung noch stärker wahrgenommen. Ich habe eine private und eine berufliche Facebook-Seite. Auf meiner privaten sind Familienmitglieder, enge Freunde und nur Menschen, die ich auch im richtigen Leben treffe. Oft hat man bei den Fotos, die man von Anderen auf Facebook sieht, den Eindruck, dass viele ein entspanntes Leben aus Urlaub, tollem Essen und netten Haustieren führen. Und doch kenne ich die andere Seite, denn ich bin mit meinen privaten Facebookfreunden eben auch richtig befreundet und das was berührt, herausfordert, mitnimmt, wird selten für alle Welt zu sehen auf Facebook geteilt.

Erfolg war in meinem Leben früher ebenfalls enorm von Außen definiert. Komme ich an? Mag man mich? Bekomme ich die Anerkennung, die ich mir wünsche? Wie sind die Kritiken? Selbst als ich anfing spirituelle Bücher zu schreiben – und damals vor 25 Jahren kam das einem beruflichen Suizid gleich – wünschte ich mir trotzdem Anerkennung von außen. Natürlich möchte man als Autorin, dass jemand die Bücher liest, die man schreibt und doch weiß ich, dass ich sie auch schreiben würde, wenn ich die einzige wäre, die sie liest. Warum? Weil sie mir gut tun. Weil sie mir helfen meine Gedanken zu ordnen. Weil Schreiben immer auch eine Form des persönlichen Ausdrucks und der inneren Klarheit ist.

Gerade heute fühle ich mich sehr erfolgreich und es ist erst 11.40 Uhr. Ich habe mir ein freiberufliches Leben erschaffen, das immer mal wieder seine Herausforderungen hat und doch mir die Freiheit meiner Zeit gibt. Für mich ein wichtiges Kriterium. So kann ich mich – manchmal vergesse ich das allerdings kurzfristig (lach) – immer mal wieder fragen, was ich denn jetzt tun möchte und nicht automatisch mit einem „was ich denn jetzt tun MUSS“ ersetzen. Klar gibt es Dinge, die erwarten, von mir erledigt zu werden. Aber muss das gerade jetzt sein? Ich arbeite sehr gerne Abends. Ich liebe die Stille und die Dunkelheit draußen. Ich erfreue mich an der Kerze, die an meinem Schreibtisch brennt und ich genieße die Ungestörtheit. Dafür kann ich tagsüber – wie heute – die Sonne genießen und mit meinem neuen Kopf aus Ton in den Garten gehen und daran weiterarbeiten. Kurz danach auf meiner Darbuka den neuen Rhythmus üben.


Fühlen wir uns erfolgreich? Und wenn nicht, warum nicht? Gibt es da eine Karotte, die vor uns hin und her wedelt und die gar nichts mit uns, aber alles mit der Gesellschaft/den Nachbarn/den Eltern/den anderen auf Facebook/ der Werbung zu tun hat?
Deshalb die Frage, die wir uns stellen können: „Was ist Erfolg für mich?“

Dazu braucht es Stille. Kontemplation. Zeit zum Forschen. Zum Schreiben. Zum Nachdenken. Gespräche am Küchentisch oder beim Spazierengehen mit Familie und Freunden:

  • „Was ist Erfolg für Dich?“
  • „Was ist es nicht?“
  • „Fühltest Du Dich in Deinem Leben schon mal so richtig erfolgreich?“
  • „Wann nicht?“
  • „Was war Erfolg für Dich vor 20 Jahren (je nach dem wie alt die Gesprächspartner sind ;-)?“
  • Und die wichtigste Frage: „Was ist Erfolg für Dich heute?“

Sich als erfolgreich wahrnehmen, könnte ja auch nur damit etwas zu tun haben: Wir sind mit dem Leben, das wir uns erschaffen haben, zufrieden. Das Foto zu dem Blogbeitrag zeigt früher und heute recht anschaulich. Erfolg war für mich früher beruflicher Erfolg. Sonst nichts. Alles andere, das in meinem Leben gelang, war nett und angenehm, wurde aber von mir nicht als Erfolg wahrgenommen: Gesundheit. Enge Freundschaften. Meine Kreativität. Meinen Mut usw.

Heute ist für mich Erfolg, wenn zum Beispiel der Kopf an dem ich arbeite, so gelingt, dass er mir gefällt. Gerade beschäftige ich mich damit, mir meine Gehirn-Loops (also wiederkehrende Gedanken, die sich irgendwie festbeißen) aus meinem Sein komplett zu entfernen. Das gelingt gerade sehr gut und so bin ich glücklich mit meinem eigenen Erfolg.

Ein erfolgreiches Leben mag für jeden von uns etwas anderes sein. Vielleicht ist es ja Zeit für ein „update“?

 

Ihr Lieben,

das wäre eine Frage, von der ich mir wünsche, dass sie viel öfter gestellt wird. Wann und warum? Hier vielleicht: Einer dieser angeblichen weisen, spirituellen Lehrer zeigt mal wieder sein Interesse an einer attraktiven Frau. Tief in ihr meldet sich ihre Intuition, denn sie ist zum Lernen und nicht zum Flirten gekommen. Aber da gibt es auch die Freude über die Beachtung und dass sie von so einem großen Meister, so einem bekannten/berühmten Lehrer überhaupt wahrgenommen wird. Sie wird überschüttet von Aufmerksamkeiten, Nähe und Bevorzugung. Andere Schüler/Schülerinnen müssen zurückbleiben, während sie mühelos im „inneren Kreis“, im inneren Circle in der Nähe des Meisters sein darf. Ab und zu zieht er sich strategisch zurück, um Ihre Sehnsucht nach mehr zu wecken und ihre Sorge zu vergrößern, dass sie doch nicht wichtig sei (während er höchstwahrscheinlich mit einer anderen beschäftigt ist). Dann meldet er sich wieder und ihr wird gesagt, dass er sie vermisst hätte, sie etwas ganz Besonderes sei; dass er auf sie gewartet habe und dass es so wichtig wäre, sie an seiner Seite zu wissen, bei der großen Aufgabe, die noch auf ihn wartet. Er würde sie durch besondere Methoden zur Erleuchtung führen und nein, dass sei kein Sex, sondern etwas Heiliges, das nur er als Meister beherrscht.

Doch dann hält diese Frau inne, erspürt ihre Intuition, bemerkt ein Zögern in ihr und betrachtet die Situation von Außen und erkennt folgendes: Ein Mensch in einer stärkeren Position versucht sie benutzen, weil sie sich gerade in einer schwächeren, schutzloseren Position befindet. Er braucht Bewunderung und sie gibt sie ihm. Sie braucht Aufmerksamkeit und er gibt sie ihr. Sie ahnt plötzlich, dass sie weder die Erste noch die Einzige ist, die das volle Aufmerksamkeitsprogramm bekommt. Das wäre jetzt der passende Moment für die Frage:

„Wie viele Deiner Teilnehmerinnen, Deiner Schülerinnen hast Du schon verführt?“

Vielleicht überrascht ihn die Frage? Vielleicht wacht er auf? Vielleicht erkennt er, dass er narzisstische Tendenzen in sich trägt und den Ehrenkodex von Lehrern/Therapeuten/Ärzten vergessen oder nie ernst genommen hat? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht droht er ihr aber auch. Sagt, dass sie eben spirituell noch nicht annähernd so weit sei, wie er gedacht habe. Und das sie das noch bereuen wird, denn er hat andere Mittel und Wege…

Doch die Frau erkennt auf jeden Fall, dass dies nicht die große Liebe, nicht der Seelenverwandte und schon gar nicht der Lehrer ist, den sie gerade sucht.

Süddeutsche Zeitung am 11. August: Ein großer Bericht über einen spirituellen buddhistischen Lehrer, Sogyal Lakar, der den Weltbestseller „Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben“ geschrieben hat. Acht langjährige SchülerInnen haben einen offenen Brief mit schwerwiegenden Anschuldigungen geschrieben. Der Vorwurf: Gewalt. Sexueller Missbrauch. Exzessiver Lebensstil. In der SZ war zu lesen: „Hinter den vergoldeten Kulissen dieses sehr erfolgreichen Betriebs sieht es anders aus. Mitarbeiter bezeugen, sie seien von ihrem Chef blutig geprügelt worden, junge Frauen berichten, sie seien unter dem Vorwand, es würde ihrer schnelleren Erleuchtung dienen, zu sexuellen Dienstleistungen gedrängt worden. Außerdem habe es den Zwang gegeben, mit allen Mitteln Spenden einzutreiben.“ Über den Link oben könnt Ihr den ganzen Brief lesen.

Die Hingabe zum Guru ist (war?) nicht nur im Buddhismus gewollt. In der katholischen Kirche ist der Papst der Vertreter Gottes und es war ein Akt von Gotteslästerung Entscheidungen von ihm in Frage zu stellen. Seit Jahren erschüttern uns Informationen über den sexuellen Mißbrauch der Kirchenvertreter – und deren konsequente Verheimlichung.

Der Dalai Lama hat in einem Interview (link) folgendes gesagt: „Die Institution des Gurus sei von einem feudalen System beeinflusst worden, das überholt ist und beendet werden muss“. Danach sagte er: „Du sollst nicht sagen „Was mein Guru sagt, das muss ich machen. Das ist komplett falsch! Buddha sagt: Was ich lehre, muss von Dir (SchülerIn) überprüft werden. Egal wer etwas sagt: Du musst es überprüfen!“

Dem kann ich mich nur anschließen.

In früheren Zeiten gab es den Unterschied zwischen Wissenden und Unwissenden. Der Adel konnte lesen und war frei. Alle anderen waren es nicht. Ein Priester wusste um Gott, alle anderen waren Unwissende. Das indische Kastensystem – das selbst Gandhi nie in Frage stellte – zeigt noch heute von den starren damaligen Hierarchien.

Immer wieder höre und lese ich von spirituellen Lehrern/Gurus/Therapeuten/Priestern, die ihren Schwanz nicht unter Kontrolle halten können. Entschuldigt das Wort. Aber hier geht es nicht um achtsame Sexualität, um Zärtlichkeit, um Nähe – von Liebe oder angeblicher Hilfe zur Erleuchtung ganz zu schweigen. Hier geht es um Gier, um arrogante Lust und um ein Machtgefühl von „schau mal wen ich alles kriege!“. Narzissten verführen und benutzen Frauen, um sie dann auszutauschen. Und dafür ist Schwanz das richtige Wort. Er wedelt ohne Sinn und Verstand und auf jeden Fall ohne jede Fürsorge und Respekt. (Und damit tue ich jedem Tier unrecht – denn die wedeln aus purer Freude.) Außerdem gibt es wohl einige sexuelle Praktiken, in der von „zölibatär“ gesprochen wird, wenn der Mann nicht ejakuliert. Da würde ich ja etwas ganz anderes darunter verstehen.

Doch warum fallen Frauen darauf rein?

Die meisten sind in einer Krise und suchen Unterstützung. Da gibt es ein Buch, ein Video, eine Meditation, eine Gruppe, die sie berührt. Da ist die Gemeinschaft, die einen warmherzig aufnimmt, die versteht und bei der man sich endlich angekommen fühlt. Da ist der Lehrer, der öffentlich geachtet wird, der eine große Anhängerschaft hat, der doch immer so nett, so mitfühlend, so weise und so sympathisch rüber kommt.

So viele Leute können sich doch nicht irren, oder?

Doch.

So entstehen ungesunde Kults. Da gibt es ein Außenbild und ein Innenbild. Und die passen nicht immer zusammen. Von konstanter Bewunderung nicht beeinträchtigt zu werden, ist eine Herausforderung für jeden Lehrer und jede Lehrerin.

Es gibt auch einen Kult der Ärzte

Ärzte und Psychologen, die in Workshops und Therapiesitzungen MDMA (Ecstasy) und LSD zur „Erleuchtung“ und „Bewusstseinserweiterung“ benutzen. Sabine Bundschu, eine begnadete Musikerin, die ich vor zwei Jahren kennenlernte, erzählte mir von ihren Erfahrungen als Aussteigerin um den Schweizer Psychiater Dr. Samuel Widmer, der hunderte von „Psycholyse Therapeuten“ ausgebildet hat. Dabei werden diese Drogen umbenannt, sie heißen jetzt einfach nur „Sakramente“. Ein Trip heißt „Meditation“. Psycholyse – Klingt ja auch sehr offiziell und wichtig. Kein Wunder, dass man sich beruhigter so jemanden anvertraut. Er ist ja schließlich Arzt und muss es wissen…

Die Teilnehmer müssen übrigens vorher schwören, dass sie das Geheimnis ihrer Bewusstseinserweiterung bewahren (auch vor der Polizei) – und wenn nicht, „wird ihnen etwas Schreckliches passieren“. Auch so passiert nichts Gutes. Alles was künstlich nach oben kommt, muss wieder runter. Und um den Aufprall abzufedern, wird gleich wieder etwas an Drogen nachgelegt. So beginnt eine Spirale, die nicht zur Erleuchtung, aber zur Abhängigkeit führt. Und das ist nicht nur eine Drogenabhängigkeit, sondern auch in eine Abhängigkeit von der Gemeinschaft und vom Guru.

„Ich war lange Jahre Teil der „Psycholyse Bewegung“ um den Psychiater Dr. Samuel Widmer, der übrigens in diesem Jahr an den Folgen seiner eigenen Therapie verstorbenen ist,“ erzählt Sabine Bundschu. „Er versammelte besonders viele Ärzte und Akademiker um sich. Sein Lehrer  Manuel Schoch ist direkt auf einer Drogensitzung verstorben („ins Licht gegangen“). Widmer hielt sich für die Verkörperung der Liebe auf Erden. Und wenn zu dem Charisma des narzisstisch gestörten Gurus auch noch Drogen wie MDMA, LSD, Psillocybin, 2CB etc. dazukommen, verfällt man dem besonders leicht.“

Sabine leitet selbst Seminare und auf einem Taketina-Seminar durfte ich sie kennenlernen. Da wir kurz vorher beide für einen Fernsehsender zum Thema „Falsche Heiler“ interviewt wurden, erkannten wir uns wieder. Sie erzählte mir von ihrem Schlaganfall im Drogenrausch und wie sie die anderen Teilnehmer 55 Stunden liegen ließen, weil sie glaubten „das Böse müsse raus“.

In den „Ausbildungs“-Gruppen lernt man, dass jedes körperliche Symptom Ausdruck einer psychischen Störung ist.

Damit wird jede natürliche Abwehr des Körpers als krankhaft und minderwertig dargestellt und wenn man das glaubt, ist man natürlich enorm manipulierbar. Wenn sich Leute im Drogenrausch übergaben, Krämpfe bekamen, dann war „die psychische Störung“ der Grund – und man ließ die Leute einfach liegen. Es kann natürlich auch noch einen zusätzlichen Grund geben: Bloß nicht ins Krankenhaus, sonst kommt das hier alles raus. Als Sabine aber nach über zwei Tagen immer noch nicht „normal“ war und dann endlich ins Krankenhaus kam, hielt sie sich noch in der Intensivstation an ihren Eid und verheimlichte, welche Drogen sie gerade zu sich genommen hatte. Die Ärzte, die sie dort behandelten, wussten nicht um die Vorgeschichte. Ein enorm großes Risiko für die weitere Behandlung.

Sabine erzählt: „Wie immer bei Kult/sektenartigen Vereinen geht es weniger um den Inhalt, der ist eigentlich austauschbar. Die Prinzipien des Verlaufs sind immer gleich: Es wird die Sehnsucht nach Nähe, Gemeinschaft, Zugehörigkeit und Besonderheit bedient. Die kognitiven Dissonanzen lernt man mit der Zeit auszugleichen und umzudeuten (wie in einer ungesunden Beziehung). Wenn etwas Gutes passiert, ist die „Lehre“ oder der Vertreter derselben verantwortlich, wenn etwas schief geht, ist man „selber schuld“. Man wird in den Sog eines empathielosen, psychopathischen Narzissten hereingezogen und hält sich selbst für nicht gut genug. Du kennst ja die Geschichte vom Frosch: Wirft man ihn in kochendes Wasser, springt er sofort heraus. Wenn er aber in kaltem Wasser auf kleiner Flamme erhitzt wird, merkt er es nicht und stirbt.“

Sie ist noch rechtzeitig rausgesprungen und möchte auf ihrer website https://www.kultaussteiger.de/ vor diesen Gruppen warnen und andere dabei unterstützen ebenfalls rauszuspringen, die Scham zu überwinden und darüber zu sprechen.

Suchende geben manchmal kurzfristig (oder auch langfristig) ihre Verantwortung ab. Sie sind vielleicht zu diesem Zeitpunkt zu schwach, zu erschöpft, zu müde um zu kämpfen. Sie wollen sich in Arme sinken lassen, die verständnisvoll sind. Und ja, das sind sie auch. Aber eben nicht nur.

Von umarmen bis streicheln und dann verletzen ist manchmal kein weiter Weg …

Wenn man sich vorher verloren und verlassen gefühlt hat, sich aus ganzem Herzen spirituelles Wachstum und Frieden wünscht, dann möchte man auf jeden Fall an dieser gerade erlebten Zugehörigkeit festhalten. Wo soll man denn sonst hin? Die Freunde und die Familie hat man längst verlassen (müssen) und man hat manchmal Jahre in dieser Gemeinschaft verbracht. Man kennt außerhalb dieser Gemeinschaft kein Leben mehr. Jemand der schlägt, ist gleichzeitig auch der einzige der Zuwendung gibt und manchmal eben auch Nahrung und ein Zuhause. Das ist übrigens ein ähnlicher Weg wie Frauen zur Prostitution gezwungen werden.

Ja, manchmal ist es ist auch verlockend, die eigene Verantwortung abzugeben. Sich in einem sicheren Hafen zu wähnen. Manche sehnen sich zurück nach „perfekten“ Eltern. Sehnen sich nach Führung. Nach jemanden, der ihnen sagt, was sie tun und was sie machen sollen und so geben sie erleichtert und bereitwillig ihre eigene Stärke und ihre eigene Macht ab.

Warum? Oft sind es Kindheitsdramen, die da wirken. Befürchtungen, nicht gut genug zu sein. Erschöpft zu sein von den hunderten von Entscheidungen und gelähmt von der Angst „etwas falsch zu machen“. Manchmal ist der Grund der innigste Wunsch, die Welt „retten“ zu wollen und sich einer Gemeinschaft anzuschließen, bei der man sich endlich, endlich zugehörig fühlen kann und bei der man sich auch besonders fühlen kann.

Wenn man dann länger in dieser Gemeinschaft ist und Dinge beobachtet, die doch so gar nicht erleuchtet, entwickelt oder anständig sind, werden darüber alle Augen entsetzt zugemacht, die eigene Intuition abgewürgt und verzweifelt gehofft, dass sich doch alles irgendwie  zum Guten wendet. Man „begreift“ eben das System nicht, glaubt nicht genug, ist noch nicht weise genug. Und wenn man das über Jahre beobachtet, kommt diese fatale Erkenntnis hinzu, dass man doch jetzt nicht aufhören kann, denn sonst hätte man so viel Zeit seines Lebens einer Bewegung gewidmet, die es nicht wert war…

Der Wunsch nach Zugehörigkeit ist es schwieriges Terrain. In erster Linie geht es um die eigene Zugehörigkeit. Bin ich in der Lage alleine mit mir glücklich zu sein? Erst wenn ich das bin, bin ich ein/e wunderbarer TeilnehmerIn für eine Gemeinschaft. Denn ich erfreue mich an der Gemeinschaft, aber ich brauche (!) sie nicht. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – natürlich braucht jeder von uns andere Menschen. Wir würden eingehen, wenn wir unser ganzes Leben ohne menschliche Nähe verbringen müssten. Aber wenn wir uns einer Gemeinschaft anschließen, weil wir uns nicht trauen alleine Entscheidungen zu treffen, alleine zu leben, alleine mit uns selbst zu sein, dann fehlt ein entscheidender Schritt in unserem Wachstum: Nämlich die Bereitschaft Verantwortung für unser eigenes Leben zu übernehmen und die Erkenntnis unseres Selbstwertes. Und natürlich darf eines nicht unterschätzt werden: Oft wendet sich jemand an einen spirituellen Lehrer oder eine spirituelle Lehrerin in Zeiten größter innerer Schmerzen und erwartet, erhofft ehrenhafte Unterstützung. Diesen Moment der Schwäche auszunützen ist erschütternd.

Als ich den Artikel in der Süddeutschen Zeitung las und dann anschließend den Original-Brief im Internet fand (siehe link oben), fiel mir am Schluss neben den Namen eine Zahl auf: Schüler seit 19 Jahren, Schüler seit 33 Jahren, Schüler seit 23 Jahren.

Ich glaube, dass man einen Meister nicht an der Zahl seiner Schüler, sondern an den Meistern erkennt, die daraus hervorkommen. Warum will jemand überhaupt Schüler haben, die 33 Jahre über den Status nicht herauskommen? Ein Lehrer schickt seine Schüler nach einer Weile weg. Wie ein Vogel aus dem Nest fliegt, so muss auch ein Schüler seinen eigenen Flug entdecken. Immer beim Lehrer zu bleiben, zwingt ihn in die Schüler-Position. Warum würde man das als Lehrer, als Lehrerin wollen?

Ich schätze meine Lehrer und meine Lehrerinnen. Die meisten, von denen ich lernte, waren wunderbar und sehr ehrenhaft. Manche allerdings waren es nicht. Ich hatte die eine oder andere LehrerIn, die eher manipulierten, als unterstützten, die ihre eigenen blinden Flecken nicht sahen, die der Bewunderung ihrer SchülerInnen nicht standhielten und sich selbst nicht mehr in Frage stellten. Und zugegeben, das ist nicht leicht. Auch in meiner Arbeit gab es immer wieder Momente, wo ich merkte, dass ich aufpassen muss. Dass es da eine bestimmte Bewunderung gab, die mit einer roten Warnflagge kommt: HALT! Da ich diese Herausforderung bei meinen ersten LehrerInnen beobachten konnte, versprach ich mir damals, genau aufzupassen. Deswegen habe ich mich über die letzten 25 Jahre immer mal wieder für lange Zeiten zurückgezogen, so dass ich dieser Gefahr, dieser Verführung, dieser Bewunderung nicht nachgebe.

Spirituelles Lehren ist wie jedes andere Lehren auch: Jemand, der Erfahrungen gemacht hat, möchte dies weitergeben. Im besten Fall an kluge SchülerInnen. Das ist kein Eltern-Kind Verhältnis. Das ist kein Meister-Idiot Verhältnis. Das lässt sich mit dem Verhältnis eines Handwerkers zu seinem Lehrling vergleichen: Der letztere hat das Talent, aber es fehlt ihm die Erfahrung. Der Meister hat die Erfahrung und weiß, dass der Lehrling nicht dümmer ist als er. Wie eine warmherzige und inspirierende Musiklehrerin, die in ihrer Schülerin die zukünftige Virtuosin sieht. Und sie möchte diesen Weg für sie leichter machen.

Das ist ehrenhaftes Lehren.

Alles andere ist Manipulation. Alles andere ist der Wunsch sich über jemand anderen zu stellen. Alles andere ist das Ergebnis von einem schwachen Selbstbewusstsein, dass mit der Bewunderung anderer aufgefüllt werden muss.

In meinem Buch „Die Sehnsucht unserer Seele“ schrieb ich im Vorwort:

„Es ist einfacher, sich einer der traditionellen Glaubensgemeinschaften anzuschließen. Feste Regeln. Eine Richtung. Viele, die schon mitmachen. Gesellschaftlich anerkannt. Und doch unterschätzen wir die männliche Autorität, die diesen Religionen vorsteht und die uns seit Jahrtausenden sagt, was wir zu glauben und wie wir zu leben haben. Gerade die weibliche Seite – immerhin die Hälfte der Weltbevölkerung – findet dort keinen gleichwertigen Platz. Viele sind in Kirchen, Synagogen, Moscheen und Tempeln, weil sie die Gemeinsamkeit schätzen, in vielem aber den Regeln und Vorgaben nicht zustimmen. Wir können erahnen, was es wirklich bedeuten würde, wenn alle Religionen ihre Macht und ihren Anspruch auf Unfehlbarkeit ablegen würden. Sind wir selbstständig genug, erwachsen genug, interessiert genug, um uns selbst zu fragen, was wir glauben? Es fordert mehr persönlichen Einsatz, wenn man sich seinen Glauben basierend auf seinem eigenen Weltbild, seinen eigenen Erfahrungen und seiner eigenen Intuition zusammenstellt. Was glaube ich? Was glaube ich nicht? Was macht für mich Sinn? Was kann ich wie integrieren? Was möchte ich weitergeben?“

 

Ein guter Lehrer hat keine Schüler die ertrinken, sondern die schwimmen lernen wollen. Ein guter Lehrer, eine gute Lehrerin führt nicht, sie begleitet.

Wir alle haben in uns die Möglichkeit zur Meisterschaft. Das ist nicht nur einigen von uns gegeben, sondern wir alle – wenn wir denn wollen – können uns entwickeln. Und ja, es ist wunderbar, wenn es dazu Unterstützung gibt. Nur geht es nicht darum, so viel Schüler wie möglich zu versammeln, um in deren Bewunderung zu baden. Jeder von uns ist Schüler und Meister zugleich. Es gibt Bereiche, in denen wir weiter sind als in anderen Zweigen. Und das schwingt gelegentlich erstaunlich kräftig hin und her. Manchmal können wir es selbst kaum glauben, dass ein Bereich sind wieder auftut von dem wir geglaubt haben, dass wir ihn schon lange hinter uns gelassen haben. Tja, so ist das mit dem Leben und seinen Überraschungen.

Alles was wir tun, sollte durch den Filter unserer eigenen Wahrnehmung, unserer eigenen Intuition laufen. Und wenn wir ein komisches Gefühl haben, ist es enorm praktisch und empfehlenswert stehen zu bleiben und erst mal nachzuschauen WARUM wir uns da gerade komisch fühlen. Abhängigkeit zu einer anderen Person ist nie eine gute Idee. Und ich sage hier mit Absicht „nie“, obwohl ich das Wort sehr selten benutze.

Wenn ich von solchen Manipulations- und Missbrauchsfällen höre und lese, erspüre ich eine Mischung aus Zorn und Schmerz. Das ist keine Einteilung in Gut und Böse. Es ist allerdings eine Einteilung in ehrenhaftens Verhalten und unehrenhaftes Verhalten.

„Nicht bewerten“ heißt für mich, nachvollziehen zu können, warum jemand diesen Weg gegangen ist. Ob es nun derjenigen/diejenige ist, die das iniziiert, oder diejenige/derjenige ist, die das mit sich machen läßt. Ich bin der Meinung bestimmte Wege  müssen energisch und klar verneint werden. Trotzdem möchte ich Verständnis dafür haben. Für mich bedeutet Nicht-Bewerten nicht gleichzeitig gleichgültig sein.

Es ist wichtig, dass wir darüber nicht schweigen. Diese sexuellen Manipulationen und Vergewaltigungen brauchen unser Nein. Sie leben durch die Unterdrückung, machen weiter durch die Scham der Beteiligten und vermehren sich durch das Geheimnis.

Diese Praktiken wollen keine Öffentlichkeit – sie bevorzugen die Dämmerung.

In unseren Händen liegt der Lichtschalter …

 

Von Herzen,

Sabrina Fox

 

PS: Ich las vor einer Weile das Buch von Joel Alstad und Diana Kramer: „Die Guru Papers. Masken der Macht.“ Gibt es auch auf Englisch. Ich fand es sehr interessant.

Sabine Bundschu empfiehlt: „Traumatic Narcissism – Relational Systems of Subjugation“ von Daniel Shaw.