Meine Zeit des Rückzugs scheint ihrem Ende entgegen zu gehen. Ich merke, dass ich gerne wieder „Ja“ sage. Ich erspüre schon seit einer Weile eine neue innere Lust und eine aktivere Bewegung wieder mehr zu erschaffen. Mehr „mitzuspielen“. Dabei kommt immer wieder ein bestimmtes Thema hoch. Ich merke bei diesem Thema eine besonders kraftvolle innere Bewegung, die ich am Anfang mit einer leisen Sorge betrachtet habe. Es war eine Bewegung, die mit einem Gefühl von „Das ist ungerecht. Das ist nicht in Balance. Da braucht es Veränderung.“ hochkam.
Gefühle, die mit einer starken Kraft kommen, werden von mir besonders aufmerksam betrachtet.
Und zwar nach folgenden Gesichtspunkten: „Will ich Recht haben?“ – „Bin ich in der Bewertung gelandet?“ – „Gelingt es mir, dies mit Ruhe und Gelassenheit zu betrachten?“ Kraft ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Aber es braucht ein genaues Betrachten was der „Treibstoff“ dieser Kraft ist. Ist es eine Bewertung, eine Rechthaberei – oder ist es ein Aspekt meines Seelenweges, der sich mit dieser Kraft zeigen will? Denn Kraft, das wissen wir alle, ist für vieles ein Motor. Doch da kommt es eben auch auf den Treibstoff an: Ist es Öl oder Sonne, die dieses Gefährt bewegt?
Das Thema? Dass die Hälfte der Weltbevölkerung (das Weibliche) immer noch nicht ihren rechtmässigen Platz einnimmt und die alte Gewohnheit des Patriarchats sich bemüht, seine Position zu behalten. Ich lese gerade viel darüber (unter anderem auch das sehr zu empfehlende Buch: „Unsichtbaren Frauen – wie eine von Daten erherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert“ von Caroline Criado-Perez) und erspüre jedes Mal dieses innere – hm … aufflammen – mich da mehr einzubringen. Doch wie? Das ist ein weiterer Aspekt meiner Erforschung.
Doch dabei möchte ich das nicht verlieren, was ich seit Ende 2019 mir erschaffen habe: Den Genuss der Langsamkeit. Die noch tiefere und angenehme Freude des Seins. Die Zeit alleine. Das Co-Bewusstsein von Im-Körper-sein und Mehr-als-Körper-sein. So werden diese ersten Schritte in etwas „Neues“ aufmerksam von meiner neuen inneren Langsamkeit beobachtet.
Wie kann man/frau sich das vorstellen? Jede*r von uns hat Zeiten der Umorientierung und wie wir damit umgehen hängt von unserem Seelenweg und unserer Persönlichkeit ab. Und im Idealfall nehmen wir das mit, was wir in diesen Veränderungsphasen über uns erfahren oder vertieft haben. Doch da gibt es auch eine Eingewöhnungsphase in der das Neue in unserem Körper, in unseren Synapsen, vertieft wird. Die alten Synapsenverbindungen sind noch nicht ganz gelöst – die Neuen haben noch nicht komplett übernommen. Da gilt es wachsam zu sein…
Das, was ich in diese neue Phase mitnehmen werde, ist meine Entdeckung der Langsamkeit.
Die will ich nicht verlieren. Dafür muss ich selbst sorgen. Gestern Abend zum Beispiel war mir aufgefallen, dass mein Wohlfühlgefühl während des Tages leicht abgesunken war. Das nehme ich nicht nur wahr, sondern das will mir etwas sagen. Was genau hat mein energetisches Feld zu einer anderen – dichteren – Schwingung gebracht? Ich spreche hier nicht über ein dramatisches Abfallen. Da gibt es keine tiefe Trauer, Unzufriedenheit oder Frustration. Wenn ich das prozentual ausdrücken müsste, dann reden wir von vielleicht 10%. Früher – als ich mit meiner Erforschung erst begann – hatte ich Wechsel in meinem energetischen Feld – also dem Zustand zwischen Unwohl- und Wohlfühlen – die stündlich wechselten und zwar rigoros von oben nach unten. Ich dachte, so ist das Leben eben. Nun ja, so war „mein“ Leben. Und das konnte und habe ich verändert.
Wenn ich also merke, dass mein Wohlgefühl absinkt, dann braucht es dazu meine Erforschung.
Also: Was habe ich gedacht? Was habe ich getan? Wo war ich? Ich gehe durch jede dieser Fragen gesondert durch.
„Was habe ich gedacht?“
Gelegentlich gibt es Gedankenschlaufen, an denen wir festhängen. Dinge, die wir gedanklich wiederholen. Gestern habe ich einiges organisiert. Und festgestellt, dass ich zwar ein paar Mal meditiert habe, aber mein Kopf ziemlich beschäftigt war: Mit verschiedenen Projekten und einer Planung von „Was ist noch zu erledigen“. Eine meiner Hausaufgaben ist nichts mehr „schnell“ erledigen zu wollen. Beim Nachforschen merkte ich, dass ich einen Hauch zu schnell war für mein jetziges Sein.
Die zweite Frage: „Was habe ich getan?“
Morgens habe ich getanzt, mehrmals tagsüber meditiert, aber ich war nicht spazieren. Was für mich wichtig ist. Ich war also nicht „draußen“. Ein weitere Grund warum mein Wohlfühlen abfällt. Und ich saß lange vor dem Computer und fühlte wieder eine Art von Verpflichtung, etwas bald abzuschliessen. Ein Hauch der ehemaligen Schnelligkeit wollte sich auch da wieder breitmachen. Und ich war mit Technik beschäftigt. Ich habe meinen Gesang für eine Meditation aufgenommen und mein Tontechniker-Equipment war eine Herausforderung. Das Singen hat mir Freude gemacht, aber das wurde durch die Technik anstrengender. Dinge klappten nicht so, wie ich mir das wünschte. Gelegentlich habe ich den Anspruch an mich alles alleine machen zu wollen. Alles können zu wollen (lach). In diesem Technikbereich gibt es noch zu häufig eine leichte Frustration – die auch ganz schön massiv werden kann. Da werde ich eine andere Lösung finden müssen. Da brauche ich Hilfe. Unterstützung.
Die dritte Frage: „Wo war ich?“
Das betrifft meistens einen Aspekt des Aufnehmen von anderen Energiefeldern. Ich war nur Zuhause und mein Liebster war in seinem Büro und zwar sehr beschäftigt, aber fühlte sich wohl. Also das kann es nicht gewesen sein. Allerdings auch da: Wo war ich nicht? Ich war nicht spazieren. Ein wichtiger Aspekt meines Wohlfühlens.
Als ich heute früh aufwachte, spürte ich mich immer noch nicht in meinem normalen Wohlgefühl angekommen und so meditierte ich ganz speziell darüber. Dazu scanne ich meinen Körper, um zu sehen wo diese „Dichte“ liegt. Sie lag in meinem Herzen. Ein wallnuss-großes Teil, das ein Gefühl hielt, das mir vertraut ist: „Es allen Recht machen zu wollen.“ Was natürlich auch mit der „Anerkennung Anderer“ zusammenhängt. Viel habe ich davon losgelassen und selten kommt es hoch. Aber es kommt noch hoch. Wie eben jetzt. Warum verstand ich auch sofort. Gestern ging es um die Planung einer virtuellen Eigentümerversammlung (ich bin im Beirat) und da wir uns nicht persönlich treffen können, war es mir wichtig, dass die Einladung so klar und verständlich wie möglich für alle ist. Denn der Text der Einladung ist – da der Austausch fehlt – für eine Abstimmung sehr viel wichtiger als üblicherweise. Dieser innere Wunsch „alle einbinden zu wollen“, „es verständlich zu machen“, „Unklarheiten vorzubeugen“, einen „guten Job als Beirätin“ zu machen, löste dieses Gefühl in mir aus. Zugleich fiel mir auf, dass eine alte Gewohnheit von mir wieder zurückkommen wollte: Dinge schnell zu erledigen. Am besten VIELE Dinge schnell zu erledigen. Früher war mein Tag angefüllt mit Verpflichtungen. Dinge, die ich zu erledigen hatte. Je voller der Kalender, desto „nützlicher“ fühle ich mich.
Dies war mein Treibstoff, der mich früher vorantrieb.
Die Langsamkeit hatte damals keine Platz. Ich habe in den letzten ein-einhalb Jahren meinen „Treibstoff“ verändert. Wenn man so will von Öl auf Sonne. Und an diesem Tag fiel ich wieder in meinem alten Treibstoff zurück. Diesen Treibstoff möchte ich nicht mehr nutzen. Mein abfallendes Wohlgefühl machte mich darauf aufmerksam.
Als ich das erkannte, verschwand es.
Der ganze Prozess der inneren Erforschung hat vielleicht zehn Minuten gedauert. Das ist auch das Wunderbare daran, dass diese Klarheit so leicht hochkommt. Und danach erlaubte ich der Meditation das zu sein, was sie ist: Stille. Innere Beobachtung des Körpers. Angenehmes Sein.
Wach bleiben. Eine Lebensaufgabe. Das hört sich vielleicht für manche nach einer Anstrengung an. Ich empfinde das als eine besonders bereichernde, eine besonders hilfreiche, eine besonders spannende Lebensaufgabe und damit ist sie eben auch
besonders schön …