Ist ein Meister immer froh?

Ein enger Freund von mir las in einem Buch der grandiosen Schriftstellerin Isabel Allende eine Passage, in der ein Meister seinem Schüler erklärt, dass ein wahrer Meister immer „joyful“ (also immer froh) ist.

Tja.

Immer froh. IMMER froh! Ganz schön viel verlangt von so einer Meisterschaft.

Immer froh.

Immer froh, auch wenn das Mitgefühl eintritt?

Immer froh, auch wenn man Abschied nimmt?

Immer froh, auch wenn man die dunkle Nacht der Seele erlebt?

Trotzdem immer froh?

 

Und als erstes schaut man sich selber an – oder in diesem Fall haben dieser Freund und ich uns gemeinsam angeschaut und sofort gemerkt: Wir sind das nicht.

Später im Gespräch stellten wir uns die Frage ob das, hier als Fiktion geschrieben, auch wirklich stimmt? Ist es wirklich so, dass man als Meister immer froh ist? Und wenn dies das Ziel ist, warum ist es das Ziel?

Und ist das nicht viel leichter zu erreichen, wenn ich oben auf meiner Berghütte, einsam und genügsam, ohne Internet und ohne Familie, ohne Job und ohne finanzielle Zwänge einfach meine Reisschale leere, die mir jemand bringt?

Erwarten wir da nicht auch zu viel von uns, die wir eben nicht so ein Leben führen?

Immer froh.

 

Ich bin froh, wenn ich es zu immer wach schaffe.

3 Kommentare
  1. Steffi sagte:

    Immer froh bin ich nicht…aber ich bin auch nicht immer traurig, wütend, übersprudelnd, ruhig oder glücklich. Genau diese Mischung lässt mich mich spüren, wenn ich mir dessen bewusst bin. Das geht, glaube ich nur mit dem Wechsel.
    Verrückte Liebe Grüße Steffi

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  2. Kathleen sagte:

    Vielleicht ist ein Meister froh darüber, dass er nicht immer froh ist. Dass er auch einmal traurig oder erschöpft sein darf. All das macht ihn doch zum Menschen. Die nicht-frohen Gefühle, die sich bei ihm einstellen, schärfen seine Wahrnehmung und stärken sein Mitgefühl. Er weiß mit ihnen vielleicht ein Stück weit besser umzugehen als andere und kann sie effektiver wieder in frohe Gefühle zurückverwandeln. Jedoch veranlassen sie ihn, weiter zu hinterfragen und an sich arbeiten. Denn auch ein Meister muss etwas dafür tun, dass er dieser „Auszeichnung“ gerecht bleibt.

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  3. Detlef sagte:

    Nein, ich bin nicht immer froh. Aber ich glaube, dass es Menschen gibt, denen es gelingt, hinter Abschied, Trauer, Tod und Leid das Wesentliche zu entdecken. Das, was es eigentlich ist und will. Eine Ausrichtung auf das Wachstum der Seele. Mein Mitgefühl kann sich dann z.B. im Segenswunsch für den Leidenden oder das stille Wissen um das erlöst und gerettet sein ausdrücken.

    Wenn es mir denn mal wieder ins Bewußtsein kommt :-)

    Aber selbst, wenn ich nicht immer froh bin, weiß ich gerade im Nicht-Froh-Sein um den Wert des Froh-Seins. Weiß ich doch auch nur die Wärme der Sonne zu schätzen, wenn ich den Schnee kenne.

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